Die zentralen Teile der ISS, flankiert von den ausladenden Solarpaneelen, vor dem schwarzen Hintergurnd des Weltraums.
Die Internationale Raumstation, von einer Space-X-Kapsel aus gesehen.
NASA/SpaceX

Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen. Das ist im Wesentlichen die Nachricht, die von der US-Weltraumagentur Nasa zu dem Leck auf der ISS zu vernehmen ist. Bei einem Briefing zu dem geplanten Start einer neuen, vierköpfigen Crew bestätigte der Manager des ISS-Programms der Nasa, Joel Montalbano, dass ein bereits seit längerem bekanntes Leck im russischen Teil der Raumstation sich im Februar vergrößert hat. Grund zur Sorge bestehe nicht: "Die Teams beobachten es. Wir arbeiten mit unseren russischen Kollegen am nächsten Schritt", sagte Montalbano. "Es hat keine Auswirkungen auf die Sicherheit der Besatzung oder den Betrieb der Anlage."

Ein Kilogramm pro Tag

Doch der Luftverlust beträgt das Doppelte des bisherigen Werts. Etwa 0,9 Kilogramm Luft verliert die ISS derzeit täglich, das ist nicht ganz ein Kubikmeter bei normalem Atmosphärendruck. Das Leck befindet sich im russischen Servicemodul Swesada, genauer gesagt in einem "Vestibule" zwischen der Dockingstation für Raumfahrzeuge und dem eigentlichen Modul. Diese Zwischenräume entstehen, weil ISS-Module einzeln ins All gebracht und dort zusammengebaut werden. Dort befindet sich also eine Abdichtung zum Weltraum, die eine Schwachstelle darstellen kann.

Das Leck entstand 2019 und vergrößerte sich im Februar. Vergangenen November hatte die ISS-Direktorin im Nasa-Hauptquartier, Robyn Gatens, das Problem als "handhabbar" bezeichnet. Tatsächlich befindet es sich an einer günstigen Stelle: Der Zwischenraum kann von beiden Seiten versiegelt und entleert werden. Das wird derzeit auch so gehandhabt. Nur wenn ein russisches Progress-Raumfahrzeug andockt, bleibt der Zwischenraum eine Zeitlang geöffnet. Im Februar war aus diesem Grund der Bereich fünf Tage lang offen geblieben.

Ein Teil der ISS, mit der Erde im Hintergrund
Eine Sojus-Kapsel ist an der der ISS angedockt.
AP

Notfallprogramme

Gates gab bereits letztes Jahr zu, dass es sich um ein ernstes Problem handelt. "Jedes Leck in einer Struktur ist besorgniserregend, und deshalb fährt das Team fort, es zu untersuchen und zu verstehen", sagte sie. "Das schlimmste Szenario wäre der Verlust dieses Zugangs für die Raumstation, aber keine katastrophale, existenzielle Sorge für die Internationale Raumstation selbst." Versuche, es mit Klebeband zu flicken, waren bereits in den vergangenen Jahren gescheitert.

Lecks sind im Grunde ein ganz normaler Teil des Alltags auf der ISS. In einem Bericht der Nasa aus dem Jahr 2011 heißt es: "Jedes hinzugefügte Modul weist eine geringe nominale Undichtigkeit auf." Neue Module würden vor dem Start umfassenden Tests unterzogen. Doch die Erfahrung habe gezeigt, dass "die am Boden gemessene Undichtigkeit von Modulen meist geringer ist als jene, die beobachtet wird, wenn die Module in der Umlaufbahn sind".

Aus diesem Grund muss immer wieder Nachschub an Stickstoff zur ISS gebracht werden, neben dem Sauerstoff, den die Crew zum Atmen benötigt. Die Menge wird aus dem typischen Luftverlust errechnet.

Es ist nur eine von mehreren technischen Schwierigkeiten der in die Jahre gekommenen Raumstation. 2022 gab es ein größeres Kühlmittelleck, das die geplante Rückkehr dreier Astronauten verzögert hatte. Sie hatten auf ein Ersatz-Raumschiff warten müssen.

Eine Rakete erhebt sich in den Nachthimmel, auf dem Boden Rauchwolken, die Rakete mit einem Feuerschweif.
Der erfolgreiche Start der neuen ISS-Crew mit einer Rakete des Weltraumunternehmens Space X.
AFP/CHANDAN KHANNA

Neue Crew auf dem Weg

Unabhängig davon startete am Sonntag vom US-Weltraumbahnhof Cape Canaveral eine Space-X-Rakete mit vier Astronauten an Bord zur ISS. Die Mission soll sechs Monate dauern, wobei 250 wissenschaftliche Experimente durchgeführt werden. Die Crew, die aus drei Amerikanern und einem Russen besteht, soll die Raumstation am Dienstag erreichen. Das Crew-Dragon-Raumschiff wird aber an einer anderen Stelle andocken, die kein Problem mit Druckverlust hat.

Das Problem am russischen Modul wird weiter untersucht, das Aerospace Safety Advisory Panel der Nasa beobachtet die Situation. Wenn sie sich verschlimmert, könnte ein Schließen des Zugangs zur Raumstation für russische Raufahrzeuge drohen. (Reinhard Kleindl, 4.3.2024)