Aus dem Wiener Linux-Umstieg wurde nichts. Und auch die Umstellung der Verwaltung der Stadt München wurde nach über zehnjährigem Vorlauf im Jahr 2015 zu Grabe getragen. Verwiesen wurde in letzterem Falle auf hohe Kosten und Umstiegsprobleme für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Allerdings hatte sich damals auch Microsoft entschieden, seine neue Deutschland-Zentrale im Stadtteil Schwabing einzurichten. Die damalige Stadtregierung und der Konzern dementierten allerdings einen Zusammenhang.

Doch abseits davon tut sich doch immer wieder etwas. 2017 begann beispielsweise im italienischen Vicenza die Umrüstung auf die Linux-Distribution Zorin OS. Und im vergangenen Jahr entschloss man sich in Frankfurt nach ersten Erfahrungen mit Open-Source-Software ebenfalls dafür, die Rechner der Verwaltung auf Linux umzustellen. Dem gesellt sich nun ein ganzes deutsches Bundesland hinzu: Schleswig-Holstein.

In Schleswig-Holstein soll die Verwaltung künftig mit einer Linux-Distribution statt Windows arbeiten. Der Pinguin ist das "Wappentier" des freien Betriebssystems.
Paul Nicklen

25.000 PCs

Vor kurzem hat man dort einen Testlauf mit der freien Office-Suite LibreOffice abge- und dessen flächendeckende Einführung beschlossen. Es geht um die Schaffung eines "digital souveränen IT-Arbeitsplatzes", heißt es in einer Aussendung aus dem Büro des Ministerpräsidenten. Und neben dem Wechsel der Office-Lösung ergreift man dafür auch noch weitere Maßnahmen. Eine davon ist die Einführung weiterer quelloffener Tools, reichend von der Telefonielösung, über den Mailserver bis zum Verzeichnisdienst. Angekündigt wurde weiters ein Schulungsprogramm für jene Mitarbeiter, die nun auch auf LibreOffice umgestellt werden.

Explizit vorgesehen ist aber auch der Wechsel von Windows zu Linux. Dabei geht es um rund 25.000 PCs und etwa 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Vorstoß ist auch das Ergebnis der Regierungsvereinbarung 2017 zwischen CDU, Grünen und FDP, in welches die Grünen einen langfristigen Umstieg auf Open-Source-Lösungen hineinargumentiert hatten.

2021 erklärte der damalige Minister für Digitalagenden, Jan Philipp Albrecht, gegenüber Heise, dass man sich damit auch mehr Flexibilität und auf Dauer geringere Kosten erhoffe, zumal man so auf viele kostenpflichtige Lizenzen verzichten könne. Er argumentierte aber auch mit der längeren Nutzbarkeit von Hardware. Windows 11 würde mit seinen Mindestanforderungen zum Problem für ältere Rechner, mit Linux habe man dieses Problem nicht.

Nach den Wahlen 2022 in Schleswig-Holstein setzte die nunmehr schwarz-grüne Koalition die Pläne fort. Im Koalitionsvertrag (PDF) wurde zudem auch eine Ausweitung von Open-Source an Schulen festgeschrieben.

Ganze Regierungen steigen um

Auch ganze Regierungen arbeiten am Umstieg auf das freie Betriebssystem. Südkorea will beispielsweise bis 2026 die IT-Migration durchziehen. Andere wiederum schlagen diesen Weg ein, um sich stärker von westlichen Technologien unabhängig zu machen. In Nordkorea ist schon länger eine Linux-Distribution namens "Red Star OS" im Einsatz. In China arbeitete man an "Red Flag OS", mit dem man eine Alternative zu Windows aufbauen wollte. 2014 wurde das Projekt mangels Erfolg eingestellt.

In Russland hingegen gewann Astra Linux des Herstellers Astra im vergangenen Jahrzehnt an Bedeutung, sowohl in staatlichen Institutionen und staatsnahen Unternehmen als auch im Bildungsbereich und unter Privatnutzern. Nachdem Microsoft sich infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine aus Russland zurückgezogen hatte, kündigte das Unternehmen einen Börsengang in Moskau an, der schließlich im vergangenen Oktober erfolgte. (gpi, 9.4.2024)