Staatspräsident Aleksandar Vučić unterstrich die Hetzkampagne gegen den Journalisten und Professor Dinko Gruhonjić.
Staatspräsident Aleksandar Vučić unterstrich die Hetzkampagne gegen den Journalisten und Professor Dinko Gruhonjić, statt diesen zu unterstützen.
AFP/POOL/SARAH MEYSSONNIER

Er setzt sich seit Jahrzehnten gegen Diskriminierung und Nationalismus und für Menschenrechte ein. Der Journalist und Professor im serbischen Novi Sad, Dinko Gruhonjić, ist seit Wochen Ziel einer Hetzkampagne rechtsextremer Kreise, die versuchen, ihn von der Universität in Novi Sad zu vertreiben und persönlich zu diskreditieren.

Alles begann damit, dass politische Aktivisten, die der serbischen Regierungspartei SNS nahestehen, einen Zusammenschnitt eines Auftritts von Gruhonjić vor einem Jahr in Dubrovnik fabrizierten. Gruhonjić erwähnte damals bei der Veranstaltung in Dubrovnik, dass seine Kritiker ihn "Sabahudin" nannten, also einen muslimischen Namen verwendeten. Weil sie offenbar selbst muslimfeindlich sind, wollten sie Gruhonjić damit schlechtmachen.

Kritikern fehle es an "Vorstellungskraft"

Gruhonjić selbst meinte in Dubrovnik, dass er nichts gegen die Bezeichnung Sabahudin habe, weil er Sabahudin für einen schönen Namen halte. Er sagte weiters, dass es seinen Kritikern offenbar an "Vorstellungskraft" fehle, denn sie hätten ihn auch mit Dinko Šakić in Verbindung bringen können, weil er selbst auch im Vornamen Dinko heißt. Dinko Šakić war der Kommandant des Ustascha-Todeslagers Jasenovac. Gruhonjić meinte damit, dass diese Kritiker ihn auch durch die Namensgleichheit mit Dinko Šakić hätten diskreditieren können.

Aus dieser Aussage versuchten dann die Rechtsextremen Gruhonjić einen Strick zu drehen und behaupteten, er habe Dinko Šakić glorifiziert – ein völlig absurder Vorwurf. Doch es blieb nicht nur bei dem Videozusammenschnitt. Vor dem Wohnhaus von Gruhonjić tauchte eine Todesdrohung per Graffiti auf. Seine Tochter las sie als Erste. In Kreml-freundlichen Telegram-Gruppen wurde Gruhonjić`s private Handynummer veröffentlicht. "Es war die Hölle, das Handy klingelte die ganze Nacht. Ich wurde auf allen Kanälen beschimpft und bedroht", so Gruhonjić zum STANDARD.

Mitglieder einer Studierendenversammlung, die der regierenden Fortschrittspartei nahestehen, beschuldigten Gruhonjić, "Hassrede" zu verbreiten und forderten, dass er von der Universität verwiesen wird. Sie stellten dem Dekan der Universität in Novi Sad sogar ein Ultimatum und blockierten im März den Zugang zur Universität für vier Tage.

Medienexperte Gruhonjić verweist darauf, dass einige von ihnen gar keine Studenten seien. So sei darunter ein Mann gewesen, der ein T-Shirt mit dem Abbild von Milorad Ulemek, genannt Legija, trug. Ulemek war der Initiator des Attentats auf den serbischen Ministerpräsidenten Zoran Đinđić und wurde zu 40 Jahren Haft verurteilt. Gruhonjić sieht in dem Auftauchen des Mannes an der Universität mit diesem T-Shirt eine Drohung.

Universitätsrektor unterstützt Regierungspartei

Statt Professor Gruhonjić zu unterstützen, stellte sich der Rektor der Universität, Dejan Madić, an die Seite derer, die die Universität blockierten. Das ist wohl nicht von ungefähr, denn Madić ist ein Anhänger und Unterstützer der Regierungspartei. Auch die Polizei schritt nicht ein, sondern verlautbarte, dass "die Blockade einer öffentlichen Hochschuleinrichtung keinen Grund für ein Vergehen oder eine strafrechtliche Verantwortlichkeit darstellt".

Staatspräsident Aleksandar Vučić selbst meint, dass er zwar Gruhonjić dahingehend schützen wolle, dass er anders denke, gleich daraufhin tat er aber auch so, als ob Gruhonjić tatsächlich den Kommandanten des Todeslagers Jasenovac verherrlicht hätte. Er unterstrich also damit noch die Hetzkampagne. "Schäme dich, Dinko Gruhonjić, schäme dich für Dinko Šakić, den Ustascha-Bösewicht, der tausende Serben getötet hat", so Vučić. Gruhonjić verweist auf den Einfluss solcher Worte und meint zum STANDARD: "Wenn mir etwas passiert, dann trägt Vučić die Verantwortung dafür."

Der langjährige Journalist sieht die Aussage des Staatschefs als eine Botschaft von ganz oben, dass Jagd auf Journalisten und kritische Bürgerinnen und Bürger gemacht werden könne. "Das offenbart ein autoritäres System und Totalitarismus", so Gruhonjić. Für diesen Montag haben die Mitglieder der rechtsgerichteten Studierenden-Versammlung wieder angedroht, die Fakultät zu blockieren. Die Hetzkampagne ist also nicht nicht zu Ende.

Gruhonjić ist nicht der Einzige, der zum Ziel der Hetzkampagne in Serbien wurde. Auch die Journalistin und Geschäftsführerin des Unabhängigen Journalistenverbands der Vojvodina, Ana Lalić Hegediš, wird bedroht. Die Studierenden, die die Lehrveranstaltungen von Gruhonjić besuchen, haben sich mit ihrem Professor solidarisiert. Über 100 von ihnen haben eine Unterstützungserklärung mit ihren vollen Namen für ihn unterzeichnet. (Adelheid Wölfl, 14.4.2024)

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