Polizei und Feuerwehrleute beim Einsatz, der entgleiste Zug liegt im Feld.
Zugunglücke wie jenes vor zwei Jahren in Münchendorf werden von der Sicherheitsuntersuchungsstelle von Amts wegen überprüft, um Mängel und Verbesserungen für die Bahn, Seilbahnen, Schiffs- und Flugverkehr aufzuzeigen.
APA / Thomas Lenger

Wien – Es ist schwerwiegende Kritik sehr grundsätzlicher Natur, die der Rechnungshof in der Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes (SUB) in seinem am Freitag vorgelegten Bericht übt, Die staatlichen Prüfer nehmen dabei ausdrücklich das von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) geführte Verkehrsministerium in die Pflicht. Denn die SUB ist jene Dienststelle, die Eisenbahn- und Schiffsunfälle ebenso untersucht wie jene im Flugverkehr oder bei Seilbahnen. Aus den gewonnenen Erkenntnissen soll die Sicherheit der Bahn und Luftfahrt erwachsen.

Genau dieser Aufgabe vermag die SUB laut Rechnungshof nicht in ausreichendem Maß nachzukommen. Die Unfall- und Störungsuntersuchungen bei der Luftfahrt dauerten zwar nicht mehr 27 Monate, sind mit 15 Monaten aber immer noch zu lang, die Untersuchungsberichte liegen oft nicht binnen Jahresfrist vor. Vor allem fehle es der SUB an qualifiziertem Personal, die Untersuchungsbeauftragten waren im Jahr 2020 ohne Zukauf externen Fachwissens nicht in der Lage, qualitativ hochwertige Untersuchungen durchzuführen, schreibt der Rechnungshof.

Unglücke vermeiden

Zweck der Sicherheitsuntersuchungen ist es übrigens nicht, die Schuldfrage zu klären, sondern die Unfall- und Störungsursachen zu erheben und daraus Sicherheitsempfehlungen für Bahn- und Flugverkehr abzuleiten, die helfen sollen, dass gleichartige Vorfälle zukünftig vermieden werden.

Darüber hinaus agiert die SUB als nachgeordnete Stelle des Verkehrsministeriums nach Ansicht des Rechnungshofs sowohl funktionell als auch organisatorisch nicht so unabhängig und weisungsfrei, wie sie es gemäß EU-Richtlinien sollte. Sie sei ebenso Teil der Sektion IV wie die Obersten Verkehrsbehörden, die allerdings selbst Beteiligte im Untersuchungsverfahren sein könnten. Interne Abhängigkeiten bei Stellenplan, Personalauswahl sowie Aus- und Weiterbildung der Untersuchungsbeauftragten stehen "in einem Spannungsfeld zur gesetzlich geforderten Unabhängigkeit".

Nicht unabhängig, nicht weisungsfrei

Der RH forderte das Ministerium auf, die normierte Unabhängigkeit "durch einen geeigneten organisatorischen Rahmen sicherzustellen". Der Hintergrund: Im Jahr 2020 förderte eine Evaluierung "zum Teil schwere Mängel in Bezug auf klare Regelungen zur Befangenheit von Untersuchungsbeauftragten sowie die sichere Verwahrung von Untersuchungsgegenständen" zutage. Geortet wurden Hinweise, dass technische Untersuchungen unsystematisch durchgeführt würden und Untersuchungsbeauftragte Lücken im Fachwissen hätten.

Priorität hatte die vom RH bereits nach seiner Prüfung 2018 angeregte Professionalisierung der SUB im Ministerium bis heute nicht. Ein ausgearbeitetes Reorganisationskonzept wurde zunächst wegen der Corona-Pandemie nicht umgesetzt, dann aufgrund fehlender Planstellen. Die Defizite bestehen also bis heute. Das kann mit dem zunehmenden Bahnverkehr ebenso gravierende Folgen haben wie im Flugverkehr. Ob und welche Verbesserungen etwa im ÖBB-Netz auf die in Untersuchungsberichten geäußerte Kritik folgten, ist nicht überliefert. Material dafür gibt es ausreichend. (Luise Ungerboeck, 23.2.2024)