Der FC St. Pauli beschreitet in finanziellen Angelegenheiten wieder einmal eigene Wege.
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Hamburg – Der FC St. Pauli surft sportlich auf einer Erfolgswelle, nach furiosen Fußballfesten am Millerntor hat der Kiez-Klub den Aufstieg dicht vor Augen. Er führt mit fünf Punkten Vorsprung auf Kiel und zehn auf den Stadtrivalen HSV die zweite deutsche Liga souverän an, doch vor finanziellen Sorgen ist St. Pauli deshalb nicht gefeit. "Wir brauchen Geld, um langfristig im Profifußball mithalten zu können", heißt es auf der Vereins-Homepage. Und weil das Anderssein in der Klub-DNS fest verankert ist, gehen die Hamburger bei der Erschließung neuer Finanzressourcen mal wieder eigene Wege.

"Es wird hier keinen Mäzen und keine Ausgliederung geben", stellt der kaufmännische Geschäftsleiter Wilken Engelbracht klar. Anders als bei vielen Erstliga-Klubs oder auch beim HSV sollen Groß-Investoren auch zukünftig keine Rolle spielen. Stattdessen will der Verein Fans, Mitglieder und Förderer einbeziehen - mithilfe einer Genossenschaft. Warum? "Weil es die sankt paulianischte Form der Finanzierung ist: basisorientiert, demokratisch, nachhaltig und besonders krisenfest."

Konkret wurde dieser Plan Ende vergangenen Jahres. Ein Jahr, das für St. Pauli in finanzieller Schieflage endete, weil nicht zuletzt die Corona-Pandemie dem Verein zugesetzt hatte. Präsident Oke Göttlich präsentierte die Idee damals auf der Mitgliederversammlung und treibt sie seitdem voran. Noch im ersten Halbjahr 2024 soll die Genossenschaft eingetragen und gegründet werden, vor Jahresende dann erste Mitglieder angeworben werden.

Hoffen auf Vorbildwirkung

Der Klub will auf diese Weise auch zukünftig die Herausforderungen des Profifußballs meistern, wobei die Einnahmen nicht direkt in die erste Mannschaft fließen werden. Im ersten Schritt soll die Genossenschaft das Millerntor-Stadion erwerben, später ist der Ausbau des Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) geplant. "Damit würden wir zeigen: Nicht nur ein anderer Fußball, ein anderes NLZ, sondern auch eine andere Finanzierung wären möglich", sagt Göttlich, der aber noch viel Arbeit vor sich hat.

Derzeit werden Vereinsmitglieder befragt, um Details zu erarbeiten. Es sei ein "hochkomplexes Verfahren", aber: "Wir haben den Mut, diesen Schritt zu gehen, aus uns heraus eine eigene Finanzierung auf die Beine zu stellen", so der Präsident.

Der Vorteil einer Genossenschaftsgründung liegt für den mitgliedergeführten FC St. Pauli auf der Hand: Das Mitbestimmungsrecht der einzelnen "Mini-Investoren" wird gestärkt - egal wie viele Anteile ein Mitglied besitzt, es hat jeweils nur eine Stimme.

Ein Modell, das zukünftig auch als Vorbild dienen soll, wie Finanzboss Engelbracht betont: "Wir wollen ja nicht alleine Dinge verändern, sondern brauchen Vereine, die unsere Sicht teilen und mitziehen." (sid, red, 27.3.2024)