Vincenzo Montella
Vincenzo Montella hat einen guten Draht zu seinen Spielern und schon Erfolge vorzuweisen.
AFP/ADRIAN DENNIS

Freundschaftliches Länderspiel im Ticker: Österreich vs. Türkei, Di., 20.45 Uhr

Wien – Ein marodierender Fan, der mit einer Eckfahne bewaffnet auf Fußballprofis losgeht, die ihrerseits den Mann brutal zusammenschlagen; ein Vereinspräsident, der einen Schiedsrichter auf dem Platz niederschlägt; Randalen sonder Zahl – der türkische Ligafußball sorgte in den vergangenen Monaten fast ausschließlich für negative Schlagzeilen. Die fortgesetzte Gewalt ruft auch die politische Spitze bis hin zu Präsident Recep Tayyip Erdoğan auf den Plan. Gianni Infantino, der Präsident des Weltverbandes Fifa, spricht von "inakzeptabler Gewalt" und "schockierenden Ereignissen".

Triumph in Berlin

Bei all dem gerät ein wenig aus dem Blick, dass die türkische Nationalmannschaft zu den schönsten Hoffnungen Anlass gibt. Verantwortlich dafür zeichnet Coach Vincenzo Montella. Der 49-jährige Italiener aus Pomigliano d’Arco bei Neapel, bei Adana Demirspor damals eher auf einem Trainer-Abstellgleis, löste im vergangenen September den Deutschen Stefan Kuntz als Teamchef ab und führte die Qualifikation für die EM 2024 durch einen Erfolg in Kroatien und einem Remis in Wales mit dem Gruppensieg erfolgreich einer Erledigung zu. Das 3:2 über Deutschland im vergangenen November in Berlin enthusiasmierte die Fans, erst im fünften Match unter Montella setzte es die erste Niederlage – 0:1 in aller Freundschaft gegen die Ungarn am vergangenen Freitag.

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APA

Der Begeisterung für den Coach, der schon Kaliber wie die AS Roma, Milan, den FC Sevilla und Fiorentina trainierte, aber nur den Supercup-Sieg mit Milan 2016 vorzuweisen hat, tut das keinen Abbruch. "Er weiß, wie man die Mannschaft führt. Es herrscht eine gute Atmosphäre mit ihm, wir sind glücklich", sagt Hakan Calhanoglu, der Kapitän der Türken und Teamkollege von Marko Arnautovic bei Inter Mailand. Montella, der für die AS Roma in 192 Pflichtspielen 83 Tore schoss und mit der Squadra Azzurra im Jahr 2000 Vize-Europameister war, spricht die Sprache der Spieler.

Mert Müldür
Mert Müldür sprang in Budapest gegen Ungarn noch vor der Pause als Wechselspieler in die Bresche.
REUTERS/Bernadett Szabo

Um den 30-jährigen Calhanoglu herum tummeln sich Arrivierte wie die Stürmer Orkun Kökcü von Benfica Lissabon und Enes Ünal von Bournemouth sowie Toptalent Kenan Yildiz (18) von Juventus Turin und Arda Güler (19) von Real Madrid im Team. Montella will in Wien die Breite seines Kaders nützen, wird aber wohl kaum auf den gebürtigen Wiener Mert Müldür (24) verzichten. Der Ex-Rapidler von Fenerbahce sprang zuletzt in Budapest schon vor Seitenwechsel in der Abwehr der Türken ein und würde liebend gerne im Happel-Stadion sein 22. Länderspiel bestreiten.

Türkei leicht positiv

Bei der EM in Deutschland trifft die Türkei in Gruppe F auf Portugal, Tschechien sowie auf den Sieger des Playoff-Spiels zwischen Georgien und Griechenland. Die Türkei schmückte seit der Jahrtausendwende vier Europameisterschaften, 2000 reichte es für das Viertelfinale, 2008 (Österreich und Schweiz) gar für das Halbfinale, wo das Aus gegen Deutschland kam. 2016 und 2021 war jeweils in der Vorrunde Schluss. Das bisher beste Ergebnis der heißgeliebten Nationalmannschaft war Rang drei bei der WM 2002, für die sich die Türken in einer sogenannten Barrage gegen Österreich mit Siegen im Ausmaß von 1:0 und 5:0 qualifiziert hatte. Von den bisher 16 Treffen mit Österreich gewann die Türkei acht, nur ein Spiel endete Remis. (Siegfried Lützow, 26.3.2024)