Sturm-Trainer Christian Ilzer: "Die Roten Karten sind extrem bitter und hart."
APA/ERWIN SCHERIAU

Graz - Ein großer Schritt in Richtung elfter Meistertitel en suite ist Salzburgs Fußballern am Sonntag im Bundesliga-Gipfel bei Sturm gelungen. Das 1:0 im intensiven Duell mit dem ersten Verfolger aus Graz verschaffte den Bullen einen Fünf-Punkte-Vorsprung, der aber nicht zur Sorglosigkeit verleiten soll. "Es kann ganz schnell sehr viel passieren", warnte Salzburg-Coach Gerhard Struber, der Sturm schon am Donnerstag im Cup-Halbfinale in Wals-Siezenheim begrüßt.

Wie schnell es - gerade auf emotionaler Ebene - geht, bewiesen die letzten Minuten der intensiven, aber bis dahin stets fairen Partie. Sturms Jon Gorenc Stankovic und Dimitri Lavalee sowie Salzburgs Lucas Gourna-Douath flogen nach einer Rudelbildung vom Platz. "Die Roten Karten sind extrem bitter und hart. Ich habe Verständnis für meine Spieler", sagte Sturm-Coach Christian Ilzer, der zudem den ebenfalls involvierten Bullen Oumar Solet gerne vom Platz gestellt gesehen hätte.

Ähnlich äußerte sich Sportdirektor Andreas Schicker, der nach Abpfiff vor den Unparteiischen erst ironisch niederkniete und nach Erheben ebenfalls dem Roten Karton entgegenblickte. "Schiedsrichter (Stefan) Ebner hat sehr hart spielen lassen, am Ende ist das Spiel total außer Kontrolle geraten. Die Roten Karten waren sehr, sehr hart", monierte Schicker bei "Sky".

Am Ende wurde es ruppig, nicht nur zwischen Dimitri Lavalee (Sturm Graz) und Lucas Gourna-Douath (Salzburg).
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"Im Cup fehlen uns jetzt zwei sehr wichtige Spieler", sagte Ilzer im Hinblick auf das vierte Saisonduell am Donnerstag. Nach zwei Remis kassierte seine ambitionierte Truppe am Sonntag die erste Niederlage und muss nun gleich auf mehrere Ausrutscher des Gegners hoffen. "Wir haben nicht 15 Punkte Rückstand auf Salzburg, man muss schon sehen, dass es uns auch heuer gelingt, dabei zu sein", sagte Ilzer, der "stolz" auf die Leistung der Blackys war. "Und auch wenn es ein richtungsweisender Sieg war, wir werden in der Liga nicht aufgeben."

Bisher leistete sich Salzburg in der zweiten Saisonphase freilich keine Knickser, auch beim 27. Auswärtsspiel ohne Niederlage in Folge nicht. Noch nie seit Wiedereinführung der Punktehalbierung 2018/19 hieß der Spitzenreiter nach einem Spiel in der Meistergruppe nicht Salzburg. Und dabei bleibt es vorerst auch. "Die Punkte sind einiges wert, es erwarten uns aber schwere Aufgaben", erklärte Struber, dessen Elf drei Tage nach dem Cupmatch Rapid empfängt. "Wir müssen jedes Spiel sauber und seriös abarbeiten und dürfen uns aufgrund des Vorsprungs nicht in Sicherheit wiegen."

Der Auftritt in Graz war aus Strubers Sicht aller Ehren wert. "Wir haben sehr viel investieren müssen und haben uns mit Fleiß ins Spiel hineingearbeitet", lobte der 47-Jährige. Erlöst wurde er in einem eher chancenarmen Spiel von Mads Bidstrup, der kurz nach der Pause per sattem Volley mit seinem "falschen" linken Fuß zu seinem zweiten Ligator traf - "zu billig", wie Ilzer ächzte. Struber wiederum lobte den 23-jährigen Dänen in höchsten Tönen. "Jetzt setzt er auch Akzente im Toreschießen, das macht ihn gepaart mit seiner Arbeit gegen den Ball extrem wertvoll für die Mannschaft. Das ist auch auf seine große Lernfähigkeit zurückzuführen."

Alexander Prass und Sturm Graz haben sich vom Titel entfernt.
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Bidstrups Landsmann Mika Biereth blieb beim Gegner hingegen glücklos, seine Effizienz konnte der Stürmer mangels Chancen auch kaum unter Beweis stellen. "Es hat uns zugegebenermaßen die letzte Durchschlagskraft gefehlt", betonte Ilzer, dessen Truppe ihre Umschaltmöglichkeiten im Pressinggewitter nicht so gut ausspielte wie Salzburg. "Gegen Salzburg muss man sehr schnelle Wege ins Angriffsdrittel finden, bei Ballverlust geht mit Fernando die Feuerwehr ab", meinte Ilzer im Hinblick auf den oft gefährlichen, am Sonntag aber im Abschluss unpräzisen Brasilianer in Diensten Salzburgs.

Ilzer steht nicht nur vor der Aufgabe, seine Mannschaft bis zum Donnerstag psychisch aufzupäppeln, er muss sich auch über die Aufstellung einige Gedanken machen. Neben Lavalee und Gorenc Stankovic könnten mit David Affengruber und Mittelfeldmotor Otar Kiteishvili weitere Akteure fehlen. Affengruber klagte nach dem Kopf-Zusammenstoß mit Fernando über Übelkeit und Schwindel, Kiteishvili fehlte gegen Salzburg überhaupt mit einer Wadenblessur. Ob der Georgier am Donnerstag zurückkehren kann, sei "nicht vorhersehbar", sagte Ilzer.

Salzburg wiederum ist heiß auf Revanche für das Cup-Viertelfinal-Aus gegen Sturm in der Vorsaison. "Wir wollen ins Finale, wir schauen nicht auf die Vergangenheit", erklärte dazu Offensivmann Luka Sucic, der nach seiner Knieverletzung im Finish ein Comeback gab und sich trotz "verdienten" Siegs durchaus selbstkritisch vernahm: "Im Cup müssen wir ein besseres Match machen." Struber zeigte sich jedenfalls höchst optimistisch. "Die Mannschaft findet immer bessere Automatismen im Vergleich zum Herbst." (APA, 1.4.2024)