Parkender Tesla bei Ladesäule.
Wer den Wächtermodus seines Teslas aktiviert, den treffen datenschutzrechtliche Pflichten.
IMAGO/Michael Bihlmayer

Im Mai 2022 parkte ein Tesla Model Y im beschaulichen Tiroler Telfs. Beim Passieren des Fahrzeuges bemerkte ein Fußgänger das Aufblinken der Scheinwerfer. Ein kurzer Blick des irritierten Fußgängers durch das Fahrzeugfenster offenbarte, dass der sogenannte Wächtermodus aktiv war. Hierbei handelt es sich um eine Überwachungsfunktion in Tesla-Autos zur Vermeidung von etwaigen Einbrüchen oder Diebstählen.

Wenn der Wächtermodus aktiviert ist, bleiben die am Fahrzeug angebrachten Kameras und Sensoren eingeschaltet und zur Aufzeichnung verdächtiger Aktivitäten rund um das Fahrzeug bereit. Zunächst werden die Scheinwerfer ein- und ausgeschaltet, danach soll ein Alarmton abschrecken. Passanten werden durch eine entsprechende Meldung auf dem Touchscreen im Fahrzeuginneren darauf hingewiesen, dass sie von den Kameras möglicherweise aufgezeichnet werden. Etwaige Livebilder werden dem Fahrzeughalter über eine App angezeigt. Sofern technisch ermöglicht, kommt es zu einer Aufzeichnung des Ereignisses auf dem USB-Laufwerk.

Die Kameras rund um das Fahrzeug registrieren bei aktiviertem Wächtermodus alle Bewegungen im Umkreis. Sobald sich etwas (oder jemand) zu nahe am Fahrzeug bewegt, wird die Aufnahme gestartet. Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) behob nun eine in die andere Richtung weisende Entscheidung der Datenschutzbehörde und stellte fest, dass der Fahrzeughalter den Passanten durch den Betrieb des Wächtermodus im Recht auf Information gemäß Artikel 13 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verletzt hat. Es liege bereits in der Beobachtung der Umgebung bei aktiviertem Wächtermodus eine Datenverarbeitung vor, die die datenschutzrechtlichen Pflichten auslöst. Auf das zusätzliche Speichern der Aufnahmen kommt es dabei gar nicht an. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde vom BVwG als unzulässig erklärt. Theoretisch könnte der Fahrzeughalter noch außerordentliche Rechtsmittel an die Höchstgerichte richten.

Datenschutzrechtliche Informationspflicht

Nach dem BVwG hätte der Fahrzeughalter schon vor Beginn der Erfassung durch die im Fahrzeug verbauten Kameras (somit wohl bereits bevor der Aufnahmebereich von einer Person betreten wird) eine Datenschutzerklärung bereitstellen müssen, um nicht gegen die DSGVO zu verstoßen. Dieser Verstoß kann von der Datenschutzbehörde grundsätzlich mit Geldstrafe in Millionenhöhe sanktioniert werden – was im Einzelfall freilich nicht zu erwarten ist. Soweit aktuell aus Strafbescheiden der Datenschutzbehörde ableitbar, müssen Fahrzeughalter jedoch durchaus mit einem Strafrisiko von mehreren Tausend Euro rechnen. Denn eines steht fest: Datenschutzrechtlich verantwortlich ist jedenfalls, wer sich entscheidet, den Wächtermodus zu aktivieren.

Tesla-Fahrer und auch Fahrzeughalter anderer Marken, die ähnliche Systeme verbaut haben, sind somit gut beraten, sich eingehend mit den datenschutzrechtlichen Informationspflichten nach Artikel 13 DSGVO auseinanderzusetzen.

Kennzeichnung von Fahrzeugen

Wie Fahrzeughalter dieser Informationspflicht nun konkret nachkommen sollen, verrät das BVwG nicht. Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) schlägt für die Videoüberwachung allgemein einen zweistufigen Aufbau vor:

Auf erster Stufe können Fahrzeughalter ein Hinweisschild verwenden, das Angaben zur Identität, den Zwecken, dem verfolgten berechtigten Interesse und den Betroffenenrechten enthält. Ferner ist auf die detailliertere zweite Informationsebene (beispielsweise via QR-Code oder URL) und darauf, wo diese zu finden ist, zu verweisen. Darüber hinaus sollte der Hinweis auch alle Informationen enthalten, die überraschend sein könnten, wie die Offenlegung der Aufnahmen an Dritte, ein Datentransfer außerhalb des EWR oder eine besonders ausgefallene Speicherdauer.

Die Information der zweiten Stufe soll sodann alle Angaben gemäß Artikel 13 DSGVO enthalten und muss an einem leicht zugänglichen Ort zur Verfügung gestellt werden. Nach Ansicht des Europäischen Datenschutzausschusses müssen diese Informationen sogar auf nicht digitalem Wege leicht verfügbar sein. Es müsse zudem möglich sein, auf die Informationen zuzugreifen, ohne sich in den überwachten Bereich zu begeben.

Im Ergebnis muss die erfasste Person in der Lage sein, einzuschätzen, welcher Bereich von den Kameras erfasst wird, damit sie der Überwachung ausweichen oder ihr Verhalten erforderlichenfalls anpassen kann – beispielsweise durch Wechseln der Straßenseite.

Informationspflicht im Praxistest

Selbstredend ist ein Hinweisschild nicht sonderlich ästhetisch, jedoch leicht umsetzbar. Eine größere Herausforderung dürfte darin bestehen, die Informationen vor dem Betreten des Aufnahmebereichs bzw. vor Beginn der Bildverarbeitung bereitzustellen. Schließlich beruht zumindest der Wächtermodus im aktivierten Zustand offenbar darauf, dass die verbauten Kameras die Umgebung dauerhaft überwachen, um eine Manipulation am Fahrzeug erkennen zu können. Realistisch lässt sich diese Anforderung somit nur erfüllen, wenn eine unerwünschte Nähe zum Fahrzeug (die wohl bereits zum Zweck der Sichtung des Hinweisschildes hergestellt wird) durch andere Technologien als die Bildverarbeitung erkannt und der Beginn derselben durch ein verzögerndes Signal an die Außenwelt angekündigt wird, sodass sich Personen vom Aufnahmebereich rechtzeitig entfernen können. Eine andere Möglichkeit könnte in der unumkehrbaren technischen Manipulation der Aufnahmen vor Beginn der eigentlichen Bildaufnahme zur Beweissicherung bestehen, um eine personenbezogene Erfassung zu verhindern.

Hinzu tritt die Frage, wie einzelne Fahrzeughalter die Informationen auf zweiter Stufe bereitstellen sollen. Im Normalfall betreiben Privatpersonen keine Webserver, auf denen sie Datenschutzinformationen zum Abruf bereithalten können. Ein entsprechendes Angebot der Fahrzeughersteller ist nicht ersichtlich.

How-to für Fahrzeughalter

Wenngleich es für Fahrzeughalter sicherlich wünschenswert wäre, dass sich Fahrzeughersteller mit den mit dem Wächtermodus oder vergleichbaren Lösungen verbundenen rechtlichen Risiken für ihre Kunden zentral auseinandersetzen und praktikable Angebote schaffen, sollten Fahrzeughalter zumindest folgende Schritte setzen, um nicht von vornherein ins Fadenkreuz der Datenschutzbehörde oder engagierter Datenschützer zu geraten:

Fahrzeughalter sollten den Wächtermodus nur dann aktivieren, wenn es aufgrund der Situation erforderlich erscheint. Ist der Wächtermodus nicht aktiviert, kommt es auch zu keiner Bildverarbeitung, wodurch auch keine datenschutzrechtlichen Pflichten ausgelöst werden. Beim Parken des Fahrzeuges mit aktiviertem Wächtermodus sollten sie sicherstellen, dass herannahende Personen zumindest von den derzeitigen Signalen der Fahrzeuge leicht Kenntnis nehmen können.

Fahrzeughalter sollten zudem zumindest ein Hinweisschild bereithalten, das bei Verwendung des Wächtermodus hinter einer der Scheiben gut sichtbar positioniert werden kann; wenngleich bezweifelt werden darf, dass diese Maßnahme den hohen Anforderungen des EDSA genügt. Sollten Fahrzeughalter keine Möglichkeit haben, eine Datenschutzinformation zum Onlineabruf bereitzustellen, sollten sie eine Telefonnummer oder E-Mail-Adresse angeben, unter der erfasste Personen weitere Informationen anfordern können.

Man mag die Pflicht zur Information beim Betrieb des Wächtermodus durchaus als technokratische Elfenbeintürmlerei abtun, jedoch sollte nicht vergessen werden, dass nicht nur der Schutz des Eigentums vom Staat grundrechtlich garantiert wird, sondern auch der Anspruch des Einzelnen, über die Erhebung und Nutzung personenbezogener Informationen grundsätzlich frei zu entscheiden. (Maximilian Kröpfl, 13.4.2024)