Donald Trump als Schreckgespenst für europäische Demokraten – hier beim Karnevalsumzug in Düsseldorf.
Donald Trump als Schreckgespenst für europäische Demokraten – hier beim Karnevalsumzug in Düsseldorf.
IMAGO/Bettina Strenske

Das lauteste Sorgenkind Europas scheint dieser Tage jenseits des Atlantiks zu sitzen: Auch am Montag wollten die Reaktionen auf die jüngsten Aussagen des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, der sich erneut um den Einzug ins Weiße Haus bewirbt, nicht verstummen. Trump hatte die europäischen Nato-Partner am Wochenende bei einer Wahlkampfveranstaltung in South Carolina einmal mehr dazu aufgefordert, ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen – und zwar mit mehr rhetorischem Nachdruck als je zuvor.

Das Thema ist freilich nicht neu, auch frühere US-Präsidenten hatten die Alliierten dazu gedrängt, die anvisierte Marke von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht aus den Augen zu verlieren. Mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine aber ist die Kriegsangst nach Europa zurückgekehrt. Vor diesem Hintergrund wiegt es für die Europäer besonders schwer, dass Trump jene Partner, die aus seiner Sicht zu wenig bezahlen, nicht verteidigen will und sogar noch eins draufsetzt: Er würde die Russen "ermutigen", mit solchen Ländern "zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen".

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte bereits am Sonntag erklärt, dass jede Andeutung, dass die Nato-Staaten sich nicht gegenseitig verteidigen würden, die Sicherheit aller Mitglieder untergraben würde. Am Montag kamen dann vor allem aus Deutschland besorgte Reaktionen: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach von verantwortungslosen Äußerungen, die Russland in die Hände spielen würden. Dennoch sei "völlig klar, dass wir in Europa, auch wir in Deutschland, unseren Teil dazu beitragen müssen, die Verteidigungsanstrengungen innerhalb der Nato systematisch in den nächsten Jahren zu erhöhen", erklärte Steinmeier. Dies gelte freilich unabhängig vom Ausgang der US-Präsidentschaftswahl im November.

"Mit allem rechnen"

In dieselbe Kerbe schlugen auch Vertreterinnen und Vertreter der Berliner Ampelkoalition. Es sei die Aufgabe des Jahrzehnts, Rüstungsprojekte in Europa einheitlicher zu planen und umzusetzen, sagte etwa der grüne Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck. Besonders laut auf den rhetorischen Alarmknopf drückte Michael Roth (SPD), der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag: "Schönreden und Kopf in den Sand sind keine Strategie", sagte er dem "Tagesspiegel". Sollte Trump wieder ins Weiße Haus einziehen, dann sei mit allem zu rechnen, so Roth. "Auch mit dem Schlimmsten." In der oppositionellen CDU sieht man das nicht anders: Europa müsse die Rüstungsproduktion massiv hochfahren, fordert etwa Außenpolitiker Norbert Röttgen in der "Bild"-Zeitung.

Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betonte einmal mehr seine Forderung nach einem Ausbau der europäischen Verteidigungsindustrie: "Alles was die EU leistet, um der Ukraine Rüstungsgüter und Munition zu liefern, muss auch dem Aufbau der europäischen Rüstungsindustrie dienen", erklärte er bei einem Treffen mit Polens neuem Regierungschef Donald Tusk in Paris. Europa solle demnach zu einer "Verteidigungsmacht" ausgebaut werden, die "die NATO ergänzt". Deutschlands Kanzler Olaf Scholz wiederum äußerte sich am Montag bei einem Besuch beim Rüstungskonzerns Rheinmetall im niedersächsischen Unterlüß: Es sei "notwendig, dass wir international zusammenarbeiten und auf jede Weise die Grundlage dafür legen, dass die notwendigen Produktionskapazitäten entstehen".

In der Ukraine, wo die Angriffe aus Russland seit knapp zwei Jahren tägliche Realität sind, meldete man auch am Montag wieder intensiven Beschuss. Die Armee habe in der Nacht von 17 anfliegenden russischen Drohnen 14 abgefangen, dazu einen Marschflugkörper Ch-59. Im Osten sei die Großstadt Charkiw mit Raketen beschossen worden.

Trump hat am Montag angekündigt, dass er sich bezüglich dem ihm bevorstehenden Gerichtsprozess, unter anderem wegen dem Vorwurfs des Wahlbetrugs, an den Obersten Gerichtshof gewandt habe, um seinen von unteren Gerichten abgelehnten Anspruch geltend zu machen, dass er immun gegen eine Strafverfolgung sei, weil er zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfen Taten Präsident war. Der eigentlich für vierten März angekündigte Prozessbeginn wurde indes verschoben. (Gerald Schubert, 12.2.2024)