Blick über den Ort St. Gilgen und den Wolfgangsee
Immer mehr Gäste möchten kein schlechtes Gewissen haben, wenn sie Urlaub machen, und fordern mehr Nachhaltigkeit in der Region oder dem Betrieb, wo sie entspannen. Im Bild St. Gilgen am Wolfgangsee.
APA/BARBARA GINDL

Tourismus ist auch gelebter Widerspruch. Während die halbe Welt die Wichtigkeit von nachhaltigem wie sozialem Wirtschaften betont und das ökologische Gleichgewicht hervorhebt, sieht die Praxis mitunter deutlich nüchterner aus. Diese Erfahrung macht unter anderem, wer dieser Tage die ITB in Berlin besucht, ihres Zeichens größte Reisemesse der Welt.

Während in den Messehallen tausende Menschen durcheinander wurln und durchaus nachhaltig, nämlich zu Fuß unterwegs sind, kurven draußen zwischen den teils weit auseinander liegenden Hallen diesel- oder benzinbetriebene Shuttlebusse herum. Elektrobusse? "Hier auf dem Gelände kein einziger," sagt ein Bus-Chauffeur dem STANDARD.

Im Ranking gestiegen

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft in Sachen Nachhaltigkeit auch in Österreich eine mehr oder weniger große Lücke. Aber sie wird zumindest kleiner. Im Sustainable Travel Index, einer von Euromonitor, einem weltweit führenden Anbieter von Marktanalysen und Verbraucherinformationen, berechneten Messgröße liegt Österreich auf Rang drei. Nur Schweden und Finnland sind in einer gesamtheitlichen Betrachtung noch besser.

Estland, das 2022 noch die dritte Position inne hatte, ist auf Rang vier zurückgefallen. Der Anspruch sei, noch weiter nach vor zu rücken und Österreich nachhaltigsten Destination der Welt zu machen, präzisierte Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) am Dienstag beim Besuch des Österreich-Stands auf der ITB. Dass dies längere Zeit in Anspruch nehmen wird, sei ebenfalls klar, ist der Konsens der allermeisten Touristiker, mit denen der STANDARD sprechen konnte.

Mehr Nachfrage

Die Zahl der Urlauber, die sich ressorcenschonende und auch ethisch vertretbare Angebote erwarten, nimmt beständig zu. Bereits 70 Prozent der Menschen, die einen Österreich-Urlaub im heurigen Sommer planen, geben laut Marktbefragung an, dass Nachhaltigkeit für sie eine Rolle bei der Urlaubsbuchung spielt. Fast ein Viertel der Österreich-Fans aus Deutschland ist bereit, mehr für nachhaltige Zusatzleistungen bei ihren Hotelaufenthalten zu zahlen.

50 Best Practice-Beispiele, die von der Österreich Werbung (ÖW) zusammen getragen worden sind und die laufend um neue Vorzeigeprojekte ergänzt werden, sollen Hotelbetrieben, Destinationen und andern Playern in der Tourismusbranche aufzeigen, was möglich ist. ÖW-Chefin Astrid Steharnig-Staudinger, hob beispielhaft das Kunsthaus Wien hervor, das erste Museum Österreichs, das sich für das Umweltzeichen qualifiziert hat.

Gefragtes Umweltzeichen

Insgesamt gibt es mittlerweile mehr als 600 Betriebe, die das Österreichische Umweltzeichen tragen. Dieses wird auf vier Jahre vergeben, anschließend muss man sich neu qualifizieren. 150 Betriebe haben das EU-Eco-Label. "Prozentuell noch nicht viel, aber ein Beginn," sagt Staatssekretärin Kraus-Winkler.

Als Destination haben sich bisher drei Tourismusregionen für das Umweltzeichen qualifiziert: Kleinarl/Wagrein, Seefeld und Saalfelden/Leogang. Nun steht das Burgenland in den Startlöchern. Ziel sei es, das ganze Bundesland für das Umweltzeichen zu zertifizieren, sagt Didi Tunkel, Chef des Burgenland Tourismus.119 Kriterien gelte es abzuarbeiten, vier Mitarbeiter seien dafür abgestellt, aus jeder der drei Tourismusdestinationen des Burgenlands eine Person plus eine vom Burgenland Tourismus. In ein bis eineinhalb Jahren soll der Prozess, der Anfang 2024 gestartet wurde, abgeschlossen sein. "Dann sind wir wohl für längere Zeit das einzige Bundesland, das als Ganzes nachhaltig zertifiziert ist," sagt Tunkel. (Günther Strobl, 5.3.2024)