In der Vergangenheit war Tor ein Akronym für The Onion Routing bzw. Router.
AP/Cheyenne Cohen

Zeitgerecht zum Welttag gegen Internetzensur hat das Tor-Projekt vor wenigen Tagen die Einführung der sogenannten Webtunnel vorgestellt. Die neue Art, sich mit dem Tor-Netzwerk zu verbinden, soll das Internet nach Angaben der Entwickler Nutzern in Ländern wie Russland oder in Zukunft auch im Iran frei zugängig machen.

"Die Entwicklung verschiedener Arten von Brücken ist entscheidend, um Tor widerstandsfähiger gegen Zensur zu machen und den Gegnern in der hochdynamischen und sich ständig verändernden Zensurlandschaft einen Schritt voraus zu sein", schreibt die Organisation im zugehörigen Blogeintrag."Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das globale Wahljahr 2024, in dem Zensurumgehungstechnologien eine entscheidende Rolle bei der Verteidigung der Internet-Freiheit spielen", so das Tor-Projekt.

Wie funktioniert ein Webtunnel?

Das Tor-Projekt beschreibt den Vorgang, mit dem es die wahren Verbindungen des Nutzers maskiert, in seinem Blogbeitrag im Detail. Vereinfacht gesagt imitiert der Webtunnel nach dem Vorbild von HTTPT den verschlüsselten Datenverkehr von HTTPS. Diese Imitation lässt den Datenverkehr des Nutzers für einen unbeteiligten Beobachter wie eine normale HTTPS-Verbindung aussehen. Diese Ähnlichkeiten seien so groß, dass "Webtunnel mit einer Webseite auf dem gleichen Netzwerkendpunkt koexistieren kann, d. h. mit derselben Domäne, IP-Adresse und demselben Port".

Außerdem heißt es, dass Webtunnel im Gegensatz zu den zuvor benutzten obfs4-Bridges in der Lage ist, regulären Webverkehr zu imitieren, was bedeutet, dass es "in Szenarien effektiver ist, in denen es eine Liste mit zulässigen Protokollen und eine Netzwerkumgebung gibt, die standardmäßig verweigert wird". Die obfs4-Bridges und deren Vorgänger sind darauf ausgelegt, den gesamten Datenverkehr eines Nutzers einzigartig zu verschlüsseln. Diese Einzigartigkeit hatte zur Folge, dass mit der genannten Taktik diese Brückenverbindungen herausgefiltert werden konnten.

Tor vergleicht den Internetzensurprozess mit der Sortierung von Münzen in einem Verkaufsautomaten. Haben die Geldstücke das richtige Gewicht und die richtige Form, werden sie von dem Automaten angenommen. Genauso funktioniert die Sortierung von Datenverkehr in von Zensur belasteten Ländern. Die obfs4-Bridges haben mit ihrer Einzigartigkeit nicht die richtige Form. So können sie die Zensurmechanismen nicht so wie Webtunnel umgehen, das die Form von HTTPS annimmt.

In den erweiterten Einstellungen können Besitzer der neuesten Tor-Browser Version schon über 60 Brückenverbindungen auswählen. Die Adresse muss hierbei nach Lösung eines Captchas manuell in die Browserleiste kopiert werden. In Zukunft wollen sie die Brückenadressen auch über andere Wege, etwa über den Messenger-Dienst Telegram, anbieten können. (gld, 14.3.2024)