Carles Puigdemont will zurück. Der seit November 2017 im Brüssler Exil lebende ehemalige Präsident der katalanischen Regierung, der Generalitat, will wieder ins Amt. Das kündigte der 61-Jährige am Donnerstagabend in der Kleinstadt Elna im französischen Teil Kataloniens unweit der Grenze zu Spanien an. "Ich habe beschlossen, bei der nächsten Wahl zum katalanischen Parlament zu kandidieren", sagte er vor mehreren Hundert Anhängern seiner konservativ-separatistischen Partei "Gemeinsam für Katalonien" (JxCat) bei einer Ansprache im Rathaus. Sein Ziel sei es nach wie vor, "den Unabhängigkeitsprozess zum Erfolg zu führen".

Carles Puigdemont, einst Betreiber eines Unabhängigkeitsreferendums in Katalonien, nun im Exil, will in seine Heimat zurückkehren.
REUTERS/Albert Gea

Die Wahlen zum Autonomieparlament Kataloniens finden am 12. Mai statt. Die derzeitige Minderheitsregierung unter der ebenfalls nach Unabhängigkeit von Spanien strebenden Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) hat sie vorgezogen, als die Haushaltsverhandlungen scheiterten.

Sollte er eine Mehrheit im neugewählten Parlament hinter sich vereinen, die ihn zum Präsidenten wählen würde, werde er "das Exil dauerhaft verlassen, um persönlich an der Sitzung teilzunehmen", sagte der ehemalige Präsident. "Ich werde diese Gelegenheit nicht aus Gründen des persönlichen Wohlergehens verstreichen lassen", erklärte Puigdemont unter tosendem Applaus.

Risiko Heimkehr

Puigdemont hatte nach einem von Madrid untersagten Referendum über die Loslösung von Spanien sowie der umgehend wieder ausgesetzten Erklärung der Unabhängigkeit das Land verlassen. Seine Regierung war zuvor von Madrid aufgelöst worden. Puigdemont, der vielen bis heute als der "legitime Präsident Kataloniens" gilt und mittlerweile EU-Parlamentarier seiner JxCat ist, wird von der spanischen Justiz seither wegen Aufstands gesucht.

Außerdem wird gegen ihn im Zusammenhang mit Protesten wegen Terrorismus ermittelt. Ein anderer Richter beschuldigt ihn gar des Hochverrats. Sobald das von der spanischen Linksregierung unter dem Sozialisten Pedro Sánchez auf den Weg gebrachte Amnestiegesetz für mehrere Hundert Unabhängigkeitsaktivisten in Kraft tritt, werden diese Verfahren alle eingestellt werden müssen. Sánchez hatte das Gesetz auf den Weg gebracht, um mit dem Plazet mehrerer separatistischer Parteien erneut Regierungschef werden zu können. Die Opposition kritisiert dies massiv.

Wenn alles läuft wie vorgesehen, wird dies vor dem Zusammentreten des neuen katalanischen Parlaments in der zweiten Junihälfte der Fall sein. Wenn nicht, sei Puigdemont bereit, sich der Gefahr einer Verhaftung auszusetzen, sagt sein Anwalt Gonzalo Boye.

"Ich gehe aufs Ganze"

"Damit keine Zweifel aufkommen und niemand spekuliert: Ich habe beschlossen, von der Liste für die Wahlen zum Europäischen Parlament zurückzutreten", erklärte Puigdemont. "Dass es klar ist: Diese Wahlen zum katalanischen Parlament sind meine Priorität. Ich gehe aufs Ganze", fügte er bei seinem Auftritt in Elna dramatisch hinzu. Die Kleinstadt ist für die katalanische Unabhängigkeitsbewegung symbolträchtig. Hier befand sich einst nach dem faschistischen Putsch und dem anschließenden Bürgerkrieg in Spanien ein Konzentrationslager für Flüchtlinge aus Katalonien und dem restlichen Spanien, und hier wurden 2017 die Urnen für das Unabhängigkeitsreferendum zwischengelagert, bis sie trotz einer großangelegten Geheimdienst- und Polizeiaktion erfolgreich über die Grenze geschmuggelt wurden.

Puigdemont warb bei seiner Rede für eine breite, gemeinsame Liste aller Parteien und Organisationen, die für die Unabhängigkeit eintreten, wie dies 2015 der Fall war. Der derzeitige katalanische Präsident und Spitzenkandidat für ERC, Pere Aragonès, lehnte dies umgehend ab. In den kommenden Wochen wird sich zeigen, wie sich die einflussreichen Unabhängigkeitsorganisationen der katalanischen Zivilbewegung, die Katalanische Nationalversammlung und Omnium Cultural, positionieren werden.

Umfragen gibt es bisher wenige. Laut jenen, die es gibt, würden die Sozialisten des in Spanien regierenden Pedro Sánchez die Wahl zum zweiten Mal in Folge gewinnen. Doch die Unabhängigkeitsparteien hätten gemeinsam die Möglichkeit auf eine Mehrheit im Parlament. Stärkste Kraft in diesem Lager ist bisher ERC vor JxCat. Doch das war vor Puigdemonts Auftritt in Elna. (Reiner Wandler, 22.3.2024)