Blick auf das Lenzing-Werk in Oberösterreich
Lenzing hat den Konjunkturabschwung voll zu spüren bekommen und sich einen Sparkurs verordnet.
FOTOKERSCHI/WERNER KERSCHBAUMMAY

Bei Lenzing ist der Fadenriss noch nicht behoben, der börsennotierte Faserhersteller muss aufgrund schwacher Marktnachfrage weiter sparen und auf bessere Zeiten hoffen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat das Unternehmen aus Oberösterreich mit Standorten rund um die Welt einen Nettoverlust von 593 Millionen Euro angehäuft. Aufgrund widriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, die sich so bald nicht bessern würden, habe man den Wert von fünf Produktionswerken um 465 Millionen Euro abgeschrieben, gaben Lenzing-Chef Stephan Sielaff und Finanzvorstand Nico Reiner bei der Bilanzpräsentation am Freitag bekannt.

In die roten Zahlen ist Lenzing bereits im Jahr davor gerutscht. 2022 belief sich das Ergebnis nach Steuern auf minus 37,2 Millionen Euro. Eingeleitete Maßnahmen zur Kostensenkung sind im vergangenen November durch ein Stellenabbauprogramm ergänzt worden, das noch in Umsetzung ist. Dabei geht es um 500 Vollzeitstellen, die unter anderem durch Pensionierungen und nicht Nachbesetzungen eingespart werden sollen. In Österreich sind 80 Arbeitsplätze betroffen.

Stellenabbau

"Der Stellenabbau ist weit fortgeschritten, aber nicht abgeschlossen", sagte Konzernchef Sielaff. Darüber hinaus sei derzeit kein Abbauprogramm vorgesehen. Per Ende Dezember 2023 waren bei Lenzing weltweit rund 7.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) beschäftigt.

Die von Abschreibungen betroffenen Lenzing-Werke befinden sich in Indonesien, Österreich, China, Thailand und USA. Die Gründe für die Sonderabschreibungen sind laut dem oberösterreichischen Faserhersteller einerseits weiterhin bestehende Unsicherheiten im wirtschaftlichen Umfeld und andererseits nach wie vor erhöhte Rohstoff- und Energiekosten sowie erhöhte Diskontierungssätze durch das geänderte Zinsumfeld.

Lenzing verarbeitet Holz zu Zellstoff und stellt daraus Fasern für die Modebranche, Handel, Industrie, Kosmetik und Hygiene her. Der Konzernumsatz lag 2023 nahezu unverändert bei 2,5 Milliarden Euro. Positiv entwickelte sich in der Berichtsperiode auch der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda), der sich gegenüber 2022 um ein Viertel auf 303,3 Millionen Euro verbessert hat.

Stärkere Diversifizierung

Die Senkung der Personalkosten sei Teil eines Kosteneinsparprogramms, zu dem in Summe über 1.000 Initiativen zählten, sagte Sielaff. 100 Millionen Euro müsse der Konzern einsparen, die Hälfte heuer, die andere Hälfte bis Ende 2025.

Lenzing hat in den vergangenen Jahren die stark schwankende Nachfrage nach Textilfasern für Fashion, Heimtextilien und Outdoorbekleidung deutlich zu spüren bekommen und musste den Personalstand flexibel nach oben oder unten anpassen. Um die Geschäftsschwankungen etwas zu reduzieren, werde man den Faser-Bereich für Kosmetikartikel und Hygieneprodukte (Vliesstoffe) weiter ausbauen, kündigte Sielaff an.

Aktie verliert stark

An der Wiener Börse musste die Lenzing-Aktie in den vergangenen zwölf Monaten kräftig Federn lassen, der Aktienkurs ging um knapp 50 Prozent auf rund 30 Euro zurück. Auch am Freitag war das Lenzing-Papier zeitweise fast zweistellig im Minus.

Entwarnung für 2024 möchte der Lenzing-Vorstand für heuer noch nicht geben, die Unsicherheiten hielten an. Man gehe aber "von einem höheren Ebitda im Vergleich zum Vorjahr aus", sagte der Lenzing-Chef. Mittelfristig rechne man mit einem steigenden Bedarf an umweltverträglichen Fasern für die Textil- und Bekleidungsindustrie sowie die Hygiene- und Medizinbranchen. (Günther Strobl, 15.3.2024)