Der "Fortnite"-Entwickler gerät immer wieder mit anderen Tech-Konzernen aneinander.
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Der US-amerikanische Spielentwickler und Marktplatzbesitzer Valve ist gerade in eine Kartellrechtsklage verstrickt. Dem Unternehmen wird vom Indie-Developer Wolfire Games vorgeworfen, mit einer Reihe von Taktiken ihre monopolartige Position zu verteidigen, um den Preis von Spielen auf der Plattform zu kontrollieren. Nachdem Valve erfolglos versucht hatte, die Klage abzuweisen, sind in der Ermittlungsphase eine Vielzahl an internen E-Mails offengelegt worden. Darunter auch ein höchst emotionaler Austausch zwischen den Entscheidungsträgern von Valve und dem Epic-Games-CEO Tim Sweeney.

Fehlinformation als Auslöser

Die erste von zwei E-Mail-Ketten startete im Jahr 2017 aufgrund einer Falschmeldung eines Valve Mitarbeiters namens Sean Jenkins. Eine durchgesickerte Nachricht aus dem Entwicklerforum von Steam in der eben jener Jenkins erklärte, dass der Marktplatz aufhören würde, gratis Keys an Entwickler zu vergeben. Keys sind Codes, mit denen Spiele gratis heruntergeladen werden können.

Am 12. August 2017 schrieb Gabe Newell, der CEO von Valve, eine E-Mail an Tim Sweeney: "Gibt es irgendetwas, das wir tun, um dich zu ärgern? Wir vermuten, dass Sean Jenkins' öffentliche Dummheit ein Teil davon sein könnte." Die Antwort des Epic-Games-CEO ließ nicht lange auf sich warten. Sweeney antwortete Newell und dem Projektmanager Erik Johnson, dass er weder verärgert sei noch je von Sean Jenkins gehört habe. Ein Thema schien den Epic-CEO dennoch nicht loszulassen. Die 30-prozentige Plattformgebühr schien Sweeney schon damals als viel zu hoch angesetzt, und aus dieser Ansicht machte er auch kein Geheimnis.

"In den Anfängen gab es gute Argumente für (solche Gebühren)", schreibt Sweeney, "aber jetzt ist der Umfang an Spielen groß, und die operativen Kosten sind gesunken." Im derzeitigen Markt steige die Zahl der Spieleveröffentlichungen so rasant, dass der Marketing-Wert, den das Schaufenster auf der Steam-Startseite bietet, in keinem Verhältnis mehr zu den Gebühren steht, so der CEO. Sweeney führte fort, dass Valve bis auf die Top 25 meistverkauften Spiele stets mehr als die eigentlichen Entwickler verdiene. Die Rechnung des CEOs lautet so: 30 Prozent für Valve, 30 Prozent für Marketing und 15 Prozent für Server-/Engine-Kosten, sodass eigentlich nur noch 25 Prozent für die eigentliche Entwicklung des Spiels übrig bleiben, was schlimmer sei als die "Preispolitik der Einzelhändler der 1990er-Jahre".

Ring frei! Zweite Runde

Ob Valve auf die aufgeladene E-Mail Sweeneys reagiert hat, lässt sich aus den Gerichtsdokumenten nicht herauslesen. Vielleicht verschärfte der Epic-Games-Mitbegründer deshalb in der nächsten Korrespondenz seinen Ton. Im Zuge einer Tarifänderung im Jahr 2018, bei der die beliebtesten Spiele nur noch 20 Prozent ihres Verkaufspreises an den Marktplatz abtreten mussten, meldete sich Sweeney erneut bei Valve. Er sagte den Entscheidungsträgern ein weiteres Mal die Meinung und kündigte seinen eigenen Marktplatz an.

"Im Moment erzählt ihr Arschlöcher der Welt, dass die Starken und Mächtigen Sonderkonditionen bekommen, während 30 Prozent für die kleinen Leute sind", schreibt Sweeney, "Warum sollten nicht alle Entwickler einen besseren Deal bekommen?" Weiter kritisierte der CEO auch Apple und deren Monopolstellung bei App-Marktplätzen und wirft dem Unternehmen vor, "Hinterzimmer-Deals mit großen Verlagen abzuschließen". Die Flat-Rate des eigenen Epic-Game-Stores bei zwölf Prozent zeigen, dass der CEO zu seinen Worten steht und es besser machen wollte als die Konkurrenz.

Auch diese E-Mail des erzürnten Epic-Chefs scheint unbeantwortet geblieben zu sein. Nur eine firmeninterne Weiterleitung der Mail durch den COO Scott Lynch kommt in den juristischen Dokumenten vor. Mit den durch Memes vorbelasteten Worten "you mad bro?" (Englisch für "Bist du wütend Bruder?") sendete er die Nachricht, ohne sie wirklich zu beantworten, an seine Kollegen weiter.

Wie es mit Wolfire und der Kartellrechtsklage weitergeht, ist noch unklar. Während sich viele fragen, wie sich ein kleiner Entwickler einen solch teuren Rechtsstreit leisten kann, scheinen diverse Vorwürfe gegen Valve ohnehin nicht wirklich schlüssig zu sein, was den Prozess verlängern könnte. Bis zu einem möglichen Ergebnis wird es also noch dauern. Ob noch weitere E-Mail-Konversationen im Laufe des Prozesses auftauchen, darf nur vermutet werden. (gld, 15.3.2024)