Bis heute konnte die Marmorplatte nicht zusammengesetzt werden. Jetzt sollen Spielerinnen und Spieler zur Lösung des Rätsels beitragen.
Open Reassembly/Stephan Karl

Im neuen Computerspiel "Open Reassembly" von TU Graz und Universität Graz können Nutzerinnen und Nutzer knapp 100 Bruchstücke einer antiken Marmorplatte gemeinsam zusammenfügen. Archäologen sei es bisher nicht gelungen, die stark erodierten und unvollständigen Teile vollständig zu ordnen, teilte die TU Graz am Donnerstag mit. Nun soll die "Schwarmintelligenz" der User das Puzzle computergestützt lösen. Die Altarplatte stammt aus einer frühchristlichen Kirche in Osttirol.

An die Bischofskirche am Kirchbichl in Lavant (Bezirk Lienz), die vor über 1.500 Jahren erbaut wurde, erinnern heute nur noch vier Säulen und Überreste des Gemäuers. In den 1950er-Jahren wurden auch Fragmente einer Altarplatte aus Marmor freigelegt. "Die Bruchstücke sind weitgehend texturlos und teilweise erodiert, was die Rekonstruktion äußerst schwierig macht", wurde Reinhold Preiner vom Institut für Computer Graphik und Wissensvisualisierung der TU Graz in der Aussendung zitiert. Nach der Restauration der Teile erstellte das Institut für Antike der Universität Graz dreidimensionale Visualisierungen. Dafür wurden die Marmorstücke gescannt und aus verschiedenen Blickwinkeln fotografiert.

Ein archäeologisches Puzzle

Die Userinnen und User des Spiels können sich kostenfrei und ohne die Angabe persönlicher Daten über einen Internet-Browser einloggen. "Die Spieler werden in zufällige Räume aufgeteilt. Dort sehen sie eine virtuelle Darstellung der Steine auf einem Tisch. Die kann man mit der Maus anklicken und beliebig rotieren", erklärte Preiner im APA-Gespräch. Entdeckt man Stücke, die zusammengehören könnten, fügt man diese zusammen.

Andere Spieler in den Räumen können die Verbindungen positiv oder negativ bewerten, "wie bei einem Forum", so Preiner. Das Programm liefert aber auch Vorschläge, welche Teile passen könnten. Mensch und Maschine arbeiten zusammen: "Es braucht eine gewisse Art der Unterstützung durch Algorithmen. Aber komplett eigenständig kann es auch der Computer nicht lösen." Ein weiterer Vorteil des virtuellen Puzzles sei, dass die sehr bröseligen Marmorrelikte berührungsfrei erforscht werden können.

Ziele des Projekts sei nicht nur, die frühchristliche Altarplatte mit Hilfe der Nutzerinnen und Nutzer zusammenzufügen. Man erforsche auch den Prozess selbst, zum Beispiel, wie die Spieler interagieren oder wie lange sie für die Lösung brauchen. "Etwa 1.000 User zugleich wären ein guter Anfang", legte sich Preiner noch nicht ganz fest. Das Spiel soll auch weiterlaufen, wenn schon erste Ergebnisse vorliegen. Das Projekt startete 2023 und wird durch das Land Steiermark finanziert.