Raiffeisen-Bank-Logo in Russland
Hochrangige Vertreter des US-Finanzministeriums drängten die österreichische Bank dazu, von ihren Plänen abzurücken.
REUTERS/Tatyana Makeyeva

Wien – Es ist eine komplexe Transaktion in mehreren Schritten. Es geht um Russland und den sanktionierten Oligarchen Oleg Deripaska. Der Deal ist also ebenso heikel wie umstritten. Aber geht er durch, dann winken der Raiffeisen Bank International (RBI) 1,5 Milliarden Euro. Doch nun könnte das ganze Projekt doch noch platzen, aufgrund des Widerstands der USA.

Worum es geht: Die RBI plagt sich seit mehr als zwei Jahren mit ihrem Engagement in Russland. Als eine der letzten großen westlichen Banken ist die Raiffeisen im Reich Wladimir Putins verblieben und erwirtschaftet mit ihrer Tochterbank üppige Gewinne. Außer Landes bringen kann sie dieses Geld sanktionsbedingt aber nicht, in Summe geht es da um mehr als drei Milliarden Euro. Dazu, den russischen Markt zu verlassen, konnte sich die Bank bisher nicht entschließen. Ende 2023 schien das Institut unter seinem Chef Johann Strobl eine Lösung für das Problem gefunden zu haben. Durch den sogenannten Deripaska-Deal.

Kurz beschrieben: Die RBI sollte streng genommen nicht an ihr Geld in Russland kommen, dafür aber eine Beteiligung am Baukonzern Strabag erhalten. Im ersten Schritt soll der seit zwei Jahren sanktionierte Oligarch Deripaska seine rund 28 Prozent umfassenden Anteile an der Strabag, die er über die Rasperia Trading Limited hält, an eine russische Firma verkaufen. Diese soll sie an die RBI-Tochter in Russland weiterverkaufen, für 1,51 Milliarden Euro. Die RBI in Russland würde dann im letzten Schritt ihre Anteile an der Strabag in Form einer Sachdividende an die Konzernmutter in Österreich übertragen.

Spiel auf Zeit

Das wollen die US-Amerikaner offenbar verhindern. Hochrangige Vertreter des US-Finanzministeriums drängen die österreichische Bank dazu, von ihren Plänen abzurücken, sagten mehrere mit der Situation vertraute Personen zur Nachrichtenagentur Reuters. "Dieser Deal kann nach hinten losgehen", wird ein Insider zitiert. Sollte die RBI das Geschäft durchziehen und sich dann herausstellen, dass gegen US-Sanktionen verstoßen wird, könnten die Amerikaner Strafen gegen die Bank verhängen. Die USA hätten die Bank aufgefordert, Einzelheiten über die Personen und Unternehmen zu nennen, die an dem Deal beteiligt seien, heißt es. Über die russischen Käufer der Strabag-Anteile ist in der Öffentlichkeit tatsächlich fast nichts bekannt.

Finanzmarktexperten sagen, dass die USA wild entschlossen seien, die Sanktionen gegen Russland durchzusetzen, die RBI aber offenbar auf Zeit spiele und glaube, ihren Deal aus formaljuristischen Gründen durchziehen zu können. RBI-Chef Strobl hatte das Closing des Deripaska-Geschäfts noch für das erste Quartal 2024 angekündigt, also in den kommenden zehn Tagen müsste es so weit sein.

Die RBI ist schon länger im Visier der USA. So hat etwa die US-Sanktionsbehörde Office of Foreign Assets Control (OFAC) der Bank vor einem Jahr einen Brief mit einer Reihe von Fragen zu ihrem Russland-Geschäft geschickt. Die Behörde fühlte sich nicht informiert. Inzwischen sollen schon Vertreter des US-Justizministeriums mehrfach in Wien gewesen sein, um das Russland-Geschäft zu hinterfragen. Anfang März hatte die RBI außerdem Besuch von einer hochrangigen Vertreterin des US-Finanzministeriums, Anna Morris.

Im Vorfeld dieses Besuchs verschickte die US-Botschaft in Wien eine Presseaussendung, die es in sich hatte. Kernbotschaft lautete, dass westliche Banken "Maßnahmen ergreifen sollen, um von Geschäften im Bereich von Russlands militärisch-industrieller Basis Abstand zu nehmen". Sollte das nicht geschehen, riskiere man, "vom US-Finanzsystem ausgeschlossen zu werden". Sprich: Allenfalls betroffene Banken hätten keinen Zugang mehr zu Dollar-Geschäften.

An der Börse stürzte der Aktienkurs der RBI nach der Meldung über den Widerstand aus Washington um bis zu 15 Prozent ab. Die Bank selbst sagt zu alldem: In den letzten Wochen habe die RBI alle relevanten Behörden, einschließlich des US-Finanzministeriums und der OFAC, über die Einzelheiten der Strabag-Transaktion informiert. Darüber hinaus sei bestätigt worden, dass es keinen US-Bezug zu dieser Transaktion gebe. "Es versteht sich von selbst, dass die RBI keine Geschäfte tätigen wird, die gegen Sanktionen verstoßen oder die RBI dem Risiko von Sanktionen aussetzen würden." (Renate Graber, András Szigetvari, 20.3.2024)