Das Rechtsbündnis Demokratische Allianz (AD) gewann die vorgezogenen Neuwahlen vom Sonntag in Portugal mit einem knappen Vorsprung von wenigen tausend Stimmen. Die Wahlkoalition aus der konservativen Sozialdemokratischen Partei PSD und zwei kleineren Formationen um den Spitzenkandidaten Luis Montenegro erzielte 29,49 Prozent der abgegebenen Stimmen und damit 79 Abgeordnete. Die seit 2015 regierenden Sozialisten um Spitzenkandidat Pedro Nuno Santos gewannen 28,66 Prozent und 77 Abgeordnete. Das Verhältnis kann sich immer noch verschieben, da die vier Sitze für die im Ausland lebenden Portugiesen und Portugiesinnen erst in den nächsten Tagen ausgezählt werden.

Pedro Nuno Santos' Sozialisten liegen mit wenigen tausend Stimmen Rückstand auf Platz zwei.
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Luis Montenegro feiert seinen Wahlsieg am Abend.
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Doch egal wie die beiden großen Parteien letztendlich abschneiden, der eigentliche Sieger der Wahl ist die rechtsextreme Chega (Genug), sie erreichte 18 Prozent der Stimmen und damit 48 Abgeordnete. Der Chega-Vorsitzende und ehemalige TV-Moderator André Ventura feierte das "historische Ergebnis" seiner Partei und bot sich noch am Wahlabend als Partner für eine "stabile Regierung" an, allerdings nur, wenn seine Chega mit in einer Koalition sitzt. Eine Minderheitsregierung von Montenegro werde er nicht unterstützen. Kleinere Parteien aus der Mitte und der Linken ziehen nur mit wenige Vertretern in die künftige Versammlung der Republik ein. 2022 hatte die PSD allein 29,1 Prozent erhalten, die Sozialisten 41,4 und die Chega rund 7,2.

André Ventura feiert den Rechtsruck.
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Rücktritt des Regierungschefs

Die vorgezogenen Neuwahlen waren notwendig, nachdem der bisherige sozialistische Ministerpräsident António Costa im vergangenen November der Korruption beschuldigt worden war und unverzüglich zurücktrat, um "die Würde des Amtes nicht zu beschädigen". Wenige Tage darauf stellte sich heraus, dass der Name des mit absoluter Mehrheit regierenden Politikers nur dank eines Transkriptionsfehlers seitens der Staatsanwaltschaft in den Ermittlungsakten gelandet war. Von den Ermittlungen gegen den Ministerpräsidenten blieb nichts. Von denen gegen sein Umfeld nur wenig. Die PS brauchte in aller Eile einen neuen Kandidaten und schickte den ehemaligen Infrastrukturminister Pedro Nuno Santos ins Rennen. Dieser fuhr jetzt eines der schlechtesten Ergebnisse der Sozialisten in der 50-jährigen Geschichte der portugiesischen Demokratie ein, und das obwohl er versprach, an der sozialen Politik Costas, der einen Großteil der Sparmaßnahmen aus der Zeit der Eurokrise rückgängig gemacht hatte, anzuknüpfen.

Korruption im Mittelpunkt

Die Chega hatte im Wahlkampf neben ausländerfeindlichen Parolen vor allem den Kampf gegen die Korruption in den Mittelpunkt gestellt. Sowohl Wahlverlierer PS als auch die PSD, die bei der AD den Ton angibt, sind in mehrere Skandale verwickelt. So war der sozialistische Kandidat Nuno Santos 2022 wegen eines Skandals um hohe Abfindungszahlungen an eine Managerin der staatlichen Luftfahrtgesellschaft TAP als Infrastrukturminister zurückgetreten. Gegen den ehemaligen PS-Chef und Ministerpräsidenten José Socrates läuft das Verfahren, und bei der PSD musste sowohl der Regionalpräsident der Insel Madeira als auch der Bürgermeister der Inselhauptstadt Funchal wegen Korruptionsermittlungen zurücktreten.

"Chaos, die Explosion von Chega und ein Land, das sich (kaum) regieren lässt", titelt etwas ratlos die Tageszeitung "O Público". Denn egal, wer letztendlich vorn liegt, eine Regierungsbildung wird nicht leicht. Der PS-Chef Santos hat keinerlei Möglichkeiten, ein erneutes Linksbündnis zu schmieden. Und AD-Spitzenkandidat Montenegro hatte im Wahlkampf versprochen, auf gar keinen Fall mit der rechtsextremen Chega regieren zu wollen. Er setzte auf eine Zusammenarbeit mit der Liberalen Initiative (IL). Doch diese zieht nur mit acht Vertretern ins Parlament ein. Gemeinsam mit den 76 der AD ist die Mehrheit von 116 im Parlament weit entfernt. (Reiner Wandler, 11.3.2024)