Andreas Brehme spielt einen Pass. 
Andreas Brehme (li.) wird nach seinem wichtigsten Tor getackelt.
REUTERS/Tom Szlukovenyi

Wie sagt man in Deutschland, wenn es gerade nicht laufen will? Hast du Scheiße am Fuß, hast du Scheiße am Fuß! Dieses Zitat – die Anti-These zum österreichischen "Wenn's laft, dann laft's" – wird seit Jahrzehnten Andi Brehme zugeschrieben. Nur: der Weltmeister hat diesen Satz nie gesagt. Es handelt sich um eine urbane Legende. Brehme hingegen ist eine echte Legende, eine Fußball-Legende.

Am 8. Juli 1990 schnappte sich dieser Andreas "Andi" Brehme im Stadio Olimpico di Roma den Ball. Schiedsrichter Edgardo Codesal Méndez hatte in der 85. Minute des Endspiels um die Fußballweltmeisterschaft beim Stand von 0:0 auf Elfmeter entschieden. Im Tor von Gegner Argentinien stand der gefürchtete Penaltykiller Sergio Goycochea. Die ganze Last auf den Schultern des gelernten Maschinenschlossers aus Hamburg. Nur zwei Optionen: Held oder Versager.

WM 1990 Finale Deutschland - Argentinien 1-0 Elfmeter Brehme
Tackoro

"Einer muss ja hingehen", sollte Brehme später sagen. Dass es ausgerechnet der Defensivspieler war, mag angesichts von Teamkollegen wie Thomas Häßler, Lothar Matthäus oder Jürgen Klinsmann zunächst überraschen. Aber man wusste um Brehmes Nervenstärke. Schon im Halbfinale hatte er gegen England im Elferschießen vom Punkt getroffen. Mit rechts flach ins linke Eck. Der Mann war immer da, wenn er gebraucht wurde.

Im Finale läuft Brehme mit fünf Schritten an und versenkt den Ball präzise – mit rechts flach ins linke Eck. So sieht Selbstbewusstsein aus. Kurz darauf stemmte der Deutsche den WM-Pokal in den Abendhimmel. "Egal wo ich bin, am Flughafen, beim Einkaufen, immer wieder werde ich danach gefragt", erinnerte sich Brehme, "ich habe nicht daran gedacht, was dieser Elfmeter für eine Bedeutung hat. Ich habe gar nichts gedacht."

Andi Brehme streckt den Meisterteller in die Luft.
Andi Brehme wurde 1998 mit Kaiserslautern sensationell Meister.
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Als Profi spielte der beidfüßige Kicker für Bayern München, Inter Mailand und Real Saragossa. Er wurde deutscher und italienischer Meister, bestritt 86 Länderspiele und schoss dabei acht Tore. Die unglaublichste Erfolgsstory aber lieferte Brehme mit dem 1. FC Kaiserslautern. 319 Partien absolvierte er für die Roten Teufel. 1996 stieg Brehme mit dem FCK ab – ehe ein Wunder geschah.

"So wollte ich nicht abtreten. Das gehört sich nicht. Wenn man den Verein runtergebracht hat, dann sollte man auch helfen, ihn raufzubringen", erzählte Brehme 2020 im Bademantel in der entspannten Dazn-Serie "Mein Nachbar, der Weltmeister". Gesagt, getan. Unter Trainer Otto Rehhagel stieg Kaiserslautern sofort wieder auf und wurde ein Jahr später deutscher Meister. Mit dem Titel verabschiedete sich Brehme 1998 im Alter von 37 Jahren in den Ruhestand. Seine Mission war erfüllt.

In der Nacht auf Dienstag starb Brehme in München an einem Herzstillstand. Er hinterlässt zwei erwachsene Söhne, seine Lebensgefährtin und tiefe Spuren in der Geschichte des Weltfußballs. Brehme wurde 63 Jahre alt. (Philip Bauer, 20.2.20224)

Andreas Brehme bei der Eröffnung der Hall of Fame des deutschen Fußballs.
Andreas Brehme anno 2019.
AFP/POOL/INA FASSBENDER