Anzeigetafel mit Aufschrift
Die deutsche Lokführergewerkschaft fordert eine 35-Stunden-Woche.
Christian Ohde via www.imago-ima

Berlin – Reisenden steht in Deutschland eine stressige Woche bevor. Im Tarifstreit mit der Deutschen Bahn (DB) hat die Gewerkschaft GDL zu einem 35-stündigen Streik aufgerufen. Im Personenverkehr werde er am Donnerstag um 2 Uhr beginnen und am Freitag um 13 Uhr enden. Das Flugzeug dürfte in vielen Fällen keine Alternative sein: Für Donnerstag und Freitag ruft die Gewerkschaft Verdi zu einem Warnstreik bei der AUA-Mutter Lufthansa auf. Die Streiks dürften auch in Österreich zu spüren sein.

Die ÖBB empfahlen am Montag, nicht dringende Reisen auf einen früheren oder späteren Zeitpunkt zu verschieben. Die Bundesbahnen wollen auf oebb.at und via App über betroffene Verbindungen informieren, sobald Informationen vorliegen. Die Westbahn erklärte, dass ihre Züge von und nach München und Rosenheim sowie über das Deutsche Eck nach Tirol und Vorarlberg planmäßig fahren werden.

Arbeitgeber kritisieren Streikaufrufe

Die Arbeitgeber kritisierten die Streikaufrufe scharf: "Verdi hat bereits viermal mit einer Gesamtdauer von 145 Stunden gestreikt – das ist deutlich länger, als verhandelt wurde", erklärte die Lufthansa. Die Deutsche Bahn nannte die GDL-Ankündigungen egoistisch und eine Zumutung für die Kunden.

GDL-Chef Weselsky zeigt sich empört, dass die vierwöchigen, vertraulichen Verhandlungen mit der Bahn zu keinem Ergebnis geführt hätten. Die Bahn habe sich praktisch nicht bewegt, was besonders für die Forderung nach einer 35-Stunden-Woche für Schichtarbeiter bei vollem Lohnausgleich gelte. "Daher ist schlusslogisch, Arbeitskampf als letztes Mittel wieder einzusetzen." Im Personenverkehr werde der Ausstand deutschlandweit ab Donnerstag, 2 Uhr früh beginnen, im Güterverkehr schon ab Mittwoch, 18 Uhr. Der Streik werde Freitag, 13 Uhr enden und 35 Stunden dauern.

Wellenstreiks

Zudem sagte Weselsky, nach dem nächsten Streik werde es weitere Wellenstreiks geben, die nicht mit der sonst üblichen Frist von 48 Stunden angekündigt würden. Damit werde die Deutsche Bahn auch keinen Notfahrplan mehr einsetzen können. Für die Kunden bedeute dies, dass die Bahn kein verlässliches Verkehrsmittel mehr sei. Die Verantwortung trage auch Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), der für die Bahn Partei ergreife. "Vielleicht fällt dem Herrn Minister mal ein, dass man sein Eigentum zu schützen hat. Und das man nicht zuschaut, wie ein wildgewordener Bahnvorstand hier Millionen an Steuergeldern verbrennt."

Regierungssprecher Wolfgang Büchner appellierte an die hohe Verantwortung sowohl von Unternehmen als auch Gewerkschaft. Die Streiks seien für Passagiere und Firmen ärgerlich.

Die Deutsche Bahn warf der GDL Egoismus und Sturheit vor. "Viele Millionen Menschen in unserem Land können nicht Zug fahren, weil die GDL-Führung nicht willens ist, Kompromisse einzugehen", kritisierte Personalvorstand Martin Seiler. Besonders aber würden die Streiks ohne Vorankündigung die Kunden treffen: "Diese sogenannten Wellenstreiks sind eine blanke Zumutung für unsere Fahrgäste." Die Bahn forderte eine Rückkehr an den Verhandlungstisch. Die GDL zeigte sich unbeeindruckt: Auch eine Schlichtung mache derzeit keinen Sinn, da man in den vergangenen Verhandlungen bereits erfolglos Moderatoren eingesetzt habe.

Fünfter Streik im Tarifkonflikt

Es ist der fünfte Arbeitskampf im seit Monaten andauernden Tarifkonflikt. Die jüngste Verhandlungsrunde hatte die Gewerkschaft am Donnerstag nach rund vier Wochen abgebrochen. Bis einschließlich Sonntag galt dabei eine selbstauferlegte Friedenspflicht. "Dieser Streik wird insgesamt 35 Stunden lang sein. 35 Stunden deshalb, damit jeder in der Republik merkt, worum es uns geht: nämlich um die 35-Stunden-Woche", sagte Weselsky.

Kurz zuvor hatte Verdi zu Warnstreiks bei der Lufthansa aufgerufen. Das gesamte Bodenpersonal soll am Donnerstag und Freitag die Arbeit niederlegen. Der Ausstand soll am Donnerstag um 4 Uhr beginnen und am Samstag um 7.10 Uhr enden. Damit wird es auch im Luftverkehr zu erheblichen Einschränkungen kommen.

35-Stunden-Woche

Seit Monaten ringen GDL und Bahn um einen neuen Tarifvertrag. Knackpunkt ist die Forderung der Gewerkschaft nach einer Senkung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter ohne finanzielle Einbußen. Die GDL erklärte bereits im November eine erste Verhandlungsphase für gescheitert und rief daraufhin nach einer Urabstimmung zu zwei längeren Streiks auf. Zwei eintägige Warnstreiks hatte es zuvor schon gegeben.

Den jüngsten Arbeitskampf beendete die GDL überraschend vorzeitig und kam mit der Bahn Anfang Februar zu erneuten Verhandlungen hinter verschlossenen Türen zusammen. Vier Wochen lang wurde auch mit externen Vermittlern – dem ehemaligen Innenminister Thomas de Maizière und dem schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther – verhandelt. An die Öffentlichkeit drang in dieser Zeit nichts. (APA, 4.3.2024)