Von der Lichtgestalt am europäischen Immobilienhimmel zum Luzifer in der österreichischen Investorenhölle, einen solchen Karriereknick soll ihm erst einmal jemand nachmachen. Aber eines muss man Herrn Benko lassen. Er hat das Licht, hinter das sich nun einige seiner Anleger von ihm geführt fühlen, nicht unter den Scheffel gestellt. Hätten sie statt in die Signa in einen Bausparer investiert, wie das der bisher geltenden hiesigen Leitkultur entspricht, wären sie heute um eine schmerzliche Erfahrung ärmer, dafür aber bescheiden bereichert.

Fanden sich auch keine Pyramiden im Immobilienportefeuille des lustigen Tirolers, war das Spiel mit anderen Bauwerken, die höhere Mieterträge versprachen, eine zu große Verlockung, um ihr zu widerstehen. Es ist notwendig, daran zu erinnern, dass die einschlägigen Aktivitäten ab einem gewissen Stadium gewissermaßen behördlich konzessioniert abliefen. Wenn man das Finanzamt frei wählen kann, das es billiger macht, kommt das einem staatlichen Gütesiegel für ein Unternehmen gleich, das jedes Vertrauen verdient. Da musste man einfach zu der Erkenntnis kommen, eine Gaunerei ist die Signa nicht. Eine normale Firma allerdings auch nicht, wie ein gescheiterter Sanierer zu spät einräumte.

Sebastian Kurz (links), René Benko (rechts)
2019 war ihr Untergang noch fern: Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Investor René Benko in Abu Dhabi.
Foto: APA / Helmut Fohringer

In Aufstieg und Untergang von René Benko und seinem Förderer Sebastian Kurz lässt sich so etwas wie eine unfreiwillige Parallelaktion zweier Personen zu Lasten nicht nur von Investoren, sondern auch der Allgemeinheit erkennen, die eine Zeitlang zu blenden vermochten, um letztlich nur Enttäuschung bei ihren Unterstützern zu hinterlassen. Einen besseren Zeugen in Steuerfragen kann es dafür gar nicht geben als den KTM-Chef Stefan Pierer, der sich im Nachhinein darauf berief, nicht die ÖVP, sondern ausdrücklich Kurz unterstützt zu haben. Nachdem die alte Volkspartei in Kurz förmlich aufgegangen war, kann man solch subtiles Unterscheidungsvermögen nur bewundern.

Höchste Besorgnis

Verständlich, dass man in der Volkspartei nach neuer Identität sucht. Aber die neue Leitkultur, die sie als Wahlkampfschmäh in der geistigen Nachfolge von Herbert Kickl der Bevölkerung aufdrängen will, sollte sie, weil dringend nötig, zunächst einmal für sich selbst entwickeln. Nach allem, was in den Jahren der Obmannschaft von Kurz ablief, ist unwahrscheinlich, dass das, was laut "Österreich-Plan" plötzlich vage unter "unsere Grundwerte" firmiert, nicht wieder nur die alten Weltanschauungshüte der ÖVP sind. Und wenn ohnehin von vornherein feststeht, worin "unsere Grundwerte" bestehen, an die sich alle anzupassen haben, die "freiwillig" nach Österreich kommen, wozu dann das Leitkulturtheater? Wenn Generalsekretär Christian Stocker im kühnen Zirkelschluss dekretiert, die österreichische Leitkultur sei "das, was uns ausmacht", ist höchste Besorgnis angebracht. Für alle Landsleute zu sprechen wäre eine unzulässige Anmaßung, zu verallgemeinern, was die ÖVP ausmacht, eine Zumutung.

Die grundlegende Richtung unserer Gesellschaft, die plötzlich einer leitkulturellen Festlegung bedürfen soll, ist in der Verfassung und in anderen Gesetzen ausreichend festgehalten, eine in Speisevorschriften gehüllte Xenophobie schädlich. Nicht schaden könnte mehr Leitkultur dort, wo es um Demokratie, Medienfreiheit und Freiheit von Korruption geht. Dazu bedürfte es aber eher einer Auferstehung. (Günter Traxler, 28.3.2024)