Rene Benko und Sebastian Kurz vor Christbaum.
Sebastian Kurz hat der Signa geholfen, Investoren zu finden. Auf seine "Finder's Fee" verzichtet er nun im Insolvenzverfahren.
APA/HANS KLAUS TECHT

Es läuft wie erwartet und befürchtet. Die Reihe der Insolvenzen rund um die Signa-Immobiliengruppe reißt nicht ab – und das trifft auch auf den persönlichen Bereich von Signa-Gründer René Benko zu. Er selbst ist schon in Privatinsolvenz, am Donnerstag folgte die Familie Benko Privatstiftung mit einem Insolvenzantrag beim Landesgericht Innsbruck. Sie wurde 2001 von Benko und seiner Mutter Ingeborg gegründet und kann nun ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen, wie ein Sprecher der Stiftung erklärte.

Begünstigte sind Mutter und Familienmitglieder, nicht aber Benko selbst. Der Stiftungszweck ist die Versorgung ebendieser Familie. Wie berichtet, hat Benkos Mutter in den vergangenen Jahren die Ausschüttungen aus der Stiftung bezogen und ordnungsgemäß versteuert – und einen Großteil an ihren Sohn weiterverschenkt. Als die Luft in Benkos Reich immer dünner wurde, wurden auch Stiftungen in den Finanzierungsreigen einbezogen; auch Put- und Call-Optionen soll es in diesem Konnex gegeben haben.

Und was steckt in der Familie Benko Privatstiftung, in deren Vorstand auch der langjährige Benko-Vertraute Marcus Mühlberger sitzt und Karin Fuhrmann von der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei TPA, die enge Geschäftskontakte mit der Signa pflegte? Die Stiftung hält diverse Beteiligungen, und da vor allem eine größere Beteiligung an der mittlerweile insolventen Signa Holding (10,1 Prozent direkt) und an der Supraholding, die ihrerseits wieder an der Signa Holding beteiligt ist. Sie ist die Dachgesellschaft der Immobiliengruppe, zu ihr ressortieren Signa Prime und Signa Development, die mit ihren Immobilien und Projekten die Herzkammern der Signa bilden. Auch sie sind pleite, sollen demnächst von Treuhändern abgewickelt werden.

Eine Milliarde Euro Streitwert in Schiedsverfahren

Die Beteiligung der Familienprivatstiftung an der Holding ist nun also laut Insolvenzantrag nichts mehr wert, und mit einer Besserung der Lage rechnet man offenbar nicht. In der Aussendung wird das so beschrieben: Der Sanierungsplan von Prime und Development schlage sich "nicht unmittelbar in einer substanziellen Werthaltigkeit" der Beteiligungen nieder: Salopp gesagt, er bringt der Stiftung also nichts. Dadurch "minimieren sich die Sanierungsaussichten der Stiftung".

Am Nachmittag gaben die Gläubigerschützer vom KSV 1870 dann unter Berufung auf den Insolvenzantrag Details bekannt: Die Schulden werden darin mit 854 Millionen Euro angegeben, knapp 700 Millionen davon sollen sich auf Verbindlichkeiten aus Optionsverträgen im Insolvenzfall beziehen. Nicht berücksichtigt in den 854 Millionen Euro sei, dass die Stiftung ja Beklagte in Schiedsverfahren ist, das wie berichtet arabische Investoren angestrengt haben und dessen Streitwert bei einer Milliarde Euro liegt. Der Stiftungsvorstand geht davon aus, dass dieser Betrag nicht schlagend wird. Die Höhe der Aktiva beträgt rund 21 Millionen Euro. Die Gläubiger haben nun bis 8. Mai Zeit, ihre Forderungen anzumelden.

35 Millionen Euro im Kreis geschickt?

Die Familienstiftung hat neben der Ausübung ihrer Gesellschafterrechte mitunter auch Finanzierungsaufgaben übernommen, hieß es in der Aussendung. Da schließt sich der Kreis zu Vorwürfen, die dieser Tage in "Krone" und "News" bekannt wurden und laut denen Benko im vorigen Sommer rund um eine Kapitalerhöhung um 350 Millionen Euro Investoren getäuscht und 35 Millionen Euro im Kreis geschickt haben soll. Rasch nacherzählt, soll er der kriselnden Signa Holding 35 Millionen Euro aus der Familienprivatstiftung versprochen und später auch eingezahlt haben – das Geld dafür soll er freilich im Juni davor aus der Signa Holding geholt und in mehreren Schritten als Darlehen verschoben haben. Zuletzt soll es als frisches Geld verkleidet in der Holding gelandet sein. Was Benkos Rechtsanwalt Norbert Wess zurückweist: Niemand sei getäuscht und alle Beteiligten eingebunden worden. Weil aber die Transaktionen höchst komplex seien, werde "auch weiterhin keine Erörterung dieser Sachverhalte über die Medien erfolgen".

Laut Darstellung der Benko-Seite seien rund 200 Millionen Euro aus der Kapitalerhöhung von der Familie Benko Privatstiftung gekommen und mehr als 100 Millionen von den brasilianischen Signa-Investoren, der Unternehmerfamilie Koranyi-Arduini. Die 35 Millionen Euro sollen in Cash über eine Laura-Gesellschaft geflossen sein. Geschehen sei das, nachdem im Sommer 2023 ein koreanischer Fonds mit 400 Millionen Euro habe einsteigen wollen, die Transaktion aber geplatzt sei. Dabei sollen gerüchtehalber die EZB-Prüfungen (sie nahm das Signa-Engagement der Banken unter die Lupe) eine Rolle gespielt haben.

Sebastian Kurz verzichtet auf Forderung

Stichwort frisches Geld: Bei der Beschaffung von selbigem wurde auch Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verdienstlich, wie das so schön heißt – er hat Ende 2022 / Anfang 2023 einen arabischen Investor aufgestellt, der 100 Millionen Euro springen ließ. Anfang des Jahres ließ Kurz' Beratungsgesellschaft SK Management GmbH wissen, sie werde die offene Honorarrechnung über rund 1,5 Millionen Euro im Insolvenzverfahren einer Signa-Tochter namens SFS anmelden, nun verzichtet Kurz aber darauf. Man rechne nur mit einer Miniquote für die Gläubiger von rund einem Prozent, der finanzielle und organisatorische Aufwand für das Betreiben der Forderung zahle sich also nicht aus. (Renate Graber, 28.3.2024)