Auch die Schauspielerin Lily James posierte während der London Fashion Week vor den griechischen Kunstwerken.
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Sowohl der Kentaur als auch der Mann, mit dem er kämpft, sind durchtrainiert, die Bauchmuskeln stechen hervor. Das Marmorpferd hat weit geöffnete Nüstern, die Ohren sind leider abgebrochen. Teile der Parthenon-Marmorkunstwerke, die im 5. Jahrhundert v. Chr. für den Tempel der Athene geschaffen wurden, wurden Anfang des 19. Jahrhunderts einfach aus dem Fries herausgebrochen und nach London gebracht. Thomas Bruce, Lord von Elgin und damals Botschafter im Osmanischen Reich, verkaufte 56 Reliefs und Skulpturen an das Britische Museum in London. Er sprach von einer "Rettungsaktion". Doch das sieht man in Athen ganz anders. Bereits seit dem 19. Jahrhundert fordert man die Rückgabe.

Die Parthenon-Marmorkunstwerke sorgen immer wieder für heftigen Streit zwischen Großbritannien und Griechenland. Kürzlich, als im Britischen Museum eine Modeschau vor den Marmorskulpturen abgehalten wurde, empfand man das in Griechenland als Schändung des Kulturguts. Die griechische Kulturministerin Lina Mendoni meinte, "dass das Britische Museum null Respekt vor den Meisterstücken des Phidias" habe. "Die Direktoren des Britischen Museums trivialisieren und beleidigen nicht nur das Denkmal, sondern auch die universellen Werte, die es vermittelt", so Mendoni. Es sei Zeit, dass die gestohlenen und missbrauchten Meisterwerke endlich wieder im Athener Licht erstrahlen.

Viel Verständnis für Athen

Unterstützung für das Vorhaben gibt es auf der ganzen Welt, aber auch in Großbritannien selbst. Der frühere britische Diplomat David Frost setzt sich dafür ein, dass die Marmorarbeiten dorthin zurückkehren, von wo man sie einst abtransportierte. Das Vereinigte Königreich solle endlich eine Geste setzen, forderte er die Regierung in London auf. Ein diesbezügliches Abkommen zwischen Griechenland und Großbritannien könne zudem auch eine Kampagne beinhalten, um andere Länder wie Dänemark, Deutschland, Österreich und Frankreich, die ebenfalls Teile der Marmorfiguren besitzen, zu ermutigen, die Kunstschätze an Athen zurückzugeben.

Tatsächlich befinden sich auch zwei Fragmente im Bestand des Kunsthistorischen Museums in Wien. Im Fall von Großbritannien sieht es nicht so aus, als würde sich etwas bewegen. Zwischen den Premierministern Rishi Sunak und Kyriakos Mitsotakis herrscht Eiszeit. Bei seinem Besuch in Großbritannien vergangenen November ließ Mitsotakis ein Treffen mit Sunak sogar platzen, traf sich aber mit Oppositionsführer Sir Keir Starmer. London wiederum argumentiert, man dürfe keinerlei Bestände des Britischen Museums auslagern. Allerdings sind die Parthenon-Marmorfiguren und -reliefs herausgelöste Teile eines Gesamtkunstwerks.

Im Akropolis-Museum in Athen wurde Platz für die fehlenden Teile geschaffen. Die Leerstellen wurden durch Gipsabgüsse gefüllt. Zumindest andernorts lenkt man ein: Im Juni 2022 beschloss das sizilianische Museo Archeologico Regionale Antonino Salinas die Rückgabe eines in seinem Besitz befindlichen Fragments an Athen. Im selben Jahr brachte Griechenland Sonderbriefmarken namens "Reunite Parthenon" in Umlauf. (Adelheid Wölfl, 29.2.2024)