Das Bild zeigt einen Screenshot auf
Die Jagd auf Bösewicht Sephiroth nimmt in "Final Fantasy VII Rebirth" neue Ausmaße an.
Square Enix

27 Jahre ist es mittlerweile her, dass der Rollenspiel-Klassiker "Final Fantasy VII" erschienen ist. Wer damals die erste Playstation-Konsole hatte, kannte kaum ein anderes Thema. Auf drei CDs entfaltete sich 1997 eine moderne Blaupause für japanische Rollenspiele, die für viele immer noch als bester Teil der Serie gilt – und für die sich der Autor damals extra die Konsole modden ließ, um früher in den Genuss des Abenteuers von Cloud und seinen Freunden zu kommen.

Umso größer die Freude, als bekannt wurde, dass es Jahrzehnte später ein umfangreiches Remake geben würde. Warum umfangreich? Publisher Square Enix hat sich dazu entschieden, die ursprüngliche Erzählung auf drei Titel aufzuteilen und teilweise auch inhaltlich abzuweichen. Der erste Teil ist unter "Final Fantasy VII Remake" bereits 2020 auf der Playstation 4 erschienen und wurde im Jahr darauf auch für Playstation 5 und PC veröffentlicht. Vorerst exklusiv für Playstation 5 erscheint am 29. Februar nun der zweite Teil der Trilogie als "Final Fantasy VII Rebirth". Der STANDARD konnte sich vorab ansehen, was von der Fortsetzung zu erwarten ist. Garantiert spoilerfrei.

Alte Geschichte, neu erzählt

Der Charme von "Final Fantasy VII" liegt in seiner Erzählung, die eine komplexe Welt voller Magie, Technologie und Intrigen mit persönlichen Schicksalen verbindet. Im Zentrum steht Cloud, ein ehemaliger Söldner mit geheimnisvoller Vergangenheit, der sich einer Widerstandsgruppe anschließt, um gegen die machthungrige Shinra Corporation zu kämpfen. Dieser Konzern nutzt die Lebensenergie des Planeten für seine eigenen dunklen Zwecke, was nicht nur die Natur, sondern auch das Schicksal aller Bewohner bedroht.

FINAL FANTASY VII REBIRTH - Destined for Rebirth
FINAL FANTASY

Während das erste Spiel des Remake-Projekts, "Final Fantasy VII Remake", sich auf den Abschnitt in der Stadt Midgar konzentrierte, erweitert "Rebirth" den Horizont und entlässt die Spieler über die Stadtgrenzen hinaus in eine Open World voller Abenteuer und Entdeckungen. Die Geschichte setzt fort, wie Cloud und seine Freunde auf die Jagd nach Sephiroth gehen. Er verkörpert einen der größten Gegenspieler der Serie überhaupt.

Die Entwickler haben im Vorfeld der Veröffentlichung angedeutet, dass "Rebirth" an Schlüsselmomenten des Originals festhalten wird, aber mit der Einführung der Moiren, Hütern des Schicksals, die Ereignisse eine unerwartete Wendung nehmen könnten. Ohne an dieser Stelle spoilern zu wollen, hat Square Enix Wort gehalten und sorgt tatsächlich für Überraschungen. Unabhängig von der technisch eindrucksvollen Neufassung ist also auch die leicht modifizierte Story ein Grund für Veteranen wiederzukommen.

Endlich Open World!

"Rebirth" führt (wieder) eine offene Spielwelt für "Final Fantasy VII" ein, die es Spielerinnen und Spielern ermöglicht, die Welt frei zu erkunden. Tatsächlich sind die ersten Minuten, in denen man die überarbeiteten Landschaften erkundet, ein überwältigender Moment für "Final Fantasy"-Fans: Auf der Playstation 5 (und der Unreal Engine 4) erstrahlen sie zu neuem Leben und motivieren Spielerinnen und Spieler dazu, die Gegend nach neuen Quests, Charakteren und versteckten Herausforderungen abzugrasen, die durchaus auch mal von der Jagd nach Sephiroth wegführen können und sollen. Dabei sieht das Spiel nicht nur fantastisch aus: Neben der gewohnt zauberhaften musikalischen Untermalung fällt auch angenehm auf, dass Spielerinnen und Spieler nahezu gar nicht von Ladezeiten gequält werden, sobald man ein neues Areal betritt.

Das Bild zeigt einen Screenshot zu
Endlich frei: Die Open World verleiht "Final Fantasy 7 Rebirth" eine ganz andere Spieldynamik.
Square Enix

Die Nebenquests in "Rebirth" ergeben durchaus Sinn, weil sie das Team von Cloud und seine Kräfte stärken und die Landkarte der Spielwelt nicht zupflastern, wie man es etwa von generischen Ubisoft-Schrottquests kennt. Wie viel man davon absolviert, bleibt ganz einem selbst überlassen, theoretisch sollte es auch kein Problem sein, keine dieser Nebenquests zu absolvieren und nur der Haupthandlung zu folgen. Nur würde man damit auch viel von dem Spaß liegenlassen, den "Rebirth" verspricht – der Kern der Story soll rund 40 Stunden lang dauern, mit allem Drumherum lässt sich der Aufenthalt locker verdoppeln.

Die Wahlmöglichkeit, wie dicht man Action im Spiel auf sich einprasseln lassen möchte, gilt im Übrigen auch für die Kämpfe gegen Monster, die zahlreich in der Welt vertreten sind. Hier komplett auszuweichen ist möglich, allerdings eher nicht empfehlenswert, weil es im späteren Spielverlauf zu erheblichen Nachteilen in verpflichtenden Kämpfen führen kann.

Das Bild zeigt einen Screenshot zu
Was wäre ein "Final Fantasy" ohne Chocobos?
Square Enix

Da das Durchqueren der weitläufigen Spielwelt recht zeitintensiv sein kann, stößt man zum Glück recht bald auf ein Markenzeichen von "Final Fantasy" und wichtiges Verkehrsmittel auf Gaia: die Chocobos. Die gefiederten Charmebolzen befördern Clouds Team nicht nur deutlich schneller von A nach B, sie sind auch Protagonisten in Wettrennen und helfen Cloud immer wieder dabei, die Fährte bestimmter Schätze oder Lebewesen aufzunehmen. Darüber hinaus bietet das Spiel auch noch Fahrzeuge, um sich fortzubewegen - oder sich mit anderen zu messen.

Wenn das "Blut der Königin" ablenkt

Neben einer Vielzahl an Nebenquests, Wettkämpfen und bekannten Mini-Games hat Square Enix den zweiten Teil auch mit einem neuen Kartenspiel namens "Queen's Blood" bedacht, das sich als ausgeklügeltes wie umfangreiches "Zeitgrab" durchs gesamte Spiel zieht. Die Spieler sind dabei gefordert, Karten mit unterschiedlichen Punktwerten auf einem Spielfeld mit drei Bahnen auszulegen. Das Ziel besteht darin, in mindestens zwei der drei Bahnen höhere Punktezahlen als der Gegner zu erzielen. Eine besondere Spielmechanik ist, dass Karten nur auf bereits beanspruchten Feldern platziert werden können, was eine vorausschauende Planung und Strategie erfordert.

Die Komplexität und der strategische Tiefgang von "Queen's Blood" werden durch die Vielfalt der Kartenfähigkeiten und die damit verbundenen Kosten für das Besetzen von Feldern auf dem Spielfeld erhöht. Spieler müssen zwischen dem Ausbau ihrer Position mit teureren Karten und dem schnellen Vorstoß zur Blockade des Gegners abwägen. Zusätzliche strategische Elemente ergeben sich durch Karten, die den Wert bestimmter Felder verändern können, was wiederum taktische Möglichkeiten eröffnet. In der Praxis ein richtig cooles Spielprinzip, das durchaus auch mal ein eigenes Spiel verdienen würde.

Viel Feinschliff im Kampf

"Rebirth" behält das Echtzeit-Kampfsystem aus "Remake" weitgehend bei, in dem der Spieler alle Teammitglieder steuern kann. Es setzt aber auch mit neuen Elementen auf diesen Active Time-Battle (ATB) auf. Komplett vorbei sind die Zeiten von rein rundenbasiertem Kampf, selbst der "klassische" Kampfmodus kann bestenfalls als eine Art Hybrid bezeichnet werden. Eine wichtige Neuerung des Kampfsystems sind Synchro-Fertigkeiten und -Aktionen, die das gemeinsame Angreifen von Teammitgliedern fördern.

Das Bild zeigt einen Screenshot zu
Die Kämpfe haben sich im Vergleich zu "Remake" nur im Detail verändert, es bleibt beim "Active Time-Battle".
Square Enix

Dieses System erhöht nicht nur die taktische Tiefe der Kämpfe, sondern fügt sich auch nahtlos in das ATB-System ein. Wenn Spieler Fähigkeiten und Zauber einsetzen, sammeln sie Punkte. Punkte, die für Synchro-Fertigkeiten ausgegeben werden können, um wiederum die ATB-Anzeige aufzufüllen. Darüber hinaus trägt der Einsatz von Synchro-Fertigkeiten zum Aufbau der Limit-Break-Stufen bei, was die Ausführung verheerenderer ultimativer Angriffe im Verlauf des Kampfes ermöglicht. Unterm Strich eine willkommene Abwechslung - absolutes Filetstück im Kampf bleiben aber natürlich die vielen Summons, mächtige Monster und Götter, die Clouds Team im Abenteuer begleiten.

Ansonsten betreibt Square Enix im Spiel neben der Konservierung einer einzigartigen Atmosphäre viel Feinschliff, was den Kampf betrifft, und kann so das Gesamterlebnis weiter optimieren. Zum Beispiel zeigt ein neuer Marker unmittelbar vor dem Kampf den Aufmerksamkeitsgrad der Gegner in der Nähe an und bietet so die Möglichkeit, sich zu tarnen, auszuweichen oder präventiv anzugreifen. Visuelle Indikatoren warnen die Spieler zudem im Kampf vor drohenden Unblockables der Feinde und fügen so der Verteidigung ein wichtiges taktisches Element hinzu. Nahkampfangriffe unterbrechen nun effektiv Aktionen des Gegners, und ein gut getimter Block kann den Schaden erheblich reduzieren und den Gegner möglicherweise aus dem Gleichgewicht bringen.

Ersteindruck

Offen gestanden war ich vom ersten Teil vor ein paar Jahren nicht sonderlich überzeugt: Das lag nicht daran, dass Square Enix nicht behutsam mit einem seiner größten Juwele umgegangen wäre. Auch finde ich es grundsätzlich spannend, nicht 1:1 dieselbe Story zu erzählen – gerade für alte Hasen wie mich ist das milde Abweichen ein guter Grund, den Controller noch einmal in die Hand zu nehmen.

Das Problem war einfach, dass sich "Remake" jenem linearen Part des Abenteuers widmete, bei dem ich schon vor 27 Jahren froh war, dass ich ihn hinter mir hatte, weil Erzählung und Gameplay erst danach richtig in Fahrt kamen. Das ist bei der Neufassung nicht anders. "Rebirth" entlässt "Final Fantasy VII" buchstäblich in eine offene(re) Spielwelt und macht jede Minute zu einem Genuss - für Fans.

Versucht man das Spiel aus den Augen eines Neulings zu sehen, sind aber auch kaum Einschränkungen zu erkennen. Das "Active-Time Battle"-Kampfsystem mag etwas gewöhnungsbedürftig sein, geht aber mit der Zeit gut von der Hand. Und wer mit schrulligen Dialogen und einer "Fantasy" nicht klarkommt, die eben sehr, sehr weit weg ist von jeglicher Realität, der hat in diesem Genre einfach sowieso nichts verloren. Alle anderen könnten Ende Februar schon durchaus ihr Spiel des Jahres gefunden haben. (Benjamin Brandtner, 22.2.2024)