Nikol Paschinjan
Nikol Paschinjan warnt davor, dass ein neuer Krieg ausbrechen könnte, wenn vier Dörfer nicht an Aserbaidschan zurückgegeben werden.
IMAGO/ITAR-TASS

Tiflis – Ein halbes Jahr nach dem Verlust der Kontrolle über die Region Bergkarabach an Aserbaidschan warnt Armeniens Ministerpräsident Nikol Paschinjan vor einem neuen Krieg mit dem Nachbarn. Sollte Armenien nicht auch der Rückgabe von vier aserbaidschanischen Dörfern zustimmen, die es seit den frühen 1990er-Jahren kontrolliert, könnte es "bis Ende der Woche" zu einem Krieg kommen, zitierte die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass Paschinjan am Dienstag. "Ich weiß, wie so ein Krieg enden würde", fügte er hinzu.

Paschinjan äußerte sich dem Bericht zufolge vor Bewohnern der Grenzregion, in der die seit mehr als 30 Jahren unbewohnten Dörfer liegen. Armenien hatte im vergangenen September eine bittere Niederlage erlitten, als aserbaidschanische Truppen in einer Blitzoffensive Bergkarabach unter ihre Kontrolle brachten. Die geschätzt etwa 100.000 ethnischen Armenier in der Region flohen daraufhin nach Armenien. Anschließend zeigten sich beide Nachbarn bereit, einen offiziellen Friedensvertrag zur Beilegung des jahrzehntelangen Konflikts zu unterzeichnen. Die Gespräche gerieten jedoch wegen Meinungsverschiedenheiten wie etwa der Demarkation der 1.000 Kilometer langen gemeinsamen Grenze ins Stocken. Aserbaidschan besteht zudem auf die Rückgabe der vier Dörfer und mehrerer kleiner Enklaven.

Strategisch wichtige Straße

Für Armenien wiederum sind die Dörfer strategisch relevant, da sie an einer wichtigen Verbindungsstraße zwischen der Hauptstadt Eriwan und der georgischen Grenze liegen. Paschinjan hat in den vergangenen Wochen allerdings Bereitschaft signalisiert, von Armenien kontrolliertes aserbaidschanisches Land zurückzugeben, und vorgeschlagen, das Straßennetz Armeniens umzuleiten, um aserbaidschanisches Territorium zu umgehen.

Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew hatte am Sonntag erklärt, ein Friedensabkommen mit Armenien sei "näher denn je zuvor". Er äußerte sich nach Gesprächen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Aserbaidschans Hauptstadt Baku. Am Dienstag traf Stoltenberg Paschinjan in Armenien. Normalerweise ist das Land mit Russland verbündet. Doch das Verhältnis ist belastet. Eriwan hat Moskau vorgeworfen, seiner Rolle als Schutzmacht nicht gerecht geworden zu sein, und in der Folge seine Außenpolitik mehr auf den Westen ausgerichtet. (Reuters, 19.3.2024)