Tadej Pogačar bei der Flandernrundfahrt
TadejPogačar setzte im Vorjahr 17 Kilometer vor dem Ziel die entscheidende Attacke zum Sieg bei der Flandernrundfahrt. Der Niederländer Mathieu van der Poel und der Belgier Wout van Aert konnten nicht folgen.
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Antwerpen/Wien – "Ich könnte heute zurücktreten und auf meine Karriere stolz sein." Tadej Pogačar sagte das am 2. April des Vorjahres nach seinem ersten Triumph bei der Flandernrundfahrt, einem der Monumente des Profiradsports. Glücklicherweise hat der Slowene weitergemacht. Am Sonntag wird der 25-Jährige allerdings seinen Titel bei der "Ronde", die um zehn Uhr gestartet und zur Gänze von Eurosport übertragen wird, nicht verteidigen. Schließlich plant er mit dem Team UAE-Emirates das Double aus Giro d'Italia und Tour de France.

Die Absage Pogačars, der in dieser noch jungen Saison die Strade Bianche in Italien ("Paris-Roubaix des Südens") gewann und zuletzt bei der Katalonien-Rundfahrt die Konkurrenz nach Belieben dominierte, befeuerte die Hoffnungen auf einen belgischen Heimsieg bei der 108. Flandernrundfahrt, die nicht wie im Vorjahr in Brüssel anhebt, sondern wie schon zwischen 2017 und 2022 in Antwerpen gestartet wird. Am ehesten wurde Wout van Aert zugetraut, in die Fußstapfen von Philippe Gilbert zu treten, der 2017 als bisher letzter Belgier in Oudenaarde nahe Gent an der Schelde triumphierte.

Zerschellte Hoffnung

Die Hoffnungen des 29-jährigen Klassikerstars des Teams Visma zerschellten allerdings am vergangenen Mittwoch beim Halbklassiker "Quer durch Flandern". Van Aert brach sich bei einem Massensturz ein Schlüsselbein und mehrere Rippen, musste wie Landsmann Jasper Stuyven operiert werden und fällt mehrere Wochen und vermutlich auch für den Giro aus. Der dänische Sprintstar Mads Pedersen war ebenfalls in den Unfall verwickelt, könnte allerdings die Ronde für sein Team Lidl-Trek in Angriff nehmen. In Rolle des Topfavoriten ist der Niederländer Mathieu van der Poel von Alpecin-Deceuninck geschlüpft.

Der Sturz bei Quer durch Flandern ereignete sich auf einer Abfahrt, die wegen ihrer Gefährlichkeit aus dem Menüzettel der Flandernrundfahrt gestrichen wurde. "Vielleicht werden wir sie aus all unseren Rennen entfernen", sagte Tomas Van Den Spiegel, einer der Organisatoren der "Flanders Classics". Van Aerts Unglück entfachte jedenfalls neuerlich eine Sicherheitsdiskussion, schließlich steckt der Radsport etwa auch durch die Einführung immer effektiverer Scheibenbremsen, die zu kompromissloserer Fahrweise beitragen, in einer Entwicklung hin zu Extremen. Schutzausrüstung wie eine Art Airbag wird bereits entwickelt.

Haller am Start

Für die Ronde am Sonntag, die für Männer über 270,8 und Frauen über 163 Kilometer führt, ist nur an die Vernunft der Aktiven zu appellieren, darunter auch an jene des Österreichers Marco Haller, der für Bora-Hansgrohe am Start ist. Dass am Sonntag zumindest abschnittsweise mit Regen zu rechnen ist, trägt angesichts von Kopfsteinpflasterpassagen im Ausmaß von mehr als zehn Kilometern und vieler kurzer, aber knackiger Abfahrten nach insgesamt 17 giftigen, Hellingen genannten Anstiegen nicht zur Beruhigung bei. Fix ist, dass hunderttausende Fans die Straßen in Flandern säumen werden. (Siegfried Lützow, 30.3.2024)