ABD0114_20240321 - MARBELLA - SPANIEN: Michael Gregoritsch mit Teamkollegen während des Trainings des ÖFB-Nationalteams am Donnerstag., 21. März 2024, in Marbella. Das österreichische Fußball-Nationalteam absolviert einen Lehrgang bis 22. März 2024 in Marbella. - FOTO: APA/ROBERT JAEGER
APA/ROBERT JAEGER

Marbella - Michael Gregoritsch genießt das neue Standing, das er sich nicht nur im österreichischen Fußball-Nationalteam, sondern auch in der heimischen Öffentlichkeit erarbeitet hat. Der 29-jährige Steirer ist aktuell Österreichs Einserstürmer. Seine Tore sollen der ÖFB-Auswahl bei der EM in Deutschland durch eine schwierige Gruppe helfen. "Es ist ein Riesenkompliment, dass sehr viel Hoffnung in mich gesetzt wird", erklärte Gregoritsch am Donnerstag im Team-Trainingscamp in Marbella.

Im Vorjahr war Gregoritsch mit fünf Toren in acht Länderspiel-Einsätzen der treffsicherste ÖFB-Akteur. Mit zwei Toren und zwei Assists präsentierte er sich zuletzt auch beim SC Freiburg in Topform - auch wenn er bei seinem Club zuletzt immer wieder nur als "Joker" zum Zug kam. Nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Sasa Kalajdzic (Kreuzbandriss) und den wiedergekehrten muskulären Problemen von Marko Arnautovic wird bei der EM viel von ihm abhängen.

"Schöne Sache"

"Für mich ist das kein Druck, sondern eine total schöne Sache, dass die Leute in Österreich das so wahrnehmen, dass ich wichtig werden könnte für die Mannschaft", betonte Gregoritsch. "Es ist ein gewisses Vertrauen, das man bekommt. Wenn so viele Leute an dich glauben, ist das eine zusätzliche Motivation."

Zwölf Tore hat der Sohn von U21-Teamchef Werner Gregoritsch in bisher 51 Länderspielen für Österreich erzielt. Lange musste er sich aber hinter Stürmern wie Marc Janko, Martin Harnik oder zuletzt Arnautovic anstellen. "Da war es schwer vorbeizukommen", gestand Gregoritsch. Der 2022 erfolgte Wechsel vom Abstiegskandidaten Augsburg zum Europacup-Teilnehmer Freiburg spielte eine Rolle. "Wenn du im Verein funktionierst und international spielst, und nicht mit Augsburg um Platz 15, verändert sich die Wahrnehmung."

Gesetzt

Mittlerweile ist er aus der ÖFB-Offensive nicht mehr wegzudenken. Auch das Zusammenspiel mit Arnautovic funktioniere mittlerweile. "Das ist schön." Besonders gut lief es zuletzt allerdings mit Christoph Baumgartner, mit dem er eng befreundet ist. "Da ist ein blindes Verständnis, das merkt man auch", sagte Gregoritsch über den Leipzig-Offensivmann. "Wenn man mit einem Menschen außerhalb des Platzes bestbefreundet ist, macht das auch auf dem Platz sehr viel aus."

Gregoritsch als Fixpunkt im Sturmzentrum, Baumgartner als Freigeist rund um ihn - so sah nicht zuletzt im Test Ende November gegen Deutschland (2:0) das Erfolgsrezept von Teamchef Ralf Rangnick aus. "In dieser Mannschaft ist es aber grundsätzlich sehr cool zu spielen", betonte Gregoritsch. "Weil wir großen Zug zum Tor haben, ein gutes Pressing, gute Ballbesitzphasen - das ist ein Spiel, das man sich als Stürmer wünscht."

Erfolg soll das auch bei der EM bringen. Die schweren Gruppengegner Frankreich und Niederlande wollte Gregoritsch nicht überbewerten. "Das ist eines der größten Erlebnisse, die man haben kann", sagte der Angreifer über seine zweite EM-Teilnahme. "Ich lechze schon sehr danach." Ein Turnier sei etwas anderes als eine normale Länderspiel-Pause, nach der man zu seinem Club zurückkehre. "Wenn du dort nicht lieferst, bist du erledigt."

Liefernder Joker

In Freiburg hat Gregoritsch zuletzt geliefert. Seine Jokerrolle hatte mitunter auch mit der taktischen Ausrichtung zu tun, habe ihm Trainer Christian Streich erklärt. Der Langzeit-Coach verlässt den Club mit Saisonende nach zwölf Jahren. "Er hat einen sehr angenehmen Umgang mit mir. Ich habe menschlich total viel gelernt in den eineinhalb Jahren - und fußballerisch sowieso", meinte Gregoritsch.

Als Streich-Nachfolger steht Julian Schuster praktisch fest. "Bild"-Zeitung und "kicker" vermeldeten die Beförderung des Freiburger Ex-Kapitäns, der bisher als Verbindungstrainer zwischen Profis und Nachwuchs tätig war, bereits am Mittwoch als perfekt. "Ich habe mit Julian immer ein sehr, sehr cooles Verhältnis gehabt", sagte Gregoritsch. Schon bisher habe er mit dem 38-Jährigen oft zusammen Einzelvideos studiert. "Ich war von ihm total begeistert, was er für ein fußballerisches Verständnis hat."

Freiburg hat die Personalie noch nicht offiziell bestätigt. "Es ist super, wenn Julian weiß, dass er sich auf uns erfahrene Spieler verlassen wird können. Er weiß, er hat da Jungs drinnen, die vertrauen ihm, die hören zu und wollen besser werden. Genau so einen Umgang haben wir jetzt mit ihm", erklärte Gregoritsch. Er sei "völlig überzeugt", dass Schuster den Club noch einmal weiterbringen könne.

Er selbst will in der ewigen Scorerliste von ÖFB-Spielern in der deutschen Bundesliga mit 55 Treffern möglichst schnell zu Andreas Herzog (59) aufschließen. Vor ihm wären dann nur noch Toni Polster (90), Wilhelm Huberts (67) und Harnik (66). "Toni wird schwer mit 90. Aber zweitbester Österreicher zu werden, ist das nächste Ziel", sagte Gregoritsch. Er sei stolz auf Österreich und seine Herkunft. "Wenn dann ins Nationalteam sehr viel Hoffnung gesetzt wird, dass wir mit mir vorne drinnen erfolgreich sein können, dann ist das das Höchste der Gefühle. Es bedeutet mir einfach alles, was ich erleben darf." (APA, 21.4.2024)