Türkische Flagge.
Eine türkische Flagge.
AFP/OZAN KOSE

Wien/Istanbul – Dem jahrelangen Präsidenten der Föderation der Aleviten-Gemeinden in Österreich, Mehmet Ali Çankaya, wird die Ausreise aus der Türkei zurück nach Österreich verweigert. Er sei auf dem Flughafen Istanbul stundenlang festgehalten und befragt worden, berichtete die Tageszeitung "Presse" am Dienstag. Çankaya werde Terrorpropaganda vorgeworfen.

Çankaya, der österreichischer Staatsbürger und mittlerweile Ehrenpräsident der Frei-Aleviten-Gemeinden in Österreich ist, war privat in der Türkei unterwegs. Der "Presse" erklärte er, im Laufe der Befragung am Flughafen zwar nicht genau erfahren zu haben, wer sich über ihn beschwert habe, es solle aber um eine Pressemitteilung gehen.

Frei-Aleviten: Vorwurf "völlig haltlos"

Teile der alevitischen Glaubensgemeinschaft hatten sich während des türkischen Wahlkampfs im vergangenen Jahr mit der linksgerichteten Allianz Arbeit und Freiheit solidarisiert. Prinzipiell versteht sich die linke Allianz, der mehrere Arbeiterparteien und die prokurdische HDP angehören, als Gegengewicht zur konservativ-islamischen AKP von Präsident Recep Tayyip Erdoğan sowie zur Oppositionsallianz Bündnis der Nation mit den Sozialdemokraten und nationalistischen Parteien. Die autoritäre Politik Erdoğans wird von der linken Allianz scharf kritisiert.

Die frei-alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich erklärte in einer Aussendung, dass Çankaya sein "soziales Engagement" in der Türkei nach der Erdbebenkatastrophe im Vorjahr "zum Verhängnis" geworden sei. Ihm werde eine "nicht näher spezifizierte Aussage" in einer seiner Reden zur Last gelegt. Der Vorwurf der Terrorpropaganda sei "völlig haltlos".

Das "rechtslose" Vorgehen der Türkei reihe sich in eine "lange Reihe von unrechtmäßigen und demokratiefeindlichen Bemühungen, Alevitinnen und Aleviten in der Türkei weiterhin zu unterdrücken, und ist Ausdruck einer tiefverwurzelten Diskriminierung", kritisierte die frei-alevitische Glaubensgemeinschaft. Unter dem Deckmantel vermeintlicher "Staatsgefährdung" würden Alevitinnen und Aleviten "schikaniert, bedrängt und bewusst gefährdet".

Österreichisches Generalkonsulat schaltet sich ein

Das Außenministerium in Wien erklärte der "Presse", dass sich das österreichische Generalkonsulat Istanbul zur Klärung der Hintergründe umgehend mit den zuständigen türkischen Behörden in Verbindung gesetzt habe. Çankaya selbst bereite derzeit eine Berufung gegen das gegen ihn verhängte Ausreiseverbot vor.

Die Aleviten sind in der Türkei mit schätzungsweise 20 Millionen Gläubigen nach den Sunniten die zweitgrößte islamische Religionsgemeinschaft. Sie werden dem schiitischen Zweig des Islam zugerechnet und gelten als liberal bezüglich der Auslegung ihres Glaubens. Die alevitische Glaubensgemeinschaft ist zweigeteilt und hat auch zwei anerkannte Vertretungen in Österreich; die Gemeinschaft spaltet sich in der Frage, wie nah sie dem Islam steht. Die Frei-Aleviten, die auch Çankaya vertritt, definieren sich als vom Islam komplett eigenständig. (APA, 13.2.2024)