Lufthansa
Die Lufthansa verkleinert ihren Vorstand und stellt das Führungsgremium personell neu auf.
AFP/KIRILL KUDRYAVTSEV

Frankfurt – Bei der Deutschen Lufthansa wird nahezu die komplette Führung ausgewechselt. Gleich vier der sechs Vorstände verlassen den Konzern nahezu gleichzeitig, zudem streicht der Aufsichtsrat einen Vorstandsposten ganz. Nur der Vorstandsvorsitzende Carsten Spohr und der bisherige Personalvorstand Michael Niggemann bleiben.

Wie das Unternehmen am Donnerstagabend überraschend mitteilte, hat der Aufsichtsrat der Deutschen Lufthansa AG "eine weitreichende Umstrukturierung des Vorstands" beschlossen. Ab dem 1. Juli habe das Lufthansa-Führungsgremium nur noch fünf statt sechs Mitglieder.

"Nach erfolgreicher Bewältigung der Corona-Krise, der anschließenden Erholung des Luftverkehrs und dem wirtschaftlichen Turnaround startet die Lufthansa Group mit einer Neuausrichtung des Vorstands in die nächste Phase ihrer Unternehmensentwicklung", hieß es in einer Mitteilung zu Begründung. Die Umstrukturierung falle mit dem Ausscheiden von vier Vorstandsmitgliedern zeitlich zusammen.

Turnusgemäß enden demnach die Amtszeiten von Harry Hohmeister, Vorstand "Globale Märkte und Netzmanagement", und Detlef Kayser, Vorstand "Flotte und Technologie" jeweils Ende Juni. Gleichzeitig scheiden den Angaben zufolge Christina Foerster, Vorstand "Markenführung und Nachhaltigkeit" Ende Juni und Finanz-Vorstand Remco Steenbergen Anfang Mai "im beiderseitigen Einvernehmen" aus. Michael Niggemann, Vorstand Personal und Infrastruktur", werde dann neben seinen bisherigen Aufgaben kommissarisch das Finanzressort übernehmen, bis das Amt neu besetzt ist.

Aufsichtsrat verlangt "ausgeprägtes Teamverständnis"

Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley teilte mit, die Herausforderungen für Branche und Unternehmen seien andere als in den vergangenen Jahren, sie blieben jedoch gewaltig. "Wir wollen sie mit neuem Schwung und einem veränderten Team angehen, das noch stärker internationale Erfahrung und vielfältige Perspektiven vereint." Die Interaktion mit unseren Kunden, Investoren, Partnern, aber auch die Zusammenarbeit innerhalb der Lufthansa Gruppe verlangten mehr denn je "ein ausgeprägtes Teamverständnis. Auch das versprechen wir uns von unserem neuen Vorstandsteam."

Nach dem Beschluss des Aufsichtsrats soll Grazia Vittadini, aktuell Sonderberaterin von Rolls-Royce Holdings, zum 1. Juli in den Vorstand berufen werden. Sie soll als Technikchefin das Ressort "Technik und IT" übernehmen. Ebenfalls mit Wirkung zum 1. Juli werde Dieter Vranckx, derzeit Vorstandschef der Tochtergesellschaft Swiss International Air Lines, zum Vorstand "Globale Märkte und kommerzielle Steuerung Hubs" bestellt. Vranckx werde mit seinem Wechsel nach Frankfurt das Mandat des Vizepräsidenten im Verwaltungsrat von Swiss International Air Lines von Remco Steenbergen übernehmen, der das Mandat mit seinem Ausscheiden niederlege. Das Vorstandsressort "Konzernfinanzen" solle neu besetzt werden.

Fronten im Tarifstreit verhärtet

Bei den Tarifverhandlungen für das Bodenpersonal der Lufthansa ist trotz eines neuen Angebots keine Lösung in Sicht. "Wir haben erneut einen großen Schritt auf Verdi zu gemacht und ein neues, noch einmal verbessertes Angebot vorgelegt", so Lufthansa-Personalvorstand Michael Niggemann am Donnerstag nach Verhandlungen mit der Gewerkschaft Verdi. Er forderte Verdi auf, das "faire" Angebot anzunehmen. Aus Sicht der Gewerkschaft gibt es dagegen kaum eine Annäherung.

"Wir sind immer noch weit voneinander entfernt", sagte Verhandlungsführer Marvin Reschinsky. Das Angebot des Arbeitgebers liege unter 50 Prozent des Forderungspakets der Gewerkschaft. Über die Details werde in den kommenden Tagen mit den Beschäftigten beraten, dann werde entschieden, ob es erneut zu Warnstreiks kommt. "Wir sind zu weiteren Streiks bereit, wenn ihr es seid!", hieß es in einer Tarifinfo.

Die Lufthansa legte bei der dauerhaften Gehaltserhöhung ein halbes Prozent drauf und bietet für die ersten zwölf Monate damit etwas über zehn Prozent mehr Geld an. Die prozentuale Anhebung und die Inflationsprämie von insgesamt 3.000 Euro würde schneller ausgezahlt als bisher vorgesehen, beginnend im März. Dafür soll die Laufzeit aber 28 Monate betragen, drei Monate länger als zuvor verlangt. Verdi fordert hingegen für die rund 25.000 Mitarbeitenden eine Erhöhung um 12,5 Prozent und eine Inflationsprämie von 3.000 Euro bei nur einem Jahr Laufzeit.

Verhandlungen gehen im März weiter

Für 13. und 14. März sind weitere Verhandlungstermine angesetzt. Die Beschäftigten am Boden – von Check-in und Flugabfertigung über Verwaltung bis zum IT- und Technikpersonal – legten schon zweimal in diesem Monat die Arbeit für gut einen Tag nieder, zuletzt am Dienstag. Die Lufthansa strich rund 90 Prozent der Flüge in Deutschland, wovon jedes Mal rund 100.000 Passagiere betroffen waren. Ein Streiktag kostet das Unternehmen nach früheren Angaben rund 25 Millionen Euro.

Unterdessen scheiterten auch die Tarifverhandlungen für rund 18.000 Kabinenbeschäftigte bei der Lufthansa, wie die Gewerkschaft Ufo mitteilte. Sie rief ihre Mitglieder auf, in einer Urabstimmung ab kommender Woche bis 6. März über Streiks zu entscheiden. Die Lufthansa habe in einem weiteren Spitzengespräch kein ausreichendes Angebot vorgelegt. "Wir gehen den Weg der Eskalation nicht gerne, es bleibt uns aber keine Alternative, solange die Lufthansa nicht auf unsere berechtigten Forderungen eingeht", sagte der Ufo-Vorsitzende Joachim Vázquez Bürger. (APA, red, 23.2.2024)