Hypo Vorarlberg
Die Hypo Vorarlberg hat der Signa zum Teil fragwürdige Kredite vergeben. Im Jahr 2023 sei man dann lange nicht zufriedenstellend informiert worden.
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Rund 131,2 Millionen Euro – so viel Geld könnten die Pleiten der Signa-Gruppe die Hypo Vorarlberg kosten. Aus Dokumenten geht hervor, dass die Bank Kredite vergeben hat, die zum Teil schlecht besichert waren, etwa für das Kaufhausprojekt Lamarr in Wien, das Hotel Chalet N im Vorarlberger Oberlech oder für die Stiftung der Familie Benko.

Die Unterlagen werfen nicht zuletzt die Frage auf, wer die Verantwortung für die verlorenen Millionen trägt: Hat das interne Risikomanagement der Bank, die zu knapp 77 Prozent dem Land Vorarlberg gehört, versagt? Hat man die missliche Lage der Signa unterschätzt? Oder wurde das Kreditinstitut unzureichend vom Signa-Management informiert?

Unterlagen "bis jetzt ausstehend"

In einem Schreiben an die Finanzmarktaufsicht (FMA) von Dezember 2023, das dem STANDARD und weiteren Medien vorliegt, erklärte die Bank, dass man aufgrund des steigenden wirtschaftlichen Drucks in der Immobilienbranche bei "großen Engagements die laufende wirtschaftliche Entwicklung und verstärkt die Kreditbedienbarkeit hinterfragt" habe.

Die Signa habe man seit dem Frühjahr 2023 "engmaschig beobachtet" und "regelmäßig Kundengespräche" mit dem Management geführt. Allerdings habe der Immobilienkonzern im Laufe des Jahres wichtige Unterlagen nicht vorgelegt, beklagte die Bank.

Bei einem gemeinsamen Termin am 18. August 2023 habe das Signa-Management auf den Businessplan verwiesen und angekündigt, die "Liquiditätslücke" durch "endverhandelte Neuinvestoren" zu schließen. Auch die Konzernbilanzen der Signa Prime und der Signa Development habe man von der Signa bekommen, "weitere angeforderte Bilanzdetails und Unterlagen" seien aber "bis jetzt (Anfang Dezember, Anm.) ausstehend".

Besprechung mit Benko

Man habe deshalb seitens der Bank im Laufe des Jahres "wiederholt urgiert". Erst bei einem Vorstandstermin am 22. November 2023 sei man über "die tatsächliche Situation und die fehlende Liquidität für den Fall des Scheiterns der Investorengespräche aufgeklärt" worden. Mit dabei sollen bei diesem Treffen neben dem Bankmanagement und dem Signa-Management auch Signa-Gründer René Benko und Sanierungsexperte Arndt Geiwitz gewesen sein.

Nach dem Treffen habe man die Signa als "UTP" eingestuft – als "unlikely to pay". Eine Woche später brachte die Holding der Immobiliengruppe ihren Insolvenzantrag ein.

Kernfragen der Insolvenz

Auf Anfrage gab der Insolvenzverwalter der Signa Holding zu den Abläufen keinen Kommentar ab. Auch von Benkos anwaltlicher Vertretung bekam DER STANDARD bisher keine formelle Rückmeldung.

Die bekanntgewordenen Dokumente dürften ein Schlaglicht auf die Kernfragen der Signa-Aufarbeitung werfen: Haben Benko und die Signa-Geschäftsführung ihre Geldgeber vollständig über die tatsächliche finanzielle Situation informiert? Hätte das Management bereits früher einen Insolvenzantrag einbringen müssen? Möglicherweise bereits Mitte 2023?

Klären müssen diese Fragen in erster Linie die Insolvenzverwalter und die Gerichte. Die Aufarbeitung hat in dieser Hinsicht wohl gerade erst begonnen.

Ländle-Parteien wollen volle Aufklärung

Aufarbeitung ist auch das Stichwort für die Parteien im Ländle. Nicht nur die Opposition, auch die Grünen – immerhin Koalitionspartner – fordern volle Aufklärung. Neos, FPÖ und SPÖ nehmen dabei Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) direkt in die Pflicht und kritisierten dessen erste Reaktion. Gar nicht reagiert hat nur die ÖVP.

"Es ist inakzeptabel, dass der Landeshauptmann in dieser kritischen Situation einfach abtaucht", sagt etwa SPÖ-Nationalratsabgeordneter Reinhold Einwallner. Ob die SPÖ die aktuelle Stunde bei der Landtagssitzung am Mittwoch zum Thema Hypo-Kredite abhalten wird, behielt man sich am Freitag bei den Sozialdemokraten noch vor.

Bank beschwichtigt

Die Hypo-Vorarlberg-Vorstände Michel Haller und Wilfried Amann betonten bei einer Pressekonferenz am Freitag, Kredite nur zu marktüblichen Konditionen und mit entsprechenden Besicherungen zu vergeben.

Vorstandschef Haller blieb mit Verweis auf das Bankgeheimnis allgemein. Er erklärte, dass Besicherungen in verschiedener Form vorliegen können, etwa auch als Garantien, Bürgschaften oder verpfändeten Geschäftsanteilen. In solchen Fällen sind die Besicherungen laut Haller aber nicht öffentlich ersichtlich. "Gewisse Sicherheiten sind im Meldewesen nicht zu sehen", sagte Haller.

Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) ging in einer Unterlage aus dem Jahr 2022, die dem STANDARD vorliegt, davon aus, dass 61 Prozent der Hypo-Kredite an die Signa unbesichert waren.

Anfrage im Landtag

Die Neos brachten einstweilen eine Anfrage ein. Wallner soll unter anderem beantworten, welche Folgen die kolportierte Abschreibung auf das Landesbudget hätte, wie stark vernetzt er oder andere Mitglieder der Landesregierung mit René Benko sind und welche fachliche Eignung vom Land in den Aufsichtsrat entsandte Bedienstete vorweisen müssen. Das Statement auf der Website der Landesbank wirke angesichts der jüngsten Entwicklungen jedenfalls wie ein schlechter Scherz. Dort steht: "Mit dem Land Vorarlberg als Mehrheitseigentümer wird sichergestellt, dass die Bank im Interesse der Bevölkerung und der Wirtschaft in ihren Kernregionen agiert." (Lara Hagen, Jakob Pflügl, 1.3.2024)