Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Neuigkeiten zu den Verteidigungsausgaben der Mitgliedsstaaten.
AFP/JOHN THYS

Im Schatten des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine trafen am Mittwoch in Brüssel die Verteidigungsminister der Nato-Staaten zusammen. Bereits vor Beginn der Verhandlungen zeigte sich Generalsekretär Jens Stoltenberg optimistisch, dass 18 der 31 Nato-Staaten in diesem Jahr das Zwei-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben erreichen werden. Andere Mitglieder des transatlantischen Militärbündnisses hätten aber noch "einen Weg zu gehen". Damit verwies Stoltenberg auf die Vereinbarung innerhalb der Allianz, der zufolge die einzelnen Staaten jeweils zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts fürs Militär ausgeben sollen, um ihre eigene Sicherheit und damit auch die des gesamten Bündnisses zu erhöhen.

Für Nervosität in Europa hatte erst am Wochenende die Aussage von Ex-Präsident Donald Trump gesorgt, der jenen Nato-Partnern, die zu wenig in die Verteidigung investieren, die militärische Unterstützung der USA zu verweigern drohte. Mehr noch: Er würde die Russen sogar "ermutigen", mit diesen Ländern "zu machen, was zur Hölle sie auch immer wollen". Angesichts dessen, dass Trump sich erneut ums Weiße Haus bewirbt und laut Umfragen gute Chancen hat, zum zweiten Mal US-Präsident zu werden, hatte das sowohl bei den US-Demokraten als auch in Europa für einen Sturm der Entrüstung gesorgt.

Deutschland, das in diesem Zusammenhang auch früher schon zur Zielscheibe der US-Kritik geworden war, dürfte laut Auskunft von Diplomaten erstmals seit Ende des Kalten Kriegs die angestrebte Marke überschreiten und, so die Prognose, heuer 2,01 Prozent des BIP für die Verteidigung aufwenden. Ansonsten waren es bisher vor allem Länder im Osten Europas, die kräftig in ihr Militär investiert haben: Polen, Estland, Lettland und Litauen etwa lagen bereits 2023 deutlich über zwei Prozent.

Nato "kein karitatives Projekt"

Im Vorfeld des Treffens hatte sich auch Julianne Smith, die US-Botschafterin bei der Nato, zur Zukunft des Bündnisses geäußert – und dazu, wie sie als Vertreterin der gegenwärtigen Regierung zu den jüngsten Äußerungen Donald Trumps steht. Den Kreml dazu zu ermutigen, Nato-Verbündete anzugreifen, setze Soldaten der USA und die ihrer Verbündeten einem erhöhten Risiko aus, sagte Smith am Dienstag auf einer Online-Pressekonferenz: "Solche Statements sind gefährlich und verantwortungslos."

Knapp zwei Jahre nach Kriegsbeginn müsse man im Auge behalten, was auf dem Spiel steht: Wenn Russland in der Ukraine erfolgreich sei, dann wäre das auch für Europa und die transatlantische Sicherheit insgesamt riskant, meint die US-Diplomatin: "Ein ermutigter Putin, der gemeinsam mit anderen Autokraten an der Destabilisierung unserer Länder arbeitet, würde für uns alle eine fundamentale Gefahr darstellen." Allianzen wie die Nato seien "keine karitativen Projekte", sondern dienten direkt den Interessen der USA sowie ihrer Verbündeten.

Atomdebatte in Deutschland

Abseits der Budgetfrage wird vor allem in Deutschland derzeit eine Debatte über einen europäischen Atomschirm geführt. Aus den Reihen der regierenden Ampelkoalition hatten zuletzt FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner sowie Katarina Barley, die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, die Diskussion angestoßen. "Die jüngsten Äußerungen von Donald Trump sollten wir als Aufforderung verstehen, dieses Element europäischer Sicherheit unter dem Dach der Nato weiterzudenken", schrieb etwa Lindner in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Auch Barley hatte sich offen dafür gezeigt, im Zusammenhang mit einer europäischen Armee auch über eine europäische Atombombe zu reden.

Gegenwind bekamen beide aber nicht nur aus der oppositionellen CDU, sondern auch aus den Reihen der eigenen Parteien: "Ich persönlich bin der Meinung, wir müssen konventionell stärker werden, wir müssen deutlich mehr im Cyberbereich machen", sagte Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, am Mittwoch im Deutschlandfunk. Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bremst: "Ich kann nur davor warnen, mit dieser Leichtfertigkeit eine solche Diskussion vom Zaun zu brechen, nur weil Donald Trump, der noch nicht mal Präsidentschaftskandidat ist, solche Äußerungen macht", erklärte er im Gespräch mit Welt-TV. (Gerald Schubert, 14.2.2024)