Bundespräsident Alexander Van der Bellen mahnt: "Wir alle haben es in der Hand, wie gut die Stimmung zwischen uns ist, wie vertrauensvoll oder wie vergiftet."
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Österreichisches Paradoxon: Es herrscht weithin Unbehagen über den politischen Ton im Lande. Zu unversöhnlich, zu spalterisch, zu ungut ist er vielen. Aber dann finden sich doch wieder viele, sehr viele, die es am Aschermittwoch deftig haben wollen im Bierzelt. Deftig bis hetzerisch. Denen hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen jetzt vorbeugend ins Gewissen geredet:

"Als Bundespräsident, als Bürger, als Mitmensch, vielleicht auch manchmal als ‚der Andere‘ bitte ich aber gerade am heurigen Aschermittwoch, einmal kurz innezuhalten. Die Ereignisse in den letzten Tagen und das bevorstehende Wahljahr machen es mehr denn je notwendig. Egal, ob Sie eine Rede vor tausenden Menschen halten, im Freundeskreis ein Gerücht weitererzählen oder einen Witz auf Kosten anderer machen. Egal, ob das alles in den sozialen Medien oder offline geschieht. Halten Sie kurz inne und überlegen Sie: Würden Sie das der Person, um die es geht, auch direkt sagen und ihr dabei in die Augen schauen?"

Damit spricht der Präsident das Phänomen an, dass viele in der Anonymität der sozialen Medien ihrem Wut- und Hohnbedürfnis freieren Lauf lassen als sonst sozial akzeptabel. Und dass manche Politiker sich selbst in einen nur teilweisen kalkulierten Rausch hineinreden, voll Beschimpfungen und Drohungen. Politische (auch journalistische) Polemik muss sein, aber es muss eine rote Linie gegen den blanken Hass geben. (Hans Rauscher, 14.2.2024)