Mount Everest
Der Mount Everest zieht leider nicht nur die am besten ausgebildeten Alpinistinnen und Alpinisten an. Mit der Zunahme an Gipfelstürmern, darunter mehr und mehr unerfahrene Touristen, steigen auch die Probleme, die verheerende Folgen haben können. Allein im vergangenen Jahr kamen 18 Menschen am höchsten Berg der Welt ums Leben.
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Noch sind die sogenannten Eisdoktoren am Werken. Vor der anstehenden Hauptsaison am Mount Everest versichern alljährlich Sherpas den Weg durch den berüchtigten Khumbu-Eisfall, der als die gefährlichste Passage des Normalweges von Nepal aus auf den mit 8849 Metern höchsten Berg der Welt gilt. Kollabierende Eistürme (Séracs) und Lawinen stellen eine permanente Bedrohung für all jene dar, die dort über waagrechte bis senkrechte Leitern Gletscherspalten und Hindernisse überwinden, um vom Basislager in 5.364 Meter Höhe zunächst einmal ins erste von vier Hochlagern zu gelangen.

Besonders gefährdet sind Sherpas, weil sie sich während des Präparierens der Wege für die Bergsteigerinnen und Bergsteiger lange dort aufhalten und beim Schleppen der Ausrüstung (Zelte, Gaskocher, Seile, Sauerstoffflaschen etc.) mehrmals an der neuralgischen Stelle vorbeimüssen. Zwischen 1953 und 2023 sind allein im Khumbu-Eisfall 50 Sherpas ums Leben gekommen.

Khumbu-Eisfall
Will man von Nepal aus auf den Mount Everest, gilt es, den herausfordernden Khumbu-Gletscher zu überwinden. Mit Leitern und Fixseilen wird die Passage für die "Bergtouristen" präpariert, damit sie leichter oder überhaupt auf den Gipfel kommen können.
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Aber auch die sich bald wieder in Schlangen am Berg stauenden Bergtouristen müssen diesen nicht zum Verweilen einladenden Ort öfter passieren, da sie zu Akklimatisationszwecken von Höhenlagern immer wieder weiter nach unten und also auch ins Basislager zurückkehren sollten, bevor sie letztlich zum Gipfel steigen.

Auch heuer ist der Ansturm speziell im Frühjahr wieder enorm, da von April bis Ende Mai für eine Besteigung beste Bedingungen herrschen. Zu dieser Zeit macht der gefürchtete Monsun Pause, ist das Wetter oft stabil und sind die Temperaturen am ehesten erträglich.

Großer Andrang, steigende Preise

Bis Ende März waren bereits rund 400 Genehmigungen (Permits) von der nepalesischen Behörde für die Besteigung des "Dachs der Welt" ausgestellt worden. Weitere werden in den kommenden Wochen dazukommen. Vergangenes Jahr wurden 478 Permits vergeben. Da pro Bergsteiger ein bis zwei Sherpas engagiert werden, können zu Stoßzeiten in Summe über 1000 Personen am Everest unterwegs sein.

Weil ab nächster Saison die Preise für die Genehmigung von 11.000 US-Dollar (rund 10.000 Euro) auf 15.000 Dollar angehoben werden, rechnet der Chef der Vereinigung nepalesischer Expeditionsfirmen, Rishi Bhandari, speziell heuer mit erhöhtem Andrang, auch wenn diese Preiserhöhung bei Gesamtausgaben von rund 40.000 bis 80.000 Dollar auch schon mehr oder weniger egal ist.

Die Mehreinnahmen kann das arme Land dringend brauchen. Noch höhere Gebühren könnten freilich noch mehr Geld in die klammen Staatskassen spülen und nebenbei auch manche abschrecken, dieses mit hohen Risiken verbundene Abenteuer zu wagen. Gerade die in den vergangenen Jahren immer wieder aufkommende Staubildung infolge von zu vielen gleichzeitig bei günstigen Bedingungen aufbrechenden Bergsteiger birgt enorme Gefahren. So könnte eine Lawine Dutzende in den Tod reißen oder ein plötzlicher Wetterumschwung Hunderte in Not bringen. Zudem können durch Warten im Stau bedingte Unterkühlungen oder allzu langes Verharren in der Todeszone (in etwa ab 8000 Meter) zu gravierenden Problemen oder noch Schlimmerem führen.

Diesbezüglich ist es bestimmt auch nicht förderlich, dass immer mehr Kunden mit wenig oder überhaupt keiner Alpinerfahrung den Everest bezwingen wollen oder dass Expeditionsfirmen für ihre Pauschalreisen aufgrund der großen Nachfrage auch immer wieder Bergführer und Gepäckträger mit wenig Erfahrung engagieren.

Einschränkungen auf alternativer Nordroute

Als Alternative ist nach der Pandemie seit vergangenem Herbst auch wieder eine Besteigung von Tibet (China) möglich, die Route vom Norden aus wird aber weitaus seltener gewählt, obwohl man sich den tückischen Khumbu-Eisfall erspart. Die China Tibet Mountaineering Association (CMTA) setzt nämlich auf eine strenge Limitierung der Besteigungsgenehmigungen.

Base Camp Everest Basis Lager
Das Basislager auf der nepalesischen Seite liegt auf 5.364 Metern und bietet relativ viel Komfort. Von dort ist der Aufstieg aber wegen des Khumbu-Eisfalls schwieriger als vom Norden (Tibet) her. Dennoch wählen weit mehr die Variante vom Süden aus, weil China die Vergabe von Permits streng reglementiert.
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Das Maximum von 200 Permits pro Saison soll künftig sogar noch gesenkt werden. Zudem bekommt nur jemand eine Besteigungserlaubnis, der nachweislich zumindest einen Siebentausender bestiegen hat. Vergangenes Jahr entschieden sich letztlich nur wenige Expeditionen für die nördliche Route, weil die Ausstellung der Permits so lange auf sich warten ließ, dass vielen Anbietern die Zeit davonlief.

Für eine Besteigung von Nepal aus sind für den Everest und rund 400 weitere Berge, für die eine Besteigungsgenehmigung erforderlich ist, ab dieser Saison Trackinggeräte (Reflektoren in Kaugummigröße, die ohne Batterie auskommen und ein Radarsignal zurücksenden können) verpflichtend. Sie sollen die Suche nach vermissten Personen vereinfachen, auch wenn sie im Fall des Falls in eine tiefe Gletscherspalte oder bei rauen Witterungsbedingungen nicht mehr oder nur eingeschränkt funktionieren.

Damit sollen die Überlebenschancen von Verunglückten steigen, zumal die Suche nach ihnen vereinfacht wird. Allein im vergangenen Jahr sind 18 Menschen, ein Drittel davon Sherpas, am Everest gestorben. Insgesamt haben bisher 332 Menschen am Everest ihr Leben gelassen, 130 davon waren Sherpas. Von den 92 zwischen 2013 und 2023 tödlich Verunglückten, waren übrigens knapp die Hälfte (47) Sherpas.

Müll und Exkremente als Problem

Insgesamt sollen sich über die Jahrzehnte rund 200 Leichen am Everest angesammelt haben, viele davon sind unauffindbar. Ein paar davon werden heuer von der nepalesischen Armee im Zuge der "Clean Himalaya Campaign 2024" mitsamt einigen Tonnen an Müll vom Berg gebracht. Zurückgelassene Zeltreste, Kleidung, Kocher, Gaskartuschen, Getränke- und Sauerstoffflaschen etc. haben ihren Beitrag zur, wie es heißt, höchstgelegenen Müllhalde der Welt geleistet.

Hochlager Everest
Ein Everest-Hochlager nach der Hauptsaison 2023: Zelte, Matten, Essensverpackungen etc. wurden zurückgelassen.
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Ein Scherflein dazu beigetragen haben auch die meist zurückgelassenen Exkremente. Um der Verschmutzung entgegenzuwirken, sind ab dieser Saison Sackerln fürs Gackerl am Everest verpflichtend. Damit will man auch die durch den vermehrten Ansturm gestiegene Gefahr bannen, dass jemand menschliche Ausscheidungen zu sich nimmt, wenn er etwa kontaminierten Schnee für die Trinkwassergewinnung schmilzt. (Thomas Hirner, 12.4.2024)