Mann steht in der Menge im Club und hat ein Bier und eine Zigarette in der Hand
Die Zeiten, in denen man beim Fortgehen indoor rauchen durfte, sind Geschichte. Die Angewohnheit, nur beim Feiern zu rauchen, ist dennoch bei vielen geblieben.
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Nur hin und wieder zum Kaffee, ausschließlich beim Fortgehen oder wirklich nur an besonders stressigen Tagen in der Arbeit: Knapp zehn Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher greifen "nur" gelegentlich zur Zigarette – Tendenz seit Corona wieder steigend, vor allem unter jungen Frauen. Dabei wiegen sich diese Gelegenheitsraucher und Gelegenheitsraucherinnen häufig in Sicherheit. Man könnte ja ohnehin jederzeit ganz aufhören mit dem Rauchen. "Mit 30 dann", heißt es unter Jungen häufig, oder "spätestens, wenn ich schwanger bin, ist sowieso Schluss damit", sagen junge Frauen mit Kinderwunsch.

Der Körper könne sich ja dann noch gut vom jahrelangen Tschicken erholen. Vor allem, wenn man in jungen Jahren wieder aufhöre, bleibe noch genügend Zeit für die Regeneration – so zumindest ein Mythos, der sich hartnäckig hält. Das stimmt aber nur teilweise.

Abgesehen davon unterschätzen die meisten die Macht ihrer Willenskraft. Denn die wenigsten schaffen es wirklich, beim ersten Versuch aufzuhören, zeigen zahlreiche Erhebungen. Im Gegenteil: Oft ist das gelegentliche Rauchen nur der Anfang, und es entwickeln sich regelmäßige Suchtmuster daraus, auch das ist gut belegt.

4.500 schädliche Stoffe in Zigarettenrauch

Um zu verstehen, wie die Regenerationsprozesse des Körpers greifen, muss man erst verstehen, was beim Rauchen genau passiert. Bei den gesundheitsschädlichen Folgen von Zigaretten denken die meisten vor allem an die Auswirkungen des Pofelns auf die Lunge. Und die sind erst einmal sehr abstrakt und auch zeitlich nicht greifbar. Ja, irgendwann einmal wird das Rauchen vielleicht Auswirkungen auf die Lungenfunktion haben, das Sporteln geht dann vielleicht nicht mehr ganz so gut. Und klar, in seltenen Fällen kann es Lungenkrebs auslösen – aber doch nicht bei einem selbst, hofft man.

Dabei ist das Rauchen massiv schädlich, betont Robab Breyer-Kohansal. Sie ist Vorständin der Abteilung für Atmungs- und Lungenerkrankungen an der Klinik Hietzing und Forschungsleiterin am Ludwig-Boltzmann-Institut für Lungengesundheit. Beim Abbrennen der Zigarette werden insgesamt mehr als 4.500 Stoffe wie etwa Teer, Kohlenmonoxid, Stickoxide, Wasserdampf, Blausäure sowie freie Radikale frei. "Viele dieser Stoffe kennen wir aus der Schädlingsbekämpfung, aus Reinigungsmitteln und Industriegasen", berichtet die Expertin. Tabakrauch sei "eine gefährliche Komposition aus sehr vielen Schadstoffen, die nicht nur die Lunge direkt angreifen, sondern auch ins Gewebe eindringen und ins Blut infiltrieren".

Veränderungen im Erbgut

Dieser Mix an Schadstoffen führt an unterschiedlichen Punkten im Körper zu Schäden. Durch das Einatmen mancher Stoffe entstehen in der Lunge und an Gefäßinnenwänden Entzündungsherde. Das begünstigt Ablagerungen in den Gefäßen, dadurch steigt das Risiko für Bluthochdruck und Herzinfarkte. Und das ist auch der Grund, warum Raucherinnen und Raucher eher von Herz-Kreislauf-Erkrankungen betroffen sind. Das Rauchen hat nämlich auf das gesamte System Körper negative Auswirkungen und chronische Effekte. Die Folge: Das Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle, Diabetes und zahlreiche Krebserkrankungen ist erhöht. "Außerdem verursachen diese Gifte eine vorzeitige Alterung der Haut, des Zahnhalteapparates, des Skeletts und der Geschlechtsorgane", sagt Breyer-Kohansal.

Manche der Schadstoffe, die man beim Rauchen einatmet, binden zudem direkt an das Erbgut von Zellen und können dort zu Mutationen führen. Vereinfacht gesagt führt Rauchen zu kleinen Veränderungen in unserer DNA. Grundsätzlich können die zelleigenen Reparaturmechanismen diese Änderungen wieder entfernen. Dieses Prinzip funktioniert allerdings nur bis zu einem gewissen Punkt. Wenn sich zu viele Mutationen anhäufen, kommt der Körper – salopp ausgedrückt – mit dem Reparieren nicht mehr hinterher. Dann können manche Zellen etwa zu Krebszellen entarten und sich rasch ausbreiten.

Aber heißt das, dass ein bisschen Rauchen hin und wieder quasi nicht schädlich ist? Weil sich der Körper von den Raucherschäden tatsächlich wieder heilen kann? Das stimmt nur zum Teil. Auch gelegentliches Rauchen erhöht das Krebsrisiko, betonte man unlängst vonseiten der deutschen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Außerdem verändert Tabakkonsum die Abwehrreaktion des Körpers – und zwar auch, wenn man nur selten zur Zigarette greift. Manche Auswirkungen bleiben auch noch Jahre nach einem Rauchstopp bestehen.

Körper heilt sich selbst – bis zu einem gewissen Grad

Aber – und das ist die gute Nachricht – grundsätzlich funktionieren die zelleigenen Reparaturmechanismen gut und können die Veränderungen in unserer DNA auch wieder beseitigen. Wie schnell der Körper nach einem Schaden regeneriert, ist dabei von Mensch zu Mensch unterschiedlich. "Der Regenerationsprozess ist vom Alter, dem generellen Gesundheitszustand und dem Lebensstil, also etwa dem Ernährungs- und Bewegungsverhalten abhängig", sagt die Expertin für Lungengesundheit.

Eine britische Untersuchung zeigt, dass die Anzahl von Mutationen im Erbgut, und damit das Krebsrisiko, bei Probandinnen und Probanden nach dem Rauchstopp kontinuierlich wieder abnimmt. Zehn Jahre später ist das Lungenkrebsrisiko von ehemaligen Raucherinnen und Rauchern im Vergleich zu solchen, die weitergeraucht haben, deshalb nur noch halb so groß. Und auch das Herz-Kreislauf-System regenerierte sich bei den meisten sehr gut.

In Lebenszeit umgemünzt bedeutet das: Lebenslange Raucherinnen und Raucher leben im Schnitt um zehn Jahre kürzer. Wer zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr aufhört zu rauchen, gewinnt dadurch wieder sechs Jahre zurück. Und wer im Alter von 25 bis 35 Jahre die letzte Zigarette raucht, lebt – zumindest statistisch gesehen – gleich lang wie Nichtraucher und Nichtraucherinnen.

Das könne man laut Breyer-Kohansal aber freilich nicht auf jeden Einzelfall umlegen. "Man erreicht in Wirklichkeit nicht das Niveau eines Menschen, der nie geraucht hat", betont sie. Denn manche genetische Schäden bleiben: "Auch nach Rauchstopp geht von den geschädigten Zellen weiterhin Gefahr aus." Dabei kann vor allem das Rauchen in jungen Jahren zu Störungen führen, die auch noch im Erwachsenenalter Auswirkungen haben, etwa wenn sich die Lunge durch den Tabakkonsum nicht ideal entwickelt hat.

Noch zu wenige Daten zum Heaten

Aber der Trend zeigt, dass ohnehin immer weniger junge Menschen regelmäßig rauchen. In den vergangenen Jahren ist ein Rückgang des Tabakrauchens bei Jugendlichen zu verzeichnen, zeigt eine aktuelle Erhebung. Hier hat sich der Anteil der Raucherinnen und Raucher seit 2002 mehr als halbiert.

Der Konsum neuer Nikotinprodukte hingegen nimmt deutlich zu, DER STANDARD berichtete hier und hier. Das liegt wohl auch daran, dass das sogenannte Heaten viele für die gesündere Alternative zum Rauchen halten – und die Produkte auch so vermarktet werden, kritisiert Breyer-Kohansal: "Wir dürfen nicht vergessen, dass die vertreibenden Konzerne auch jene sind, die wir bisher von den bekannten Zigarettenmarken kennen."

Vor allem zu möglichen Langzeitfolgen fehlen bisher valide Daten. Was man aber bereits weiß: In den Emissionen eines Tabakerhitzers sind zwar laut ersten Studien deutlich weniger gesundheitsschädliche und krebserregende Stoffe enthalten als in Zigaretten, im Dampf konnten aber genauso auch mutagene, also erbgutverändernde, Stoffe nachgewiesen werden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung warnte deshalb bereits, dass auch verdampfter Tabak "zahlreiche und vor allem auch erbgutverändernde Stoffe" enthält.

Am besten sollte man also gar nicht damit anfangen, das ist klar. Aber – und das zeigen die Erhebungen alle eindeutig – es ist nie zu spät, mit dem Tabakkonsum aufzuhören. Je früher man die letzte Zigarette raucht oder heatet, desto besser, aber auch im hohen Alter profitiert die Gesundheit noch von einem Rauchstopp. (Magdalena Pötsch, 24.2.2024)