Mann steht in der Dusche, der Wasserstrahl geht auf sein Gesicht.
Legionellen befinden sich oft in Duschschläuchen, wenn die Dusche länger nicht benutzt wurde. Dreht man das Wasser auf, werden sie in Aerosolen zerstäubt, man atmet sie ein – so können sie in die Lunge gelangen.
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In Wien soll ein Fall von Legionellen bei einem Mann eine Lungenentzündung ausgelöst haben, er musste offenbar auf der Intensivstation versorgt werden. Doch der Befund der Ages, der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, sieht keinen Zusammenhang zwischen den Bakterien und der Lungenentzündung, der Auslöser dürfte ein anderer sein.

Trotzdem kommt es immer wieder zu Berichten von Legionellenbefall, erst vor kurzem herrschte an der Wiener Boku ein Verbot, Leitungswasser zu trinken, da die Bakterien im Trinkwasser festgestellt worden waren. Doch was sind das konkret für Bakterien? Warum sind sie so gefährlich? Und wie steht es um den aktuellen Fall? DER STANDARD beantwortet die wichtigsten Fragen.

Frage: Was sind Legionellen eigentlich?

Antwort: Legionellen sind gramnegative, aerobe Bakterien, die zur Familie der Legionellaceae, Gattung Legionella gehören. Sie sind in natürlichen Süßwasservorkommen und künstlichen aquatischen Standorten verbreitet. Vor allem in warmem Wasser zwischen 25 und 45 Grad Celsius finden sie und ihr Wirt, die Amöben, optimale Bedingungen zur Vermehrung vor. Besonders günstig sind künstliche Warmwasseranlagen und Rohrsysteme mit geringem Durchfluss bzw. stagnierendem Wasser.

Derzeit sind über 60 Arten bekannt, die mindestens 79 verschiedene Serogruppen umfassen. Die Bakterien können sich im Zellinneren, vor allem im Wasser, aber auch in menschlichen Makrophagen, die zu den weißen Blutkörperchen gehören, vermehren. Ab 55 Grad wird das Wachstum der Legionellen wirksam gehemmt, ab 60 Grad sterben sie ab.

Frage: Wie gefährlich sind Legionellen?

Antwort: Prinzipiell sind alle Legionellen als potenziell humanpathogen einzustufen. Im europäischen Raum werden aber die meisten ambulant erworbenen Erkrankungen durch Erreger der Spezies Legionella (L.) pneumophila, Serogruppe 1 verursacht. Innerhalb der Serogruppe 1 lassen sich monoklonale Subtypen unterscheiden. Stämme, die mit dem monoklonalen Antikörper (MAb) 3-1 reagieren, gelten dabei als besonders pathogen. Weitere bekannte Legionellenspezies, die gelegentlich zu Erkrankungen beim Menschen führen, sind unter anderem L. anisa, L. bozemanii, L. longbeachae und L. micdadei, teilt das RKI, das deutsche Robert-Koch-Institut, in einem Merkblatt mit.

Frage: Wie kommt es zu einer Infektion?

Antwort: Zur Legionelleninfektion kommt es am häufigsten durch das Einatmen von legionellenhaltigen Amöbenpartikeln in Form eines aerosolisierten Luft-Wasser-Gemischs aus der Umwelt. Das passiert etwa beim Duschen, im Whirlpool, über Inhalationsgeräte, Klimaanlagen, Kühltürme, Autowaschanlagen und Ähnliches. Nur Tröpfchen unter circa 0,5 µm (Aerosol) können in die Tiefe der Lunge eindringen und die Alveolen infizieren. Legionellen können außerdem durch Aspiration von legionellenhaltigem Wasser, also durch Verschlucken, in die Lunge gelangen und eine Pneumonie auslösen.

Auch beim Hantieren mit Kompost und Pflanzenerde kann man sich übrigens in seltenen Fällen infizieren. Das geschieht wahrscheinlich, wenn man dabei legionellenhaltige Staubpartikel inhaliert, wie in einem Informationsblatt des Instituts für Krankenhaushygiene und Mikrobiologie der Med-Uni Graz mitgeteilt wird.

Frage: Was ist dran am konkreten Legionellenbefall?

Antwort: Anfang März musste ein Wiener, der in einem Gemeindebau in Floridsdorf lebt, mit Lungenentzündung auf der Intensivstation behandelt werden, berichtet die Tageszeitung "Heute". Der angebliche Grund dafür: Legionellen. Tatsächlich wurden, lokal begrenzt, im Duschschlauch in der Wohnung des Mannes Legionellen festgestellt. Es wurden außerdem an weiteren Stellen in der Wohnung Proben entnommen, dort konnten aber keine Bakterien ausgemacht werden. "Die Leitungsrohre sind also nicht betroffen", sagt ein Sprecher von Wiener Wohnen. Darüber hinaus wurden aktuell weitere Untersuchungen an mehreren Stellen in der Wohnanlage beauftragt, die alle keinen Bakterienbefall zeigten. Der Sprecher teilt außerdem mit, dass in den vergangenen zwei Jahren drei Routineuntersuchungen auf Legionellen mit negativem Ausgang in der Wohnanlage durchgeführt worden sind.

Laut Gutachten der Ages gehören die im Duschschlauch gefunden Bakterien zur Untergruppe der "non-pneumophila": "Bei der Wasseruntersuchung in der Wohnung des Patienten wurde der Nachweis von Legionellen der Gruppen Anisa, also von der Spezies der non-pneumophila Legionellen festgestellt. Glücklicherweise konnten somit keine für den Menschen akut gefährlichen (humanpathogenen) Legionella pneumophila nachgewiesen werden." Laut diesem Gutachten sprechen die gefundenen Legionellen gegen einen Zusammenhang mit der Erkrankung, teil der Sprecher mit, die Lungenentzündung dürfte eine andere Ursache haben.

Frage: Was passiert bei einem Legionellenbefall?

Antwort: Legionellen sind meldepflichtig, auch jeder Verdachtsfall. Das wird bei der zuständigen Gesundheitsbehörde angezeigt, in Wien ist das der Gesundheitsdienst der Stadt, die Magistratsabteilung 15. Diese gibt dann den Auftrag, Wasserproben zu entnehmen und im Labor untersuchen zu lassen, erklärt ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker. Bei positivem Bescheid werden die Leitungen gesperrt und Duschen untersagt, damit man die Wasserdämpfe nicht einatmet – mit denen kämen ja die Bakterien in die Lunge. Die Verantwortlichen – in diesem Fall Wiener Wohnen, da es sich um einen Gemeindebau handelt – sind angewiesen, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit der Missstand behoben wird. Das geschieht aktuell.

Frage: Wer ist gefährdet, an Legionellen zu erkranken?

Antwort: Nicht alle Menschen werden automatisch schwer krank, es gibt erschwerende Risikofaktoren. Besonders gefährdet sind Menschen mit Immunsuppression, Diabetes Mellitus, chronischer Lungenerkrankung, Maglinom, Raucherinnen und Raucher und generell Personen, die älter sind als 50. Symptome sind zu Beginn oft unspezifisch, etwa allgemeines Unwohlsein, Gliederschmerzen, Kopfschmerzen und Reizhusten. Innerhalb weniger Stunden kommen Schüttelfrost, hohes Fieber sowie Durchfall, Übelkeit und Erbrechen dazu. Schließlich kann es noch zu Benommenheit kommen, bis hin zu schweren Verwirrtheitszuständen. Isolierung der Betroffenen ist nicht nötig, eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist so gut wie ausgeschlossen. Üblicherweise wird mit einem Antibiotikum behandelt. Zehn bis 15 Prozent der Fälle sind aber so schwer, dass sie tödlich verlaufen.

Frage: Was hilft gegen Legionellen?

Antwort: Die Bakterien sterben ab einer Temperatur von 60 Grad ab, deshalb ist Hitze das Mittel der Wahl. Das Institut für Krankenhaushygiene und Mikrobiologie der Med-Uni Graz empfiehlt, jede Entnahmestelle für Wasser mindestens drei Minuten lang mit 70 Grad heißem Wasser zu spülen oder zehn Minuten mit 65 Grad heißem Wasser. Außerdem werden Duschschläuche desinfiziert bzw. getauscht, Wasserstrahlregler entkalkt und desinfiziert und eventuell auch Armaturen getauscht. Da ein Befall meldepflichtig ist, müssen auch die Gegenmaßnahmen offiziell geprüft werden, bevor die Leitungen wieder freigegeben werden.

Frage: Wie kann man verhindern, dass sich überhaupt Legionellen ansiedeln?

Antwort: Durch hygienetechnische Maßnahmen. Die Warmwasseraufbereitung und -speicherung sollte über 60 Grad sein. Speicher, Wasserstrahlregler und Duschköpfe sollten regelmäßig desinfiziert werden. Stehende Leitungsabschnitte sollte man ausschließen bzw. vom restlichen Leitungssystem abtrennen. Klimaanlagen müssen außerdem laufend gereinigt und gewartet werden. (Pia Kruckenhauser, 3.4.2024)