Das Wuhan Institute of Virology in der chinesischen Hubei-Provinz, das der Ursprung des Virus gewesen sein könnte, wenn es nach der neuen Studie geht.
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Der Ursprung des Sars-CoV-2-Virus, das die Krankheit Covid-19 verursacht, ist nach wie vor ungeklärt. Das Virus könnte durch Tiere auf Menschen übergesprungen sein. Laut dieser Hypothese spielt der Huanan-Tiermarkt in Wuhan eine wichtige Rolle. Dort waren offenbar illegal Tiere gehandelt worden, die das Virus trugen. Doch es gab auch Hinweise, die zu einem Virologie-Institut in der chinesischen Millionenstadt führen. Dort wird an Coronaviren geforscht. Das US-Energieministerium hielt letztes Jahr einen Laborunfall für wahrscheinlicher. Die Auseinandersetzung darüber tobt seit Februar 2020, seither wurden Dutzende Studien darüber veröffentlicht, ohne die Frage eindeutig zu klären.

Nun stützt eine neue Studie diese Version. Eine Risikoanalyse einer Forschungsgruppe um Xin Chen von der University of New South Wales in Australien ergab, dass die "Laborhypothese" wahrscheinlicher sei. Das Ergebnis wurde nun in einer Studie im Fachjournal "Risk Analysis" publiziert.

Für die Analyse nutzte das Team ein Analysetool namens Grunow-Finke-Instrument, kurz mGFT. Es wurde von der deutschen Bundeswehr zu Beginn der 2000er-Jahre entwickelt, um Angriffe mit Erregern als Biowaffen zu untersuchen.

Das Ergebnis ist, dass "die Möglichkeit eines Laborursprungs nicht einfach ausgeschlossen werden kann", wie es in der Studie heißt. Mehr noch, die Untersuchung kommt zum Schluss, "dass ein unnatürlicher Ursprung von Sars-CoV-2 plausibel ist, und unsere Anwendung der mGFT legt nahe, dass dies wahrscheinlicher ist als ein natürlicher Ursprung, obwohl beides möglich bleibt".

Zweifel von Fachleuten

Doch nicht alle Experten teilen diese Einschätzung. In der "Neuen Zürcher Zeitung" sagt Roman Wölfel, der heutige Leiter des Bundeswehr-Instituts für Mikrobiologie, das die Analysetools konzipierte: "Das Instrument war nicht dafür gedacht, zwischen dem natürlichen Ursprung einer Krankheit und einem möglichen Laborunfall zu unterscheiden. Es ist ein Hilfsmittel, um in einer unklaren und eventuell heiklen Situation schnell eine erste Einschätzung zu bekommen."

Das Team aus Australien hat das Grunow-Finke-Instrument vor einigen Jahren weiterentwickelt und diese Variante auch publiziert. Bei einigen Epidemien kam das angepasste Tool zu richtigen Ergebnissen, etwa bei der Hasenpest im Jahr 1999 im Kosovo. Doch es gab auch Irrtümer. Die Mers-Epidemie ordnete es fälschlicherweise als nicht natürlich ein, obwohl der natürliche Ursprung dort belegt ist.

Für Wölfel zeigt das, dass man die Ergebnisse der neuen Studie mit Vorsicht genießen sollte. Zwar dürfe man die Laborhypothese nicht zu den Akten legen. Doch: "Es gibt keinerlei wissenschaftliche Hinweise darauf, dass Sars-CoV-2 absichtlich als biologischer Kampfstoff entwickelt wurde", sagt Wölfel. (rkl, 15.3.2024)