Innenminister Gerhard Karner (ÖVP, Bild) präsentierte gemeinsam mit Franz Ruf, dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, und Bundeskriminalamt-Direktor Andreas Holzer die aktuelle Kriminalitätsstatistik.
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Wien – Wie auch international ist die Kriminalität im Vorjahr in Österreich gestiegen. Rund 528.000 Anzeigen – und damit knapp acht Prozent mehr – habe es 2023 im Vergleich zu 2022 gegeben, sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Montag bei einer Pressekonferenz. Gleichzeitig seien auch die Aufklärungsrate und die Zahl der ausgeforschten Täter hierzulande um rund ein Zehntel gestiegen.

Die in den vergangenen Wochen wohl am breitesten diskutierte Gruppe mutmaßlicher Straftäter sind Jugendliche: Diese machten im Vorjahr 13,4 Prozent aller Beschuldigten aus. Franz Ruf, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, erläutert, dass gerade die Zahl der Onlinedelikte bei der Generation Z hoch sei: "Mehr als in jeder Altersgruppe wird bei ihnen das soziale und gesellschaftspolitische Leben von sozialen Medien bestimmt." Das schlage sich auch in der Statistik nieder.

Jugendliche oft wegen Internetdelikten angezeigt

Während "klassische" Delikte wie Sachbeschädigungen um 32 Prozent zurückgegangen seien, stieg etwa die Verbreitung von Nacktaufnahmen um ein Zehntel. "Das sind gerade für Opfer besonders schwere Eingriffe in die Intimsphäre", sagte Ruf. Doch auch unbedachte Drohungen und Beleidigungen würden besonders oft online verbreitet. Insgesamt stelle man einen leichten Anstieg fest. Damit setze sich ein Trend, der kurz durch die Corona-Pandemie gebremst worden war, fort.

Video: Innenminister Karner präsentiert Kriminalstatistik.
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Karner kündigte erneut an, bis Ende April in einer Arbeitsgruppe Maßnahmen zur Bekämpfung von Jugendkriminalität zu erarbeiten. Der Fokus liegt auf Gewalttätern. Auch die Diskussion über die Senkung der Strafmündigkeit auf unter 14 Jahre wolle er nach wie vor vorantreiben. Aber er wolle auch Schwerpunktermittlungen und verdeckte Ermittlungen in Bereichen einführen, wo Jugendliche "bestimmter Nationen unterwegs sind", sagte er.

Als Beispiel nannte der Innenminister "rivalisierende Banden unterschiedlicher Nationen", etwa "Afghanistan, Syrien oder tschetschenische Jugendliche". Auch ein Gesetzesvorschlag, der Waffen im öffentlichen Raum generell untersagen soll, ist in Arbeit. Gerade die Zahl der Messer als Tatwaffen bei Morddelikten sei gestiegen, während die Nutzung von Schusswaffen zurückging.

Organisierter Diebstahl

Rund 45 Prozent der Verdächtigen seien im Vorjahr keine österreichischen Staatsbürger gewesen, wobei Rumänen, Deutsche und Serben die Statistik anführen. Gemessen am Anteil jener Menschen, die in Österreich aufhältig sind, würden Menschen aus der Slowakei, aus Afghanistan und aus Rumänien am häufigsten als Beschuldigte geführt. Die größte Gruppe der angezeigten Personen ist mit etwas mehr als der Hälfte zwischen 18 und 39 Jahre alt und zu 77 Prozent männlich.

Die Zahl der Anzeigen ist im Allgemeinen vor allem aufgrund von mehr Eigentumsdelikten, Wirtschaftsstraftaten und Internetkriminalität gestiegen. Andreas Holzer, Direktor des Bundeskriminalamts, verwies etwa auf Ladendiebstähle: Organisierte Banden, etwa vom Westbalkan, würden anreisen, kurzfristig zahlreiche Diebstähle an mehreren Tatorten begehen und dann das Land wieder verlassen. Täglich verzeichne man 70 Diebstahlsdelikte.

Onlinetäter im Ausland

Viele Verbrechen würden sich aus der analogen Welt ins Netz verlagern, sagte Holzer. Diesmal waren es rund zehn Prozent mehr Straftaten im Netz. Einige Beispiele sind gefährliche Drohungen, Erpressungen oder der Verkauf von Drogen. Aber auch Betrugsfälle im Internet häufen sich: Als Beispiel nannte Ruf Phishing. Dabei werden Zugangsdaten etwa durch Fake-Webseiten entwendet, um Geld von den Opfern zu stehlen. Da die Täter international agieren, werde die Zusammenarbeit über die Staatsgrenzen hinaus immer wichtiger, sagte Ruf.

Gerade Täter aus der organisierten Kriminalität setzen sich bewusst in Länder ab, in denen die Strafverfolgung erschwert ist. Zudem kommunizieren sie bewusst über Plattformen, die nur schwer nachzuverfolgen sind. Und sie versuchen Geldflüsse zu verschleiern, indem sie auf Kryptowährungen setzen.

Karner verwies auf die Kriminaldienstreform, die 700 neue Stellen im Kriminaldienst vorsehe. Damit soll die Polizei im Bereich der organisierten Kriminalität und Internetkriminalität künftig auch regional aufgestockt werden. Einerseits soll spezialisiertes Personal auch abseits des Bundeskriminalamts klassische Cybercrime-Delikte ermitteln – etwa Datendiebstähle oder Einsatz von Erpressungssoftware. Andererseits sollen spezialisierte IT-Forensikerinnen und IT-Forensiker künftig digitale Spuren bei Straftaten in der Region sichern. 38 neue Dienststellen sind bis 2028 vorgesehen. Außerdem soll eine technische Infrastruktur aufgebaut werden, die es ermöglicht, etwa große Datenmengen bei größeren Verfahren zu sichten.

Terrorwarnstufe bleibt hoch

Am Rande der Pressekonferenz wurde Karner gefragt, ob Maßnahmen aufgrund des IS-Terroranschlags in Moskau vorgesehen seien. Die Terrorwarnstufe sei bereits im vergangenen Jahr auf "hoch" gesetzt worden, sagte Karner, diese sei nach wie vor aufrecht. Eine konkrete Gefährdung gebe es derzeit aber nicht. Etwa zum bevorstehenden Osterfest soll die Polizei präsenter unterwegs sein, nicht nur in festgelegten Zonen, kündigte Karner an. (Muzayen Al-Youssef, 25.3.2023)