Port-au-Prince – Wegen der Eskalation der Bandengewalt in Haiti hat die Regierung den vor drei Tagen verhängten Ausnahmezustand für die Hauptstadt Port-au-Prince und deren Umgebung um einen weiteren Monat verlängert. Die entsprechende Anordnung wurde am Donnerstag veröffentlicht. Zuvor hatten bewaffnete kriminelle Banden, die bereits große Teile von Port-au-Prince kontrollieren, durch weitere Angriffe auf Strafverfolgungsbehörden ihren Einfluss ausgeweitet.

Die Gewalt in Haiti war eskaliert, während sich Regierungschef Ariel Henry auf einer Auslandsreise in Kenia befand. Bewaffnete Banden, die weite Teile des Landes kontrollieren, griffen den Flughafen nahe Port-au-Prince sowie Gefängnisse und Polizeistationen an und drohten mit einem Bürgerkrieg.

Druck aus den USA

Sie fordern den Rücktritt von Regierungschef Henry, der eigentlich Anfang Februar aus dem Amt scheiden sollte. Henry hatte sich stattdessen Ende Februar mit der Opposition darauf verständigt, bis zur Abhaltung von Neuwahlen "innerhalb von zwölf Monaten" gemeinsam zu regieren.

Mittlerweile drängt auch US-Außenminister Antony Blinken nach Angaben eines US-Diplomaten den Regierungschef des Karibikstaats zu einem politischen Übergang. Blinken habe mit Henry über die dringende Notwendigkeit gesprochen, "den Übergang zu einer breiteren, inklusiveren Regierung zu beschleunigen", die viel mehr politische Kräfte umfasse, sagte der US-Chefdiplomat für Lateinamerika, Brian Nichols, am Donnerstag.

Bewaffnete Banden Haiti
Während einer Kenia-Reise des Präsidenten Henry eskalierte die Gewalt: Banden griffen den Flughafen nahe Port-au-Prince sowie Gefängnisse und Polizeistationen an.
AP/Odelyn Joseph

Gesundheitssystem kurz vor dem Zusammenbruch

"Wir müssen dringend mehr tun", forderte Nichols. Der Konflikt in Haiti erfordere "eine internationale Reaktion" ähnlich den Reaktionen auf den Krieg in der Ukraine oder auf die Kämpfe zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas, sagte der Diplomat. Der US-Außenminister habe mit Guyanas Präsident Irfaan Ali über eine "intensive Diplomatie" der Karibischen Gemeinschaft (Caricom) zur Bewältigung der Krise gesprochen.

Aus Port-au-Prince sind bereits 15.000 Menschen vor der Gewalt geflohen, landesweit wurden bei der jüngsten Gewaltwelle bereits fast 1.200 Menschen getötet. Uno-Menschenrechtskommissar Volker Türk sagte am Mittwoch, die Situation in dem Karibikstaat sei "mehr als unhaltbar". Er forderte die Entsendung einer multinationalen Sicherheitsmission, um ein weiteres Abrutschen des Landes "ins Chaos" zu verhindern.

Haiti steckt seit Jahren in einer schweren Krise, zu der neben Bandengewalt auch politische Instabilität und wirtschaftliche Not gehören. Allein in den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl der auf humanitäre Hilfe angewiesenen Menschen in dem Land nach Uno-Angaben verdoppelt. Nach jüngsten Uno-Angaben steht das Gesundheitssystem kurz vor dem Zusammenbruch, da viele Einrichtungen geschlossen oder ihre Dienste heruntergefahren wurden und es an Medikamenten und Personal fehlt. (APA, 8.3.2024)