Ab ein Uhr morgens heulten in mehreren Teilen Israels die Luftschutzsirenen, vor allem im Süden des Landes war bis sechs Uhr morgens an Schlaf nicht zu denken. Kampfjets waren im Dauereinsatz, Explosionsdonner erschütterte die Nacht. Bald wurde aber klar: der Donner kam vor allem von den israelischen Abwehrsystemen. Sie schafften es, 99 Prozent der Raketen und Drohnen abzuschießen. "Ein großer Erfolg" sei das, sagte Armeesprecher Daniel Hagari Sonntagmorgen.

Iron-Dome-System bei iranischem Angriff auf Israel.
Luftabwehrfeuer über der Hafenstadt Ashkelon im Süden Israels.
REUTERS/Amir Cohen

Israel war dabei nicht allein. Die Armee bekam kräftige militärische Unterstützung aus dem Ausland: vor allem aus den USA, aber auch von Großbritannien, Frankreich und mehreren Staaten in der Region. Israel nimmt dazu keine Stellung, inoffiziell wird aber bestätigt, dass sich auch Jordanien und Ägypten an der Abwehr beteiligten – und sogar Staaten, mit denen Israel noch keine Beziehungen aufgenommen hat.

So herrscht in Israel nach dem massiven Angriff mit potenziell verheerenden Folgen am Tag danach sogar so etwas wie nationale Jubelstimmung: "Wir haben sie abgefangen, wir haben sie gestoppt. Gemeinsam gewinnen wir", twitterte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

Und Armeesprecher Hagari betonte in der Pressekonferenz gleich mehrmals, was für eine "große strategische Gelegenheit" und "Kräfteschau eines starken Bündnisses" die vergangene Nacht war. Der Schaden, den ein Raketeneinschlag an der Militärbasis Nevatim im Süden verursacht hat, sei "geringfügig" und "unbedeutend".

Zugleich behält sich Israel eine scharfe Reaktion vor. Dass der Iran Israel erstmals mit mehr als 110 ballistischen Raketen angegriffen hat, sei "ganz klar ein eskalierender Faktor", sagt Hagari.

Wie geht es nun weiter?

Teheran hatte verkündet, dass die Angriffsserie der vergangenen Nacht eine Antwort auf den mutmaßlichen israelischen Schlag auf ein Botschaftsgebäude in Damaskus sei – und dass man das Kapitel hiermit für beendet erkläre.

"Glaube ich ihnen das? Die Antwort ist nein", sagt Hagari. "Die Sache ist noch nicht zu Ende", sagt der Sprecher. "Wir haben unsere Pläne, und wir legen sie dem Kabinett vor."

Der Ball liegt nun also bei Israels Regierung. Dort sprechen sich viele für einen direkten Angriff auf den Iran aus. US-Präsident Joe Biden erklärte in einem persönlichen Telefonat mit Netanjahu aber, die USA würden Israel dabei nicht unter die Arme greifen.

Alarmstimmung bleibt

Nachdem der Luftraum über Israel über Nacht geschlossen blieb, nahm der Flughafen Tel Aviv am Sonntag gegen 7.30 Uhr den Betrieb wieder auf. Bis Montagabend gelten aber weiter spezielle Einschränkungen, die das Heimatfrontkommando verkündet hat: Alle Schulen, Kindergärten und Betreuungsstätten müssen geschlossen bleiben. Versammlungen mit über tausend Teilnehmenden sind verboten. Alle Bewohner wurden angehalten, sich bei Ertönen der Sirene sofort in den nächsten Luftschutzraum zu begeben und dort zehn Minuten lang zu bleiben.

Nicht alle haben diese Option. In den strukturell vernachlässigten Beduinengemeinden in der Negev-Wüste gibt es keine befestigten Räume, die Bewohner sind den Raketeneinschlägen und den herabfallenden Splittern der Luftraumabwehr schutzlos ausgeliefert. Ein siebenjähriges Beduinenmädchen wurde von einem solchen Splitter getroffen, sie trug schwere Verletzungen davon. (Maria Sterkl aus Haifa, 14.4.2024)