Als sich Nikki Haley am Abend der Niederlage in South Carolina vor einige der treuesten ihrer Anhänger stellt, gibt sie die Eiserne Lady. "Ich bin eine Frau, die zu ihrem Wort steht. Ich gebe diesen Kampf nicht auf, wenn eine Mehrheit der Amerikaner sowohl Donald Trump als auch Joe Biden ablehnt." Haley, die bereits Tage zuvor ankündigt hatte, Trump bis zur letzten Runde der republikanischen Vorwahlen Paroli bieten zu wollen, denkt nicht ans Aufgeben. Vorläufig jedenfalls nicht.

Nikki Haley bleibt auch nach wiederholten Niederlagen kämpferisch.
Nikki Haley bleibt auch nach wiederholten Niederlagen kämpferisch.
IMAGO/BONNIE CASH

Auch wenn sie in ihrem Heimatstaat im Südosten der USA eindeutig den Kürzeren zog, macht sie weiter. Wie lange noch? Bis zur nächsten Primary am Dienstag im Rust-Belt-Milieu des Bundesstaates Michigan? Bis zum Super Tuesday am ersten Dienstag im März? Oder wirklich bis zum Ende aller Vorwahlen im Juni? Wann auch immer: Es sind drei Argumente, die Trumps einstige UN-Botschafterin bringt, um ihren Verbleib im Rennen zu rechtfertigen.

Das erste Argument: Würde sie im Wahlfinale gegen Joe Biden antreten, hätten die Republikaner bessere Chancen, das höchste Staatsamt nach vier Jahren Pause zurückzuerobern. Bessere Chancen als mit Trump, der schon 2020 verlor und von dessen Wunschkandidaten etliche bei den Kongresswahlen 2022 ebenfalls unter die Räder kamen, der ergo ein Verlierer in Serie ist.

Das zweite Argument: Zu ungefähr 40 Prozent will die konservative Parteibasis Trump nicht in den Zweikampf ums Weiße Haus schicken; diese gewichtige Gruppe dürfe man nicht ignorieren.

Das dritte Argument klingt, auch wenn der Vergleich hinken mag, im Ansatz nach dem Demokraten Barack Obama: Die meisten Amerikaner und Amerikanerinnen wollen, dass die USA ihrem Namen als "vereinigte Staaten" wieder gerecht werden, sie wollen den Brückenbau über die Gräben extremer Polarisierung hinweg schaffen. Und eine Nikki Haley – Generation Zukunft – sei in der Lage dazu, den Part der Versöhnerin zu übernehmen. Anders als die sturen, aufeinander fixierten Greise Biden und Trump.

Eine Sache der Arithmetik

Nur geht es bei der Frage, wem eine Partei die Kandidatur für die Präsidentschaft überträgt, nicht nach der Schönheit der Argumente, sondern nach schlichter Arithmetik. Gekürt wird, wer die Primaries gewinnt; wer nicht vierzig Prozent, sondern die Mehrheit der Delegierten des Nominierungskonvents hinter sich weiß; egal, was der oder die Unterlegene davon hält. Dass Trump auf dem besten Weg in Richtung Mehrheit ist, daran kann es eigentlich kaum noch Zweifel geben. Er hat Duelle mit Haley im Mittleren Westen (Iowa), im Nordosten (New Hampshire), im Westen (Nevada) und nunmehr im Südosten (South Carolina) für sich entschieden. Vier Regionen, vier Trump-Siege. Schon das ergibt ein Bild, das geografisch und soziologisch durchaus repräsentativ für die Vereinigten Staaten steht.

Bleibt nüchtern zu konstatieren: Eine Mehrheit der amerikanischen Konservativen ist offenbar nicht bereit, den 2015 mit Donald Trumps Auftauchen auf der zentralen politischen Bühne eingeschlagenen Kurs schon jetzt zu ändern. Eine Mehrheit hält es nach wie vor – wer weiß, wie lange noch – mit dem Nationalismus des "America first"; was bedeutet, dass Nikki Haley inhaltlich gegen den Strom schwimmt.

Sie steht für ein Programm, das in seinen Grundzügen dem ähnelt, womit Ronald Reagan in den 1980ern zwei Wahlen in Folge gewann, wofür ihm die "Grand Old Party" eine Art Heldenstatus verlieh. Die heutige Republikanische Partei hat in ihrem Kern damit nicht mehr viel zu tun. (Frank Herrmann aus Rock Hill, South Carolina, 25.2.2024)