Nach dem Tod des inhaftierten Regimekritikers Alexej Nawalny Mitte Februar wurde auch die russische Botschaft in Wien zum Ort des Protests. Zwei der dort tätigen Diplomaten sollen Österreich nun verlassen.
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Zwei russische Diplomaten wurden von Österreich zu unerwünschten Personen erklärt, spätestens bis zum 19. März müssen sie das Staatsgebiet verlassen. Hier die wichtigsten Details.

Frage: Warum weist Österreich die beiden russischen Diplomaten aus?

Antwort: Die Formulierung, die das Außenministerium zur Begründung verwendete, blieb auf einer sehr allgemeinen Ebene: Die beiden hätten "Handlungen gesetzt, die mit ihrem diplomatischen Status unvereinbar sind." Meistens versteckt sich hinter diesem Satz der Vorwurf, die Betroffenen hätten den Aufenthalt im Gastland für Spionagetätigkeit missbraucht.

Frage: Bei Spionage geht es in der Regel um die Weitergabe von Informationen. Gehört aber nicht genau das zu den Kernaufgaben jeder diplomatischen Vertretung?

Antwort: Der mögliche Graubereich zwischen professioneller Informationsbeschaffung und geheimdienstlicher Aktivität mag das Benennen und Belegen konkreter Vorwürfe bisweilen erschweren. Dennoch gibt es klare Grenzen, jenseits derer von Arbeit im Rahmen einer diplomatischen Entsendung keine Rede mehr sein kann. Das betrifft etwa die illegale Beschaffung von Informationen mittels Kontaktpersonen, Datenklau oder Abhörmaßnahmen. Zudem besteht geheimdienstliche Tätigkeit nicht einfach nur im Aushorchen und Ausspähen, sondern sie kann auch die aktive Beeinflussung von Strukturen im Gastland durch die Verbreitung von Desinformation oder das Observieren und Drangsalieren regierungskritischer Staatsbürger des Entsendelandes umfassen.

Frage: An welchen Positionen haben die Ausgewiesenen gearbeitet?

Antwort: Viele Staaten haben in Wien zwei oder mehrere Botschaften. Das liegt daran, dass die österreichische Hauptstadt Sitz vieler Organisationen wie etwa der UN oder OSZE ist, die oft von eigenen Vertretungen abgedeckt werden. Vorerst wurde nur bekannt, dass die ausgewiesenen Russen an der bilateralen Botschaft in Österreich tätig waren. Im bilateralen Bereich listet das entsprechende Verzeichnis des österreichischen Außenministeriums aktuell übrigens 60 russische Diplomaten auf: 56 davon sind für die Botschaft in Wien akkreditiert, vier für das Generalkonsulat in Salzburg.

Frage: Wie hat Russland auf die Ausweisungen reagiert?

Antwort: Laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass bezeichnete das Außenministerium in Moskau die Ausweisungen als "grundlos" und verurteilte den Schritt aufs Schärfste. Auch die russische Botschaft in Wien hatte sich zuvor in einer Erklärung "entrüstet" gezeigt: Es handle sich um eine "rein politische Entscheidung der österreichischen Behörden, die wir kategorisch zurückweisen". Zu gegebener Zeit würden Vergeltungsmaßnahmen ergriffen werden, hieß es. Damit ist häufig die reziproke Ausweisung von Diplomaten aus dem jeweils anderen Land gemeint. Wenig später wurde bekannt, dass Russland den österreichischen Botschafter ins Außenministerium in Moskau vorladen wird.

Frage: Gab es ähnliche Fälle in der Vergangenheit?

Antwort: Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 wurden – die aktuellen Fälle eingerechnet – zehn Diplomaten aus Österreich ausgewiesen: Im Februar des Vorjahres waren vier Diplomaten betroffen, darunter zwei in der russischen Vertretung bei den internationalen Organisationen, im April 2022 ebenfalls vier, als Reaktion auf das Massaker von Butscha. Andere Länder, darunter Polen oder Tschechien, haben bereits eine weitaus höhere Zahl von Diplomaten ausgewiesen. Manche haben sogar nichtpersonenspezifische Maßnahmen gesetzt, also die Kontingente für die diplomatischen Akkreditierungen für Russland reduziert.

Frage: Warum gibt es im Zusammenhang mit den Aktivitäten Russlands in Österreich derzeit wieder neue Vorwürfe gegen die FPÖ?

Antwort: Die Wochenzeitung "Falter" berichtet in ihrer aktuellen Ausgabe von einem "Dossier", das ihr zugespielt worden sei. Darin gehe es unter anderem um die Verbindungen zwischen Russland und den Freiheitlichen. Es enthalte aber auch die Namen russischer Diplomaten, die zur Spionage eingesetzt worden seien. Offenbar zählen die Namen der nun von Österreich ausgewiesenen Russen dazu.

Frage: Wie gestaltet sich die Nähe der Blauen zu Putins Regime?

Antwort: Der jetzige FPÖ-Chef Herbert Kickl zum Beispiel hat als Innenminister offenbar tatkräftig an einer engeren Beziehung zu Russland gearbeitet. Im Oktober 2018 wollte Kickl mit seinem russischen Amtskollegen einen "möglichst unkomplizierten Datenaustausch und einen unkomplizierten Einsatz von Polizeikräften im jeweils anderen Land" verhandeln. Auch für "die Gewährleistung einer sicheren Kommunikation jenseits der Diplomatenpost" wollte sich Kickl einsetzen. Ein Sprecher des FPÖ-Chefs sagt zum "Falter", das sei alles "Teil der österreichischen Sicherheitsstrategie" gewesen. (Sebastian Fellner, Gerald Schubert, 14.3.2024)