Ein Beschuldigter habe dem Mädchen gedroht, frühere Aufnahmen zu veröffentlichen, wenn sie keine sexuellen Handlungen mit ihm vollzieht.
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Über Monate hinweg soll eine zum Tatzeitpunkt Zwölfjährige von insgesamt 17 Jugendlichen sexuell missbraucht worden sein. Die Wiener Polizei hat Donnerstagfrüh 14 Jugendliche und einen jungen Erwachsenen vernommen. Bis auf einen 19-Jährigen seien die Verdächtigen alle minderjährig. Gegen zwei weitere noch unbekannte Täter wird derzeit ermittelt. Nun haben die Ermittlerinnen und Ermittler weitere Details genannt.

Von Februar bis Juni 2023 sollen die Beschuldigten das junge Mädchen zum Mitmachen bei sexuellen Handlungen gebracht haben, sagte Florian Finda, stellvertretender Leiter des Landeskriminalamts Außenstelle Süd bei einer Pressekonferenz am Freitag. Die mutmaßlichen Täter hätten österreichische, syrische, türkische Staatsbürgerschaften, weiters gebe es jeweils eine Person mit italienischem, bulgarischem und serbischem Pass. Der Großteil sei bereits zuvor polizeibekannt gewesen, allerdings nicht aufgrund von Sexualdelikten. Zwei von ihnen seien noch unter 14 Jahre alt und somit strafunmündig. Bis auf einen Burschen, der aufgrund des Widerstands gegen die Staatsgewalt festgenommen wurde, seien die Jugendlichen auf freiem Fuß angezeigt worden. Von weiteren Opfern gehe die Polizei nach aktuellem Ermittlungsstand nicht aus. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Video: Zwölfjährige missbraucht - 17 Tatverdächtige, auch Gewalt im Spiel
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Kennenlernen in Favoritner Park

Die jungen Männer hätten sich gegenseitig in einem Park in Favoriten kennengelernt. Dort soll auch das Mädchen mit einem der Jugendlichen in Kontakt gekommen sein. Die beiden hätten Zärtlichkeiten miteinander ausgetauscht. Über ihn lernte die Minderjährige den Rest der Gruppe kennen. Hinweise darauf, dass der Bursche sie bewusst ausgewählt hat, gebe es laut der Polizei nicht.

Von der Gruppe sei sie immer wieder unter Druck gesetzt worden, bis sie nachgab und mit mehreren der Täter den Geschlechtsverkehr vollzog, erzählt einer der Ermittler. Da sie erst zwölf Jahre alt war, wird der Gruppe der schwere sexuelle Missbrauch einer Unmündigen vorgeworfen. In einem Fall soll zudem ein 16-jähriger Syrer sie mit Gewalt zur Duldung geschlechtlicher Handlungen gezwungen haben, so der Ermittler. Ob es sich dabei um eine Vergewaltigung oder ein anderes Missbrauchsdelikt gehandelt hat, "obliegt der rechtlichen Beurteilung der Staatsanwaltschaft", sagte Finda.

Von den Taten seien auch Videos und Bilder angefertigt worden. Diese seien nach dem aktuellen Kenntnisstand nicht im Netz verbreitet worden. Allerdings hätten die Täter sie angeblich über diverse soziale Netzwerke miteinander geteilt. Daher werde derzeit der Strafbestand der Verbreitung von Kindesmissbrauchsdarstellungen geprüft. Auch zeige ein Chatverlauf, dass ein Beschuldigter die Minderjährige bedroht hat, die Aufnahmen zu veröffentlichen, wenn sie mit ihm keine sexuellen Handlungen vollzieht.

Beschuldigter buchte Hotelzimmer

Zu den Missbräuchen sei es in Parkanlagen gekommen, aber auch in Stiegenhäusern, einer Garage, Toiletten sowie in Wohnungen der Täter, wenn Eltern nicht zu Hause waren. In einem Fall habe ein Beschuldigter ein Hotelzimmer gebucht, was die Polizei mittlerweile auch rekonstruieren konnte. Das Opfer könne keine Details zu der Zahl der Übergriffe nennen, da diese so häufig stattgefunden hätten. Teils sei es mehrfach pro Woche geschehen.

Das Mädchen schwänzte für die Treffen die Schule. Da sich der heimliche Kontakt in den Sommerferien nicht so leicht vor ihrer Mutter verstecken ließe, habe er nach Juni 2023 abgenommen. Bald darauf habe die Zwölfjährige einen gleichaltrigen festen Freund kennengelernt, mit dem sie schließlich im Oktober, gemeinsam mit der Mutter, zur Polizei ging.

Smartphones werden derzeit ausgewertet

Aufgrund der vielen Verdächtigen hätten die Ermittlungen mehrere Monate angedauert, erläutert Finda. Am Donnerstag war es dann zu zeitgleichen Razzien gekommen, um zu verhindern, dass die Beschuldigten sich untereinander absprechen könnten. Teilweise hätten sich die Beschuldigten geständig gezeigt, teilweise nicht.

In der Zwischenzeit sei laufend die aktuelle Gefährdungslage für das Mädchen geprüft worden. Da bei der Anzeige bereits mehrere Monate ohne weitere Taten vergangen waren, seien keine weiteren Schritte in dieser Zeit notwendig gewesen. Das Kind sei aber umgehend unter anderem vom Opferschutzzentrum der Polizei Wien betreut worden.

Die bisherigen Erkenntnisse seien der Staatsanwaltschaft übergeben worden, die entscheidet, ob eine Anklage erhoben wird. Aktuell würden Forensiker die sichergestellten Geräte der Jugendbande auswerten. (Muzayen Al-Youssef, 1.3.2024)