Ian Phillips mit dem Gerät zum Wellenlängenmanagement
Aston University

Riesige Datenmengen zu übertragen, wird immer wichtiger, weshalb in der Europäischen Union bis 2030 möglichst alle Haushalte mit Gigabit-Internet ausgestattet sein sollen. Das ist an sich schon mehr als die meisten Haushalte heute benötigen, aber das dürfte sich in Zukunft ändern. Über ein Gigabit kann eine britische Forschungsgruppe wohl nur müde schmunzeln. Ihnen ist es gelungen, Übertragungsgeschwindigkeiten zu erreichen, die dem 4,5 Millionenfachen des aktuellen durchschnittlichen Breitbandanschlusses in Großbritannien entsprechen. Das Schöne daran: Es ist keine neue Infrastruktur dafür nötig.

Forscher der Aston University im Vereinigten Königreich haben erfolgreich Daten mit 301.000 Gigabit pro Sekunde über ein handeslübliches Glasfaserkabel übertragen. Damit haben die Forschenden den kurzlebigen Geschwindigkeitsrekord von 178.000 Gigabit pro Sekunde über eine Glasfaserleitung deutlich gebrochen. Dieser wurde erst im Dezember 2023 von einem britisch-japanischen Forscherteam aufgestellt.

Keine neuen Leitungen nötig

Doch wie ist das möglich? Der enorme Geschwindigkeits- und Leistungszuwachs ist auf bisher ungenutzte Wellenlängen zurückzuführen. Bei der Glasfasertechnologie werden Lichtsignale über sehr dünne Kunststoff- oder Glasfaserleitungen geschickt. Bei diesen Übertragungen werden in der Regel bestimmte Lichtwellenlängen von 850, 1300 und 1550 Nanometern verwendet. Das Institute of Photonic Technologies von Professor Wladek Forysiak arbeitete mit Ian Phillips von der Fakultät für Computerwissenschaften zusammen. Das Forscherteam machte Lichtwellenbereiche nutzbar, die ansonsten nicht verwendet werden können.

Die beiden in der Glasfaserkommunikation am häufigsten verwendeten Wellenlängen sind das konventionelle Band (C-Band) und das langwellige L-Band. Das L-Band wird verwendet, wenn das C-Band die typischen Bandbreitenanforderungen nicht erfüllen kann. Forsiak und Phillips nutzten erfolgreich zwei zusätzliche Spektralbänder, das erweiterte Wellenlängenband (E-Band) und das Kurzwellenband (S-Band), um die verfügbare Kapazität der beiden üblichen Frequenzbänder zu erhöhen. Um diese zusätzlichen Wellenlängenbänder effektiv nutzen zu können, mussten die Forscher neue optische Verstärker und optische Verstärkungsausgleicher entwickeln. Diese beiden Frequenzbänder wurden nie benutzt, weil es bislang schlicht nicht nötig war, wird Phillips in einer Mitteilung der Universität zitiert.

Die Nutzung der zusätzlichen E- und S-Bänder führt zu außergewöhnlich guten Ergebnissen. Wenn sich die Technologie weiterentwickelt, könnten Anbieter eines Tages in der Lage sein, die Datenübertragungsmöglichkeiten deutlich zu steigern und das ohne die zusätzlichen Kosten für den Austausch der Glasfaserinfrastruktur.

Rekord bei 1,02 Petabit

Es ist zweifelsohne beeindruckend, was die britischen Forscher hier vollbracht haben, von der schnellsten jemals gemessenen Datenübertragung sind sie aber noch weit entfernt: Im Jahr 2022 haben Forscher des Nationalen Instituts für Informations- und Kommunikationstechnologie (NICT) aus Japan einen Rekord aufgestellt, indem sie 1,02 Petabit, also 1.020.000 Gigabit pro Sekunde übertragen haben. Allerdings verwendeten die Forscher dazu ein speziell angefertigtes Kabel mit vier Adern, statt der herkömmlichen einadrigen Leitung, wie "Techspot" berichtet. (pez, 1.4.2024)