Saudi-Arabien will in Zukunft nicht nur vom Ölgeschäft abhängig sein und seine Wirtschaft diversifizieren. Und zur Umsetzung dieser Ambitionen arbeitet man schon länger an einer spektakulären Stadt in der Wüste. The Line heißt die Metropole, die sich – namensgemäß – wie eine Linie in Form zweier langgestreckter Wolkenkratzer 170 Kilometer durch die Landschaft ziehen soll.

Im Oktober 2022 begannen die ersten Bauarbeiten für das von vielen Beobachtern skeptisch beäugte Unterfangen. Nun, so berichtet "Bloomberg" unter Berufung auf einen anonymen Insider, sollen die Pläne massiv zurückgefahren werden. Zumindest mittelfristig.

Nur ein Fünftel der Einwohner bis 2030

Bis 2030 sollten laut den bisherigen Plänen in The Line 1,5 Millionen Menschen leben. Doch das wird sich wohl bei weitem nicht ausgehen. Laut den neuen Informationen geht man davon aus, dass bis 2030 lediglich 2,4 Kilometer der Stadt fertiggestellt sein werden. Dementsprechend reduziert sich auch die erwartete Einwohnerzahl bis zum Ende des Jahrzehnts drastisch, nämlich auf unter 300.000.

Visualisierung des saudischen Stadtprojekts
Bis 2030 dürften nur 2,4 Kilometer des Stadtgebiets von The Line fertiggestellt sein.
Neom

Laut Unterlagen, die Bloomberg vorliegen, hat zumindest ein zuarbeitendes Unternehmen auf Basis der Planänderungen bereits einen Teil seiner Arbeiter entlassen. The Line ist ein Teil des 1,5 Billionen Dollar schweren Projekts "Neom", für das entlang der Küste des Roten Meeres neben der Linienstadt auch eine Industriestadt, mehrere Häfen und verschiedene touristische Einrichtungen entstehen sollen. Ein dazugehöriges Wintersportgebiet namens "Trojena" soll 2029 als Austragungsort der asiatischen Winterspiele dienen.

Eine in eine Luxusdestination umgebaute Insel, Sindalah, soll noch heuer erste Gäste empfangen. Mit einer riesigen Solar- und Windfarm möchte man außerdem sogenannten grünen Wasserstoff erzeugen, also Wasserstoff, der ohne CO2-Emissionen und Aufwand fossiler Brennstoffe gewonnen wird. Man strebt an, in Zukunft zu den größten Produzenten des Treibstoffs zu werden.

Kein Kommentar von offiziellen Stellen

Vertreter von Neom wollten keine Auskunft zu etwaigen Planänderungen geben. Auch der vom Königreich betriebene Investmentfonds, der das Projekt hauptsächlich finanziert, gab keinen Kommentar ab. Arbeiten an anderen Teilen von Neom sollen durch die Planänderungen aber nicht beeinträchtigt sein.

Zudem sollen sich die Gesamtziele für The Line an sich nicht geändert haben, aber ihre Erreichung zumindest deutlich verschieben. Dazu wurde das Jahresbudget für Neom noch nicht offiziell bewilligt, was dafür spricht, dass es in höheren Kreisen Bedenken ob des hohen Geldbedarfs gibt. Offiziell war bereits zu hören, dass einzelne Teile von Neom erst nach 2030 gebaut oder fertiggestellt werden, da man laut dem Finanzminister, Mohammed Al Jadaan, zunächst Fabriken bauen und genug Arbeiter brauche. (gpi, 10.4.2024)