Heimatgefühl, österreichische Identität und österreichische Sprache sind gewichtige Wünsche des ORF-Publikums, zeigt eine Umfrage von Foresight-Marktforscher Christoph Hofinger für den ORF-Publikumsrat. Um österreichische Identität zu fördern, sollte der ORF laut Umfrage verstärkt vor allem Natur und Landschaft, Land, Leute und Handwerk sowie Traditionen und Bräuche covern. Das erinnert, auch wenn viel länger schon Schwerpunkte im ORF, auch ein bisschen an den Fokus von Servus TV.

Dass der ORF einen wichtigen Beitrag für Identität und Heimatgefühl leistet, dem stimmen laut Foresight-Umfrage 24 Prozent sehr und 36 Prozent eher zu.

Logo ORF-Sendung
Für den Publikumswunsch "Land und Leute" hat der ORF schon eine Weile das passende Format im Programm.
ORF

Ihre Wünsche nach mehr: Gleich 61 Prozent der im Herbst 2023 1.002 telefonisch und online Befragten wünschen sich im Sinne der Identität "Natur und Landschaft", 59 Prozent mehr "Land und Leute", 58 Prozent mehr "Handwerk, Tradition und Bräuche" und 53 Prozent Geschichte und Zeitgeschichte. Österreichische Unternehmen nannten 40 Prozent der Befragten als Mittel zur Stärkung der Identität, 35 Prozent den Sport.

Dringender Dialektwunsch

Österreichische Sprache und Dialekt bekommen besonders herausragende Werte, wenn es um Identität geht. 43 Prozent finden sie für die österreichische Identität "sehr wichtig", weitere 29 Prozent "ziemlich wichtig".

Gleich hinter der Sprache finden die meisten Befragten, dass die Berichterstattung des ORF aus den Bundesländern – nicht ganz überraschend – die Vielfalt der regionalen Identitäten fördert; 29 Prozent wählten diesen Punkt.

"Sättigungseffekt" bei Hochkultur

Die Förderung österreichischer Identität ist laut Publikumsrat Andreas Kratschmar ein "relevanter Auftrag aus Sicht des Publikums". Er werde in der Umfrage von Foresight höher bewertet als Kunst und Kultur beziehungsweise die Förderung österreichischer künstlerischer und kreativer Produktionen, referierte der Vorsitzende des Programmausschusses in der Plenarsitzung des Publikumsrats am Donnerstag.

Mit der Kulturberichterstattung seien jene mit Matura zufriedener als jene ohne, zeigte die Umfrage. Für Kratschmar ist hier "Luft nach oben". Nur acht Prozent finden die Kunst- und Kulturangebote beziehungsweise die Berichterstattung kritisch, erklärte der Publikumsrat, entsandt von der ÖVP-Parteiakademie.

"Handlungsbedarf" sieht Kratschmar auf Basis der Umfrage in der Kulturberichterstattung aus Regionen und Bundesländern – davon forderten 35 Prozent mehr. "Beim Bereich Hochkultur ist ein Sättigungseffekt zu beobachten", konstatierte Kratschmar.

Handlungsbedarf gebe es auch bei Angeboten für Kinder und Jugendliche – 43 Prozent forderten mehr davon. Der ORF hat mit Jahresbeginn einen eigenen Streamingchannel für Kinder namens ORF Kids, die Umfrage stammt aus dem Herbst.

Kritik an "ORF fragt": "Erlaubt keine Aussage, was Publikum wirklich denkt"

Eine andere Umfrage des ORF sorgte im Publikumsrat und unter Marktforschern für Skepsis und Kritik: Die Onlinebefragung "ORF fragt" über die Weltsicht und Befindlichkeit des Publikums habe den Eindruck erweckt, es handle sich um eine wissenschaftlich fundierte Befragung. Man einigte sich im Programmausschuss des Publikumsrats, dass der ORF die Onlinebefragung in seiner Kommunikation als nicht repräsentativ ausweist und nur als fachlich "begleitet". Der Onlinefragebogen, den man nach dem Löschen von Cookies auch mehrfach beantworten konnte, wurde laut ORF von 14. Februar und bis 6. März mehr als 90.000 Mal ausgefüllt.

Publikumsrat Matthias Karmasin (entsandt von der Akademie der Wissenschaften) berichtete am Rande der Sitzung, dass sich Marktforscher und Wissenschaft daran gestört hätten, wenn der "Anschein empirischer Sozialforschung" erweckt würde. Aus seiner Sicht geht es um "Interaktion mit dem Publikum" und eine PR-Maßnahme des ORF.

Im Publikumsrat empfahl Karmasin dann: Wenn man die Sicht des Publikums wissen wolle, dann möge man wie das ORF-Gremium repräsentative, professionelle Befragungen in Auftrag geben und keine selbstgestrickten Onlinebefragungen veranstalten, die "weder repräsentativ sind noch irgendetwas abbilden". Onlinebefragungen wie "ORF fragt", so Karmasin, "erlauben keine Aussage darüber, was das Publikum wirklich denkt". (fid, 14.3.2024)