Drei Bremer Vorstadtweiber, wie man bei Uli Brée im ORF sagen würde, mit Villenhintergrund glauben nicht nur, sie stehen im Wald: Sie versuchen in einem kleinen Mikroabenteuer, ohne technische Hilfsmittel aus dem tiefen Wald zurück nach Hause zu finden. Das gelingt freilich nur zweien lebendig. Kritikerinnen und Kritiker reagierten eher skeptisch auf diesen "Tatort: Angst im Dunkeln", "verfahren" findet etwa die "FAZ" den Plot, DER STANDARD könnte schon allein den Ermittlerinnen Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Linda Selb (Luise Wolfram) ewig zuschauen. Wie sehen Sie den neuen Ostermontagskrimi aus Bremen?

Am Morgen ist eine tot

Als die Nacht einbricht, sind die drei Nachbarinnen im Wald verloren – und am nächsten Morgen ist eine Frau tot. Die Ermittlerinnen Liv Moormann und Linda Selb treffen auf ein Netz voller Verdächtiger. Etwa auf den ominösen Handymann, der in dem Wald schon vor Jahren Leuten auflauerte und heimlich Camperinnen auf ihren eigenen Handys beim Schlafen fotografierte. Außerdem bekommt die heile Fassade der Nachbarschaft langsam Risse. Nach und nach treten Abgründe zwischen den Frauen und ihren Familien auf.

Bremer Ermittlerinnen Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Linda Selb (Luise Wolfram) mit Waffen im Anschlag im Wald.
Der Fund einer Leiche führt die Bremer Ermittlerinnen Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Linda Selb (Luise Wolfram) in den Wald.
ORF/Radio Bremen/RB TV/Claudia Konerding

"Unterforderte" Kommissarinnen

Heike Hupertz zeigt sich in der "Frankfurter Allgemeinen" doch ziemlich enttäuscht von diesem "Tatort" aus Bremen, der erwartbare Horror halte sich in Grenzen: "Die Stimmung bleibt lau im Drehbuch von Kirsten Peters. Der gesamte Ablauf wirkt distanziert; Spannung kommt nicht auf, der Showdown am Ende ist zum Gähnen. Die Kommissarinnen, die gewitzte Liv Moormann und die entrückt-superschlaue Linda Selb, bleiben unterfordert. Statt Kombinationswitz gibt es hier erzählerische Ödnis."

Dabei zeigten Regisseurin Leah Striker und Kameramann Stefan Unterberger den Kontrast zwischen der Bremer Nobelvorortfassade und der Natur visuell durchaus überzeugend. Auch die parallele Erzählstruktur, die den Fortschritt der Ermittlung und den Countdown des Damenkränzchens im Forst bis zu den Sekunden vor Marlene Seiferts Tod herunterzählt, findet sie ansprechend. Aber: "Die unglaubwürdigen Charaktere und die naiven Zufälle des Drehbuchs machen jedoch alles zunichte. Wer hier 'Angst im Dunkeln' verspürt, hat sich wohl kaum je richtig gefürchtet."

Viola Klemm (Sophie Lutz), Ayla Ömer (Pegah Ferydoni) und Marlene Seifert (Inez Bjørg David) im Wald
Als die Nacht kommt, sind die Nachbarinnen aus dem gutbürgerlichen Bremen-Schwachhausen Viola Klemm (Sophie Lutz), Ayla Ömer (Pegah Ferydoni) und Marlene Seifert (Inez Bjørg David) im Wald verloren.
ORF/Radio Bremen/RB TV/Claudia Konerding

Bimmelt und wimmelt im einsamen Wald

Nur eine Szene lässt "Spiegel"-Kritiker Christian Buß gelten: Als die aus einfachen Plattenbau-Verhältnissen stammende Kommissarin Liv Moormann sich über die Klaviere in jedem gutbürgerlichen Altbau-Wohnzimmer empört. "Leider ist es die einzige wunderbare Szene in diesem 'Tatort'. Denn statt tiefer ins echte oder falsche Jugendstilidyll vorzudringen, verlagern die Filmemacherinnen die Handlung in das Gehölz eines Waldes jenseits der Stadtgrenze. Drei Mütter aus Schwachhausen ließen sich hier aussetzen, nur mit Kompass und angeblich ohne Handy, weil sie austesten wollten, ob ihren Kindern so ein Survivaltrip zur Selbstertüchtigung zuzumuten ist." Buß vergibt für diesen "Tatort" nur drei von zehn möglichen Punkten.

Und wo sich drei Nachbarinnen ohne Mobiltelefon verirren, "wimmelt und bimmelt es bald in der angeblich einsamen Wildnis wie auf dem Jahrmarkt", moniert Buß: "In dem völlig unglaubwürdig herbeiinszenierten Gekeile und Gelärme fern der Stadt offenbaren sich dann all die Nickligkeiten und Abhängigkeiten, mit denen sich die Schwachhausener Wohlstandsbürgerinnen und -bürger ihr Leben im Jugendstilparadies zur Hölle machen. Vor Sozialdarwinismus ist hier niemand gefeit. Gebildet, achtsam, asozial, so das Pauschalurteil, sind sie allesamt."

Aber die Ermittlerinnen!

STANDARD-Kritikerin Doris Priesching indes klingt zum "Tatort: Angst im Dunkeln" deutlich positiver: "Irrläufe im Wald erlaubt sich die Folge nicht. Schnurgerade bahnt sich diese Tragödie ihren Weg durch das finstere Dickicht. Luise Wolfram und Jasna Fritzi Bauer könnte man sowieso ewig zuschauen."

Und wie sehen Sie den neuen "Tatort: Angst im Dunkeln" aus Bremen am Montagabend um 20.15 Uhr in ORF 2 und in der ARD? Wir sind gespannt auf Ihre Meinung hier im Forum! (red, 1.4.2024)