Eine ringförmige kosmische Struktur, die wie ein Auge aussieht.
Die Supernova 1987a, aufgenommen letztes Jahr mit dem NIRCam-Instrument.
NASA, ESA, CSA, Mikako Matsuura (Cardiff University), Richard Arendt (NASA-GSFC, UMBC), Claes Fransson (Stockholm University), Josefin Larsson (KTH)

Das James-Webb-Weltraumteleskop steht als aktuell wichtigstes astronomisches Instrument am Ende einer Entwicklung, die Jahrhunderte dauerte. Noch Johannes Kepler musste im 16. und 17. Jahrhundert auf Himmelsbeobachtungen ohne Teleskop zurückgreifen und konnte dennoch aufgrund der außergewöhnlichen Vorarbeit des Astronomen Tycho Brahe feststellen, dass die Planeten sich auf Ellipsenbahnen bewegen.

1604 machte er eine handschriftliche Notiz über einen "ungewohnlichen Newen Stern". Der "Stern", der für wenige Tage sogar heller als der Jupiter schien und auch in China dokumentiert wurde, war eigentlich eine Supernova. Ihre Überreste sind für Teleskope noch heute sichtbar und ein wichtiges Studienobjekt. Entdeckt wurde das Ereignis, weil es so hell war, dass es auch mit freiem Auge zu sehen war.

400 Jahre später

Das Schauspiel sollte für Jahrhunderte einzigartig bleiben. Erst im Februar 1987 sollte es wieder zu einer vergleichbaren Supernova-Explosion kommen. Auch diese vor genau 37 Jahren im Bereich der Magellanschen Wolke aufblitzende Supernova war eine Zeitlang mit freiem Auge sichtbar.

Die Astronomie ergriff die Gelegenheit und untersuchte die Sternenexplosion mit allen verfügbaren Methoden, weshalb SN 1987A heute als die am besten untersuchte Supernova überhaupt gilt. Man machte auf früheren Aufnahmen den Vorgängerstern ausfindig und konnte die dabei freigesetzten Neutrinos in mehreren damals noch neuen Neutrinodetektoren nachweisen, Stunden bevor der Lichtblitz die Erde erreichte. Den Ursprung lokalisierte man in der großen Magellanschen Wolke, einer Zwerggalaxie, die etwa 160.000 Lichtjahre entfernt liegt und die die Milchstraße als Satellit umkreist.

Das Webb-Bild der Supernova mit einigen Erklärungen.
Das Webb-Bild mit Erklärungen für die sichtbaren Strukturen. Die äußeren Ringe stammen nicht von der Supernova, sondern von einem früheren Ereignis, das vor Jahrtausenden stattfand.
NASA, ESA, CSA, and M. Matsuura (Cardiff University). Image Processing: A. Pagan (STScI)

Damals war bereits vermutet worden, dass bei der Explosion ein Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch entstanden war. Darauf deutete die Neutrinostrahlung hin, doch obwohl es sich um die kosmisch am nächsten gelegene Supernova seit der Erfindung des Teleskops handelt und manche Hinweise für einen Neutronenstern sprachen, ließ sich die Frage mit den verfügbaren Methoden nicht verlässlich klären.

Doch nun konnte das James-Webb-Teleskop Spuren des extremen Überrests der Sternenexplosion aufspüren. Ein Team um den Astrophysiker Claes Fransson nutzte dafür spektroskopische Methoden von Webb, um die Zusammensetzung des verbliebenen Materials am Ort der Supernova zu untersuchen. Man fand in Beobachtungsdaten, die bereits 2022 entstanden, hoch ionisiertes Argon- und Schwefelgas. Das Vorhandensein der beiden Elemente und die Tatsache, dass die Atome ionisiert, also ihrer Elektronen beraubt sind, lässt sich nur durch starke UV- und Röntgenstrahlung erklären. Beides wäre bei einem Schwarzen Loch nicht zu erwarten, sehr wohl aber bei einem Neutronenstern. Davon berichtet das Team nun in einer neuen Studie im Fachjournal "Science".

Geburts-"Kick"

Ganz eindeutig ist das Bild für die Astrophysikerinnen und Astrophysiker nicht. Die Wellenlängen des gemessenen Lichts sind nämlich etwas verkürzt, die Spektrallinien in Richtung des blauen Spektrums verschoben. Diese Verschiebung ist dem Doppler-Effekt zu verdanken, den wir aus unserem Alltag kennen: Herankommende Autos etwa haben höhere Motorengeräusche als wegfahrende. Im Fall von SN 1987 deutet die Verschiebung darauf hin, dass die Quelle der Strahlung sich vom Ort der Supernova wegbewegt, und zwar in unsere Richtung.

Dieser Effekt ist bei Neutronensternen nicht unbekannt. Sie erhalten manchmal bei ihrer Geburt einen Kick, wenn im Zuge des Prozesses auf einer Seite mehr Material ausgestoßen wird als auf der anderen. Genau das könnte das Team hier beobachtet haben. Noch gibt es auch noch keine Klarheit über die genauen Vorgänge. Noch gibt es zwei konkurrierende Erklärungen für das beobachtete Spektrum. Anhand der Daten lässt sich nicht feststellen, welche plausibler ist. Das müssen künftige Untersuchungen klären. Klar ist laut den Forschenden nur, dass beide potenziellen Szenarien nur bei Anwesenheit eines Neutronensterns möglich sind.

Seit der Explosion verfolgt die Astronomie den Nachhall von SN 1987A. Mehrere Bilder des Hubble-Weltraumteleskops zeigen, wie sich der Ring um den Überrest der Supernova mit den Jahren veränderte und mit der Zeit heller wurde. Das winzige Zentrum blieb aber bislang der Wissenschaft unzugänglich.
NASA, ESA, and R. Kirshner (Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics and Gordon and Betty Moore Foundation), and P. Challis (Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics)

Der auf Bildern so eindrucksvolle Ring um die Supernova gehört übrigens zu einem anderen Ereignis. Er entstand schon vor etwa 20.000 Jahren und könnte auf die Verschmelzung zweier Sterne zu dem später bei der Supernova explodierten Stern entstanden sein. Noch heute erstrahlt er durch die extremen Vorgänge, die sich seit der Explosion in seinem Zentrum abspielen. (Reinhard Kleindl, 23.2.2024)