Sie sollten später noch viel Spaß haben.
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Alexander Schlager: Der 28-jährige Keeper von Red Bull Salzburg dürfte schon bei der Hymne alles geahnt haben, grinste er doch schon kurz vor dem Spiel über beide Ohren. Zeigte, dass er nicht nur singen, sondern schnell laufen kann, als er in der 15. Minute auf einen weiten Ball aus seinem Tor sprintete und souverän klärte. Hatte in Halbzeit eins wenig bis nichts zu tun, weil die Türken während ihrer Drangphase das Tor nicht trafen – seine schwierigste Aufgabe bestand darin, nach dem Elfergeschoß von Çalhanoğlu die Frucht aus dem Goal zu klauben. In Halbzeit zwei zupfte Schlager erbarmungslos Gülers Fallrückzieher aus der Luft und versagte damit dem Teenager das schönste Tor der Partie. Zeigte zudem Übersicht und Spielgespür im Aufbau, strahlte Ruhe und Souveränität aus. War beim 2:4 machtlos, was egal war, weil das 2:4 nicht zählte.

Stefan Posch: Der Rechtsverteidiger rettete in der 22. Minute im allerletzten Moment und klärte zum Eckball, der schlussendlich im Elfer für die Türkei resultierte, was Posch aber natürlich nicht wissen konnte. Der Bologna-Spieler ist eine Erscheinung, wirkt gleichzeitig hölzern und beweglich, was ihn vor allem in der Offensive unberechenbar macht. Holte den Elfer zum 5:1 raus und war kurz darauf in der Rudelbildung gleichzeitig abgeklärt und angriffslustig, was ihn in einer Rudelbildung unberechenbar macht. Feine Partie.

Maximilian Wöber. Stellte sich gleich in der 11. Minute bei Arda Güler vor. Also körperlich. Stark in der Spieleröffnung. Stark im Zweikampf, zwischendurch (in Halbzeit eins) stark gefordert, büßte aber dabei wenig an Stärke ein. Der Gladbacher hat sein Stellungsspiel nicht verlernt, egal ob als Innen- oder Außenverteidiger, und zeigte auch in der Problemlösung Qualität. In Halbzeit zwei unterbeschäftigt, weil sich quasi eh alles in der Hälfte der Türkei abspielte.

Starker Danso.
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Kevin Danso: Verbreitete seinen ohnehin schon breiten Body nach einem Corner für die Türkei mit der Hand – das darf er nicht, also gab es als Strafe folgerichtig Elfmeter. Spielte ansonsten eine gnadenlos trockene und souveräne Partie, war stark und präsent im Zweikampf und fand Lösungen im Spielaufbau. Der 25-Jährige unterstrich gemeinsam mit Wöber, dass es viele Probleme auf der Welt gibt – aber die Innenverteidigung des österreichischen Fußballnationalteams gehört aktuell sicher nicht dazu.

Phillipp Mwene: Ist schon 30 Jahre auf diesem Planeten, spielt aber zwischendurch wie ein 20-Jähriger: spritzig, dynamisch, sorgenfrei. Der Mainzer zeigte ein gutes, weil engagiertes Spiel, vor allem in den ersten Phasen, in denen Österreich sich in den Gegner presste, dann kurz vor der Pause und nach der Pause sowieso. Machte in der 68. Minute Platz für Prass.

Nicolas Seiwald: Der 22-Jährige ist gemeinsam mit Schlager für die Zentrale zuständig und ebnete seinem Nebenspieler den Weg zu dessen starker Offensivleistung. Seiwald ist wie immer auffällig in seiner Unauffälligkeit, der junge Mann von Leipzig geht Wege und stopft Löcher, die vor allem Videoanalytiker, Taktikfüchse und Connaisseure des asymmetrischen Umschaltpressingfreiersechserabfallendendreickspiels in wahre Verzückung versetzen. Aber auch er hatte während der Drangphase der Türken Probleme, das Heft wieder an sich zu reißen. Ließ sich immer wieder fallen, um aktiv am Spielaufbau teilzuhaben. Trockene Partie.

Xaver Schlager: Staubte zum 1:0 ab und sorgte damit dafür, dass Österreich wieder mit einem Vorsprung in die Partie startete. War Teil der hechelnden Pressing-Meute – und wenn der Mann eines kann, dann ist es, einem anderen Mann den Ball wegzunehmen. In Halbzeit eins galt für ihn: Wenn man auf dem Scoreboard ist, hat man immer etwas richtig gemacht. Schlager blühte in Halbzeit zwei so richtig auf, spielte offensiv spritzig und defensiv giftig. War mit dem Ball aktiver und mutiger als Freundchen Seiwald und spielte offensiv eine immens starke Partie.

Überraschung des Spiels: Romano Schmid
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Romano Schmid: Die Überraschung des Spiels. Wer den Werder-Spieler schon im U21-Team und bei seinem Verein verfolgt hat, weiß, was der Steirer mit dem Ball kann. Dass das aber noch lange nicht reicht, wissen auch jene, die ihn nie bei Werder oder im U21-Team gesehen haben. Schmid war gegen den Ball ein Rädchen im rot-weiß-roten Pressing-Perpetuum-Mobile und zeigte mit dem Ball, dass er noch für viele Überraschungen gut sein kann. Weil er – festhalten! – Überraschendes spielen kann. Hat Tempo, hat Ideen und das Werkzeug zur Durchführung. Der Pressing-Assist zum 1:0 hätte mit einem Pfiff gebremst werden können, wurde er aber nicht. Also vieles bis alles richtig gemacht.

Konrad Laimer: Eine Partie wie eine aufgewärmte Lasagne vom Vorabend. Die ersten Bissen trocken und zäh, aber wenn man dabeibleibt, kommt man irgendwann in den käsigen Himmel. Laimer wirkte mit dem Ball in der ersten Halbzeit so, als wäre ihm eine seiner wichtigsten Eigenschaften abhandengekommen: die Selbstverständlichkeit. Auch er fetzte im Pressing brav mit. Im Aufbau, Passspiel und bei Dribblings unterliefen ihm aber kleine Fehler und Unzulänglichkeiten. Stieg in Halbzeit zwei wie der Phönix aus der Lasagneform und spielte eine fast schon selbstverständlich starke Partie. Holte den ersten Elfer raus, der das Spiel mitentschied, war engagiert, gefährlich und sicher in seinen Aktionen.

Christoph Baumgartner: Kann das mit dem Weltrekord nach drei intensiven Besprechungstagen vielleicht schon nicht mehr hören, was ihm nicht zu wünschen wäre. Zeigte auch gegen die Türkei eine starke Partie, verteilte und verarbeitete, was es zu verteilen und verarbeiten gab. Ist ein wacher Spieler, der Situationen erkennt (wie vor dem 1:0) und sie blitzschnell in Konstruktives umwandelt. Dürfte von Buddy Gregoritsch vor dem Elfer gesagt bekommen haben: "Pick eam eini", pickte also den Elfer eiskalt eini. Insgesamt zwei Testspiele für den Lebenslauf.

Der Shinkansen und die Problemlöser.
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Michael Gregoritsch: Trat mit dem Ball quasi erstmals in der 30. Minute in Erscheinung, was ziemlich spät war – verlor ihn im Dribbling wieder, was Rangnick wütend machte. Das heißt aber nicht, dass der Steirer untätig herumlungerte. Gregoritsch ist sowas wie der Shinkansen, den man vor sich sieht, wenn man als Verteidiger den Ball hat, denn er braust im Volltempo auf einen zu. Auch für ihn gilt: Wer am Scoreboard ist, macht vieles richtig. Und der Freiburg-Stürmer fühlte sich dort nach dem 2:1 so wohl, dass er noch öfters dorthin wollte. Stellte eindrucksvoll unter Beweis, dass er weiß, wo das Tor steht und warum Rangnick ihn als Einserstürmer setzt. Drei Tore. Genug gesagt.

Alexander Prass wurde fast einsam und allein in der 69. Minute für Mwene in die warme Badewanne geworfen, schlug dort keine großen Wellen, war aber auch Teil der immens engagierten linken Wechselspielerseite.

Andreas Weimann, Patrick Wimmer und Maximilian Entrup (alle ab 80.) zu kurz eingese.... nein, Stopp! Eigentlich wäre die Spielzeit von etwas mehr als zehn Minuten zu wenig für einen Eindruck gewesen, die kollektive Spritzigkeit der Spätberufenen hat aber genau diesen hinterlassen. Gut, die Türken hatten zu diesem Zeitpunkt nicht mehr so viel Spaß am Spiel, dennoch zeigten die Wechselspieler, dass sie absolut zu Recht Spielzeit bekamen. Sie drehten so richtig auf, wirbelten über die gebrochenen Gegenspieler hinweg und legten gnadenlos noch eins drauf. Hartberg-Stürmer Entrup machte zudem sein erstes Goal im Teamdress.

Wirklich zu kurz eingesetzt wurden Muhammed Cham und Flavius Daniliuc (ab 88.). (Andreas Hagenauer, 27.2.2024)