Kaktus, der aussieht wie ein Penis mit Warzen drauf
Eine sexuell übertragbare Krankheit, so etwas gibt es in meinem Umfeld nicht, denken viele. Doch die Zahlen steigen massiv, und zwar in ganz Europa.
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Sexuell übertragbare Krankheiten sind doch kein Thema mehr, denken viele – doch tatsächlich sind sie stark im Steigen. Das Europäische Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) warnt vor einem beunruhigenden Anstieg von Fällen sexuell übertragbarer Infektionen in Europa. Im Berichtsjahr 2022 habe sich die Zahl der gemeldeten Fälle im Vergleich zum Jahr zuvor deutlich erhöht: Gonorrhö-Fälle nahmen um 48 Prozent zu, Syphilis um 34 Prozent und Chlamydien-Erkrankungen stiegen um 16 Prozent an. Deshalb seien "dringend Sofortmaßnahmen" nötig.

Auch die Fälle von Lymphogranuloma venereum (LGV) und kongenitaler Syphilis – damit ist die Übertragung von der Mutter auf den Fötus gemeint – hätten "erheblich" zugenommen. Die nun veröffentlichten epidemiologischen Jahresberichte geben Aufschluss über die Entwicklung sexuell übertragbarer Infektionen (STI) in der Europäischen Union bzw. im Europäischen Wirtschaftsraum (EU/EWR).

ECDC-Direktorin Andrea Ammon äußert sich besorgt: "Wir müssen der sexuellen Gesundheitserziehung Vorrang einräumen. Tests, Behandlung und Prävention stehen im Mittelpunkt jeder langfristigen Strategie. Deshalb gilt es den Zugang zu Test- und Behandlungsdiensten auszuweiten und die mit STIs verbundene Stigmatisierung zu bekämpfen." Aufklärung sei nötig, damit Menschen informierte Entscheidungen treffen können. So müsse das Wissen um die Bedeutung der konsequenten Verwendung von Kondomen geschärft werden.

Von Chlamydien bis Syphilis

Jede und jeder potenziell Betroffene solle "proaktive Maßnahmen ergreifen, um sich und seine oder ihre Partner zu schützen". Insbesondere bei Personen mit neuen oder mehreren Sexualpartnern sei rechtzeitiges Testen für Früherkennung und schnelle Behandlung unerlässlich. Umso mehr, als einige dieser Infektionen auch asymptomatisch verlaufen und ohne Wissen weitergegeben werden können.

Krankheiten wie Chlamydien, Gonorrhö und Syphilis können unbehandelt zu schwerwiegenden Komplikationen führen, etwa zu entzündlichen Erkrankungen des Beckens oder chronischen Schmerzen. Chlamydien und Gonorrhö können Unfruchtbarkeit verursachen, Syphilis neurologische und kardiovaskuläre Probleme. Eine unbehandelte Syphilis-Infektion während der Schwangerschaft kann schwerwiegende Folgen für das Kind haben.

Zu den STI-Raten im Detail: 2022 wurden 2.059 Fälle von LGV von 23 EU-/EWR-Mitgliedsstaaten berichtet, das ist ein Anstieg um 58 Prozent gegenüber 2021. 84 Prozent der Fälle entfallen laut ECDC auf Spanien, die Niederlande, Frankreich und Belgien. Weiters gab es 70.881 bestätigte Fälle von Gonorrhö in 28 Ländern, die Daten für die Berichte lieferten (Österreich war nicht dabei, Anm.). Laut ECDC war die Melderate somit "die höchste seit Beginn der europäischen Überwachung sexuell übertragbarer Infektionen im Jahr 2009".

In 27 EU-/EWR-Ländern wurden 216.508 bestätigte Fälle einer Chlamydien-Infektion gemeldet. Sie hatten 2019 einen Höhepunkt, gingen während der Corona-Pandemie zurück, ehe 2022 sowohl bei Frauen als auch bei Männern Rekordmelderaten verzeichnet wurden. Bei Syphilis wurden 35.391 Infektionen in 29 EU-/EWR-Mitgliedsstaaten registriert. "Die gemeldeten Syphilisraten waren bei Männern achtmal höher als bei Frauen und am höchsten bei 25- bis 34-jährigen Männern", berichten die Fachleute, nämlich 40 Fälle pro 100.000 Einwohner. Die Mehrzahl (74 Prozent) mit Angaben zur Übertragungskategorie wurde bei Männern gemeldet, die Sex mit Männern haben. (APA, 7.3.2024)