Christian Ilzer hat keine sportlichen Sorgen.
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Wien – Die Diskussion um eine angebliche Spionage von Sturm Graz bei Rapid ist rund um das Duell der beiden Clubs am Mittwoch in der Fußball-Bundesliga eskaliert. Sturm-Trainer Christian Ilzer verweigerte Rapid-Coach Robert Klauß vor dem 3:1-Sieg der Grazer im Allianz Stadion den Handschlag und übte nach dem Schlusspfiff harte Kritik am Deutschen. "Einen Trainer anzupatzen ist in Österreich nicht üblich. Das sollte man ihm vielleicht einmal ausrichten", sagte Ilzer.

Stein des Anstoßes war eine Aussage von Klauß bei der Pressekonferenz am Dienstag, wonach Sturm in den vergangenen Tagen einen Beobachter nach Wien geschickt habe, der die Einheiten der Grün-Weißen von einer höheren Parkhausetage eines an die Trainingsplätze angrenzenden Einkaufszentrums aus unter die Lupe nahm. "Sturm Graz ist eh bei jedem Training von uns anwesend. Sie versuchen, uns mit Spionen auszuspionieren, die sehen wir eh jedes Mal und schicken sie dann wieder weg", hatte Klauß auf dem Podium des Medienzentrums im Allianz Stadion mit einem Lächeln erklärt.

Paranoia und Nummerntafel

Tags darauf folgte am selben Ort eine heftige Reaktion von Ilzer. "Wir haben was Besseres zu tun, als uns ein Rapid-Training von diesem witzigen Turm anzuschauen. Nicht jedes Auto, das dort oben mit einer Grazer Nummerntafel parkt, ist ein 'Spion' von Sturm Graz", sagte der Steirer und meinte außerdem in Richtung Klauß: "Wenn es ein Problem von seiner Seite gibt, dann kann er mich anrufen, wenn er irgendwo eine Paranoia hat. Meine Art, Dinge zu klären, ist von Mann zu Mann. Und nicht, eine Geschichte zu inszenieren und die über die Medien auszutragen."

Robert Klauß ärgert sich über die Niederlage.
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Ilzer hat nach eigenen Angaben gar kein Interesse, bei einem Rapid-Training zuzuschauen. "Ich bin ein Fan von Offensivfußball. Er hat Rapid deutlich stabiler gemacht, aber wenn ich mir den xG-Wert unter Zoki Barisic anschaue und unter Robert Klauß, dann ist da ein deutlicher Rückgang." Es folgte eine Spitze gegen Klauß wegen dessen Umstellung auf eine Dreierkette. "Wenn er dann eine andere Systematik spielt, so wie heute, dann ist da kein Automatismus drinnen. Da tut er sich vermutlich selbst keinen Gefallen." Klauß wollte sich zu diesem Thema nicht mehr ausführlich äußern. "Ich interessiere mich generell mehr für meinen Verein, meine Mannschaft. Ich will nicht mehr Öl ins Feuer gießen, muss mit dem Vorwurf leben und kann trotzdem gut schlafen. Die Niederlage ärgert mich mehr als der Vorwurf."

Der große Coup

Sportlich könnte es unterdessen für die Grazer kaum besser laufen, Sturm wittert die Chance auf den Coup. Die Steirer schicken sich an, die zehnjährige Titel-Dominanz von Salzburg zu brechen. Vor dem Showdown im Direktduell am Sonntag in Wals-Siezenheim liegt das Momentum bei den drei Punkte voranliegenden Grazern.

"Es wird ein Sturm auf Salzburg zukommen, das um die Chance weiß, etwas Historisches zu schaffen", meinte Jusuf Gazibegovic nach dem Sieg in Wien. Die Bundesliga steuert auf ein Herzschlagfinale zu, mit einem langjährigen Jäger vier Runden vor Schluss in der Pole-Position. "Ich sehe den Druck bei Salzburg. Salzburg ist das Maß aller Dinge in Österreich. Die müssen, wir wollen", sagte Gazibegovic.

Der Rückfall des Champions

Der 24. April könnte Red Bull Salzburg unterdessen noch länger verfolgen. Die ebenso überraschende wie verdiente 3:4-Niederlage bei Austria Klagenfurt kostete den Serienchampion die Tabellenführung und drängt die Bullen plötzlich in die Rolle des Außenseiters. Für Alexander Schlager und Co setzte es einen mentalen Tiefschlag. "Nicht würdig", urteilte der Tormann.

Red-Bull-Salzburg-Trainer Onur Cinel kann sich die Leistung nicht erklären.
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Eigentlich hatte man nach dem frühen Doppelpack von Karim Konate (10., 18.) im zweiten Spiel unter Neo-Coach Onur Cinel die Trümpfe in der Hand. "Ich habe keine Erklärung für diesen Rückfall, denn wir haben vor wenigen Tagen noch gegen die gleiche Mannschaft richtig gut Fußball gespielt", erinnerte der Deutsche. Schon in der ersten Hälfte geriet seine Equipe gegen die von Beginn an mutig und aktiv auftretenden Hausherren mehrmals in Bedrängnis, vergab durch Roko Simic aber auch die Topchance auf das 3:0 (38.). Bald nach Wiederbeginn bestrafte Solomon Bonnah (52.) dann Salzburgs Verwaltermentalität mit dem Anschlusstreffer. "Klagenfurt hat unsere Fehler eiskalt ausgenützt", konstatierte Cinel.

"Wir sind verunsichert, wenn wir ein Gegentor bekommen", stellte Schlager fest. Der ÖFB-Teamtormann musste schließlich weitere dreimal hinter sich greifen, dreimal war Andy Irving mit einem lupenreinen Hattrick (63., 74., 85./Foulelfmeter) zur Stelle und sorgte dafür, dass Salzburg laut Sky-Angaben erstmals seit 2008 noch eine 2:0-Führung verspielte. Für Salzburg riecht es hingegen nach einem Abschied vom liebgewonnenen Titelhamstern. In der aktuellen Form ist der Ligakrösus gegen die auf der Welle surfenden Grazer derzeit nur noch der Außenseiter. Cinel gab sich freilich optimistisch. "Wir müssen besprechen, woran es lag, dass wir den Schalter nicht von Beginn an gefunden haben, die Aktivität und die Intensität nicht gefunden haben. Dafür müssen wir sofort, noch vor Sonntag, eine Lösung finden. Da gibt es jetzt auch eine mentale Komponente. Das ist lösbar, aber es muss sehr, sehr schnell gehen." (APA, red, 25.4.2024)