Das Geschäft mit Masken sorgt in Spanien einmal mehr für Aufregung.
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Spaniens Justiz ermittelt in Sachen Maskenkauf durch die Verwaltung in den ersten Monaten der Covid-Pandemie 2020. Nach der Festnahme von 20 Verdächtigen vergangenen Donnerstag beschuldigt Richter Ismael Moreno vom Sondergerichtshof für Bandenkriminalität, Korruption und Terrorismus, der Audiencia Nacional in Madrid, sieben von ihnen, ein Netzwerk aufgebaut zu haben, um Geschäfte mit dem Transport-, dem Innen- und dem Gesundheitsministerium von Kanaren und Balearen zu betreiben.

Dabei sollen hohe Summen an einen Vermittler geflossen sein: an Koldo García, den Berater des damaligen sozialistischen Transportministers José Luis Ábalos. Neben García befinden sich unter den Beschuldigten der Unternehmer Juan Carlos Cueto und Victor de Aldama, der Präsident des Zweitligisten FC Zamora. Sie sollen gemeinsam – obwohl völlig branchenfremd – die Maskengeschäfte mit Hilfe ihres Unternehmens Soluciones de Gestión ausgeführt haben. Ein weiterer Beschuldigter ist ein Beamter der Polizeieinheit Guardia Civil, der ebenfalls im Sinne der Maskenlieferanten Einfluss genommen haben soll. Es geht um insgesamt acht Verträge in einer Gesamthöhe von 54 Millionen Euro. Dabei sollen die Lieferanten 16 Millionen Gewinn erzielt haben.

Die Verträge an sich scheinen in Ordnung zu sein. Geliefert wurde. Bleibt der Verdacht auf unlautere Einflussnahme – über den Berater von Minister Ábalos, Koldo García. Richter Moreno stützt sich bei seinen Beschuldigungen auf abgehörte Telefonate aus früheren Ermittlungen gegen den Unternehmer Cueto wegen Verdachts auf Steuerbetrug, sowie auf ungewöhnlich hohe Einkünfte von García. Er soll von 2020 bis 2022 ein Vermögen von 1,5 Millionen Euro angehäuft haben, das er in Immobilien investierte.

Konservative fordern Machtwort von Premier Sánchez

Gegen Ex-Minister Ábalos selbst liegen keine Anschuldigungen vor. Dennoch fordert der konservative Partido Popular (PP) den sofortigen Rücktritt von Ábalos, der mittlerweile nur noch einfacher Angeordneter der sozialistischen Regierungspartei PSOE von Ministerpräsidenten Pedro Sánchez ist.

"Der Ministerpräsident muss endlich Klarheit schaffen: Stützt er ihn, oder verlangt er einen Rücktritt?" fragt PP-Fraktionssprecherin Cuca Gamarra. Ábalos, einst einer der wichtigsten Männer um Sánchez, der diesen sowohl bei der Urwahl innerhalb des PSOE als auch beim einstigen Misstrauensvotum gegen die PP-Regierung unter Mariano Rajoy unterstützte, harrt bisher auf seinem Parlamentssitz aus. "Ich werde nicht beschuldigt. Wenn mein Opfer dazu dient, alles aufzuklären und die Verantwortlichkeiten zu klären, können Sie auf meine Mitarbeit zählen. Aber nicht dazu, dass die Rechte eine Trophäe vorweisen kann", erklärt Ábalos.

Die Ermittlungen im "Fall Koldo" gehen auf eine Art Rachefeldzug des PP der Region Madrid zurück. Dort hatte die linke Opposition mehrere Maskenskandale aufgedeckt. Unter anderem wurde der Bruder der konservativen Regionalpräsidentin Isabel Díaz Ayuso über Nacht zum Maskenlieferanten für die Region und bereicherte sich. Selbst der damalige PP-Chef Pablo Casado klagte dies öffentlich an. Er wurde auf Druck von Ayuso abgesetzt.

Richter ist kein Unbekannter

Ein regionaler PP-Abgeordneter erstattete Anzeigen gegen Maskenlieferanten, überall dort wo die öffentlichen Abnehmer aus den Reihen der Sozialisten kamen. Bis auf Richter Moreno nahm niemand Ermittlungen auf. "Ja, das war unsere Rache", zitiert die rechte Tageszeitung "El Mundo" ein "Mitglied des Kreises der Vertrauen der PP-Führerin" jetzt.

Richter Moreno – einst Inspektor bei der Nationalpolizei – ist in Spanien kein Unbekannter: 2016 wurden in Madrid zwei Puppenspieler mitten in der Aufführung festgenommen und von Moreno aufgrund des Antiterrorgesetzes für fünf Tage in Untersuchungshaft gesteckt. Ihr satirisches Stück "Die Hexe und Herr Cristóbal" kritisierte Hausbesitzer, Richter und Polizei. Am Ende schiebt ein Polizist der Hexe ein Transparent unter, auf dem "Hoch lebe Alka-ETA" zu lesen steht, um sie als Terroristin beschuldigen zu können.

Für Moreno war dieses Wortspiel "Verherrlichung des Terrorismus". Diese Entscheidung bot wochenlang Anlass, die damalige linksalternative Bürgermeisterin der Hauptstadt und pensionierte Richterin Manuela Carmena in Talkshows und rechten Blättern als "Terrorfreundin" und "Linksradikale" vorzuführen. Das Verfahren gegen die Puppenspieler wurde ein Jahr später eingestellt. (Reiner Wandler, 25.2.2024)